Mülheim. Der Kriegsausbruch in Israel sorgt auch in Mülheim für Entsetzen. Eine Mail aus Jerusalem beschreibt die Katastrophe: „Gott steht uns bei!“
Eine Rakete ist mitten in eine Häuserzeile gekracht. Ein grell loderndes Feuer. Eine mächtige, grauschwarze Rauchwolke. Ein Bild aus dem Krieg, abfotografiert aus dem israelischen Fernsehen. Es steht unter „Aktuelles“ auf der Homepage des Fördervereins Mülheimer Städtepartnerschaften, der enge Kontakte nach Israel pflegt, nicht nur zur Partnerstadt Kfar Saba.
Es folgt ein ungefilterter Situationsbericht, den ein vertrauter Gastgeber an die Mülheimer Freunde gemailt hat: Rektor Markus St. Bugnyár. Er leitet das Österreichische Hospiz in Jerusalem, eine Pilgerherberge, in der Reisegruppen aus Mülheim seit Jahren unterkommen. Der katholische Geistliche schildert die „nationale Katastrophe“, die Israel gerade erlebt, er vergleicht sie mit „9/11“. Er schreibt aber auch: „Wer diesen Angriff für eine Überraschung hält, übersieht, dass es seit Monaten massive Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern im Westjordanland gab. (...) Für uns hier vor Ort war es nur eine Frage der Zeit.“
Mail aus Jerusalem an Partner in Mülheim
Rektor Markus St. Bugnyár, der sich einen politisch denkenden Menschen nennt, liefert den Mülheimer Freunden eine Analyse aus dem Herzen des Landes, das gerade eine Eskalation erlebt, ein „ungekanntes Maß an Brutalität“. Den Menschen im Pilger-Hospiz gehe es gut. Doch im Minutentakt gingen Stornierungen ein.
Eine Mülheimer Reisegruppe sei momentan nicht vor Ort, sagt Hans-Dieter Flohr, Vorsitzender des Fördervereins Mülheimer Städtepartnerschaften e.V., doch die nächste Tour sei bereits geplant: Ende Februar 2024 soll eine neuntägige Rundreise durch den Norden des Landes starten - „nach bisherigem Stand“, schränkt Flohr ein. „Wir wissen nicht, wie sich die Geschichte entwickelt.“
Alle im Verein seien „total schockiert“ und hätten mit dem, was gerade geschieht, niemals gerechnet, ergänzt Hans-Dieter Flohr. „Wie auch? Selbst die israelische Regierung hat nicht damit gerechnet.“
Mülheimer Künstler Heiner Schmitz: „Grauenvoll und inakzeptabel“
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Der Mülheimer Künstler Heiner Schmitz setzt sich seit vielen Jahren für Frieden im Nahen Osten ein. Er hat Israel oft und intensiv bereist. Mit einem deutsch-palästinensischen Arbeitskreis hat er den Blick speziell auf die Situation der Menschen in den israelisch besetzten Gebieten gelenkt. Zuletzt sammelte Schmitz in Mülheim Spenden für einen palästinensischen Hirten, der im Westjordanland, auf der sogenannten West Bank, von einem israelischen Siedler angeschossen wurde und ein Bein verlor.
Zur aktuellen Situation sagt Heiner Schmitz: „Ich finde es grauenvoll und inakzeptabel, was passiert ist. Ich rechtfertige in keiner Weise die Taten der Hamas, nur sehe ich auch immer den Hintergrund.“ Seit 1967 sei auch die West Bank israelisch besetzt und aus seiner Sicht sei es nur eine Frage der Zeit, wann dort Ähnliches passiert.
Der Leiter des Pilger-Hospizes in Jerusalem schließt seine Mail nach Mülheim so: „Gott steh uns bei!“ Er bittet um Friedensgebete, „für alle Menschen. Ganz gleich auf welcher Seite, ganz gleich welcher Religion.“