Mülheim. Die Chefs der neuen Flüchtlingsunterkunft in Mülheim kennen die Beschwerden über Lärm und Dreck. Sie haben viele Ideen, um die Probleme zu lösen.

Kritische Nachbarn der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Mülheim-Raadt fordern einen regelmäßigen Austausch mit Verantwortlichen vom Land und aus der Stadt – und Lösungen dringlicher Probleme. Auf Anfrage dieser Redaktion hatte sich bereits am Freitag vergangener Woche die Bezirksregierung Düsseldorf dazu gemeldet. Sie beschrieb, was in der Mitte Juni eröffneten Unterkunft bereits geleistet werde und wie man nach und nach Strukturen schaffe, die auch dazu dienen sollen, die Akzeptanz zu erhöhen.

Genau wurde Pressesprecherin Beatrix Van Vlodrop zwar noch nicht, doch in puncto Austausch versprach sie: „Der angekündigte Jour fixe ist in konkreter Planung.“ Die Bezirksregierung habe Kontakt mit der Stadt. Unabhängig davon stünden Einrichtungs- und Betreuungsleitung im regen Austausch mit Anwohnern. Anregungen und Beschwerden beantworte man „zeitnah und umfassend“, man wolle alles „detailliert und nachvollziehbar erläutern“.

Am Donnerstag gab’s erstmals Bewohneransprachen in der Mülheimer Unterkunft

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Probleme löse man auf unterschiedliche Weise: „Bei individualisierbaren Verfehlungen werden die Betreffenden direkt angesprochen. Bei generellen Themen erfolgt eine allgemeine Bewohneransprache.“ Am Donnerstag habe es erstmals zwei solcher Ansprachen gegeben, vor allem zum Thema „Nachtruhe“. Auch um andere Verhaltensregeln sei es in dem mehrsprachigen Vortrag gegangen, etwa um die Wahrung der Privatsphäre und des privaten Eigentums sowie den Umgang mit Müll.

Es gebe auch Aushänge, „um Verständigungsbarrieren zu überwinden“. Und in besonderen Kursen erläutere man europäische Wertevorstellungen, kläre auch andere Dinge, die Konfliktpotenzial bergen.

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Geplant sei, einen Bewohnerbeirat zu bilden, um die Kommunikation zwischen Bewohnern und Einrichtungsleitung zu optimieren. Zudem beabsichtige man, „zwei weitere Sicherheitsmitarbeitende einzustellen“, um im Umfeld konsequenter gegen Ruhestörungen und Ähnliches vorgehen zu können. „Um dadurch das von einigen Stimmen vorgetragene schwindende Sicherheitsgefühl wiederherzustellen.“ Aktuell sind laut Pressesprecherin rund um die Uhr neun Sicherheitskräfte tätig, allerdings nur innerhalb der ZUE.

„Eine 100-prozentige Auslastung aller 650 Plätze ist zunächst nicht geplant“

Die Einbindung von Ehrenamtlichen befinde sich im Aufbau: „Sie werden zu einem intensiveren Austausch zwischen den Bewohnern und der Bürgerschaft beitragen“, ist Van Vlodrop sicher. Wichtig sei noch: „Eine 100-prozentige Auslastung aller 650 Plätze ist zunächst nicht geplant.“ Die Asylsuchenden verblieben aktuell zwischen vier und sechs Monaten in einer ZUE. Es gebe für sie viele Beschäftigungsmöglichkeiten.

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„Für die Einrichtungsleitung und das Team ist die Situation eine Herausforderung“, sagt Van Vlodrop, das aber sei bei einer Neueröffnung nicht ungewöhnlich. Man habe „den Anspruch, die Beeinträchtigungen für das Umfeld so gering wie möglich zu halten“, und stehe „in Problemlagen“ auch außerhalb normaler Zeiten bereit. „Nennenswerte Konflikte haben sich in der Einrichtung bisher aber nicht zugetragen.“

Die Themen Lärm und Müll geht die Leitung nun engagiert an

Um die Akzeptanz im Umfeld zu erhöhen, gehe man das Thema Sauberkeit engagiert an: Die Leitung kontrolliere oft selbst, sei aber auch „für Hinweise dankbar“. Mit Bewohnern führe man Müllsammelaktionen durch. Auch das Thema Lärm stehe auf der Agenda. Und offenbar habe man bereits Erfolg: „Am Freitag teilte eine Nachbarin mit, dass sie am Vorabend und in der Nacht keine Störung wahrgenommen habe.“

Auf den weitergehenden Brandbrief zweier Anwohner, den diese am Samstagabend unter anderem an Innenminister Reul und OB Marc Buchholz adressiert hatten, will die Bezirksregierung erst am Dienstag Stellung nehmen.

Mülheims Sozialdezernentin: „Teilweise werden Grenzen überschritten“

„Wir nehmen die nachvollziehbaren Sorgen und Beschwerden der Nachbarinnen und Nachbarn der ZUE natürlich wahr und sehr ernst“, sagte derweil am Montag Mülheims Sozialdezernentin Daniela Grobe nach Rücksprache mit OB Marc Buchholz. „Auch wir sind der Auffassung, dass hier zum Teil Grenzen überschritten werden und dass es einen akuten Handlungsbedarf gibt.“

Sozialdezernentin Daniela Grobe (l.) und Oberbürgermeister Marc Buchholz sehen akuten Handlungsbedarf zur Befriedung der Situation rund um die Flüchtlingsunterkunft in Mülheim-Raadt.
Sozialdezernentin Daniela Grobe (l.) und Oberbürgermeister Marc Buchholz sehen akuten Handlungsbedarf zur Befriedung der Situation rund um die Flüchtlingsunterkunft in Mülheim-Raadt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Auch wenn die ZUE in der Zuständigkeit der Bezirksregierung liege, hätten sie und der OB „ganz klar die Verantwortung, uns für die Interessen der Mülheimerinnen und Mülheimer gegenüber dem Land einzusetzen.“ Deshalb stehe man „in einem sehr engen Austausch mit der Bezirksregierung“ – OB Buchholz werde am Dienstag einen Termin mit dem Regierungspräsidenten Thomas Schürmann haben, bei dem die aktuelle Situation in der Raadter ZUE zur Sprache kommen werde.

Sicherheitsbehörden prüfen erweiterte Aktivitäten rund um die ZUE

Städtischerseits sei man schon aktiv geworden. Abgestimmt würden zwischen Polizei und Ordnungsamt Maßnahmen ergänzend zu denen der Bezirksregierung, die „für mehr Ruhe in der Nachbarschaft sorgen sollen“. Nachbarschaftssprechstunden der Bezirksregierung stellte Grobe ab Anfang August in Aussicht. Dabei werde die Stadtverwaltung selbst auch präsent sein.

Für die Polizei sagte Sprecherin Sonja Kochem am Montag, dass man innerhalb der ZUE und im Umfeld regelmäßig Aufklärungsmaßnahmen durchführe. Die Entwicklung rund um die Landeseinrichtung in Raadt werde regelmäßig bewertet. „Als Polizei können wir natürlich nur Sachverhalte bewerten, die uns auch bekannt werden“, bittet Kochem Anwohner daher, „mögliche Straftaten oder verdächtige Feststellungen unverzüglich der Polizei zu melden“.