Mülheim. 80 Schausteller richten sich aktuell im MüGa-Park ein. Was die Kirmes-Leute gerade besonders umtreibt und warum sie gern nach Mülheim kommen.
Ab Freitag hat Mülheim wieder einen Freizeitpark. So zumindest sieht es Peter Stermann von der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST). Er ist Platzmeister der Mölmschen Kirmes und überzeugt: „Es gibt keinen schöneren Kirmesplatz in NRW. Mit dem Müga-Park haben wir eine ganz besondere Atmosphäre.“ Eben wie im Vergnügungspark.
80 Schausteller sind in diesem Jahr nach Mülheim gekommen, viele von ihnen zum wiederholten Mal. „Wir hatten aber auch ein paar Absagen. Größtes Problem im Moment ist der Mangel an Arbeitskräften“, sagt Peter Stermann und schiebt in der Mittagssonne noch schnell ein paar Mülltonnen zusammen. Als Platzmeister ist er von der Barrierefreiheit über die Lärmmessung bis hin zur Stromversorgung für alles zuständig. Still sitzen dürfte er erst am Montagabend nach dem Ende der Mölmschen Kirmes wieder. „Eine Runde um den Platz hat etwa 1,4 Kilometer. Dreißig bis fünfzig schaffe ich pro Tag, das ist Marathonlänge“, sagt er unerschrocken und wird schon von der nächsten Schaustellerin angesprochen, die eine Frage zum Aufbau hat.
Zwei Arbeiter weniger als geplant - Schausteller bleibt gelassen
Ein paar Meter weiter auf dem Platz für das große Gerät steht Raoul Krameyer und gibt letzte Anweisungen zum Zusammenbau seines großen Monsters, das aus 65 Tonnen Material, verladen auf vier Fahrzeuge, besteht. „Big Monster“, so heißt das Fahrgeschäft, das seit 25 Jahren bei Krameyer für den Familienunterhalt sorgt. Er weiß, dass die Zeiten nicht besser oder schlechter werden, nur anders. „Hilfskräfte für den Aufbau sind wirklich das größte Problem“, bestätigt er. „Ja, ich weiß, davon reden alle. Aber bei mir heißt das, dass ich mein Fahrgeschäft nicht aufgebaut bekomme.“ Krameyer hatte Glück. Fünf bewährte Kräfte sind zur Arbeit erschienen. „Es sollten zwei mehr sein, aber die sind wohl zu Hause geblieben“, sagt der Herforder und spricht mit der Gelassenheit eines Schaustellers in fünfter Generation.
4,50 Euro kostet eine Fahrt im „Big Monster“ und damit laut Krameyer so viel wie in den Jahren zuvor. Um ihn herum gruppieren sich all die Dauerbrenner, die eine größere Kirmes ausmachen: Raupe, Autoscooter, Break Dance. Noch steht alles still, aber bereits am Freitagabend werden all die vielen hundert Lämpchen angehen und Musik durch die Boxen dröhnen.
Schausteller in Mülheim bemühen sich um Nachhaltigkeit
In zweiter Reihe hinter den großen Fahrgeschäften steht Bettina aus Essen, seit über 30 Jahren Schaustellerin und mit einem süßen Schlaraffenland in Mülheim vertreten. Popcorn gibt es bei ihr ab zwei Euro, Lebkuchenherzen ab fünf. „Wir sind sehr vorsichtig mit Preiserhöhungen, aber es lässt sich nicht vermeiden. Obst ist viel teurer geworden und die Preise für Schokolade sind um 50 Prozent gestiegen“, sagt sie. Deshalb gibt es Paradiesäpfel nun nicht mehr für 1,50 Euro wie im Vorjahr, sondern für zwei Euro. Erdbeeren mit Schokoüberzug liegen bei fünf Euro, sind laut Bettina aber der Dauerbrenner schlechthin. „Nachhaltigkeit ist auch so ein Thema, das für uns Schausteller immer wichtiger wird. Wenn die Erdbeeren weg sind, sind sie weg. Das ist mir lieber als eine Überproduktion. Bei den Verpackungen sind wir überwiegend auf Papier umgestiegen und unsere Lampen sind auf LED umgerüstet“, erklärt sie die jüngsten Herausforderungen in ihrem Beruf.
Und was sagt sie zum speziellen Mülheim-Flair? „Das ist absolut da. Die Leute sind entspannt, bleiben länger, machen eine Pause im Park und kommen dann wieder zurück auf die Kirmes. Für Familien ist das einfach toll“, sagt sie und verrät, dass sie und ihr Mann manchmal von Essen mit dem Fahrrad herkommen, weil es hier so schön ist.
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Warum die Mölmsche Kirmes besonders familienfreundlich ist
„Eine besondere Atmosphäre und ein ganz angenehmes Publikum“, lobt auch Herbert Norbisrath. Der 66-Jährige reist seit zwölf Jahren mit seinem Poffertjes-Wagen zu Volksfesten. Mülheim gehörte von Anfang an zu seinem festen Repertoire. Er hofft, dass es nicht zu heiß wird am Wochenende und die Mülheimerinnen und Mülheimer zahlreich auf den Rummel gehen. Der Krefelder hat zuletzt im vergangenen Jahr die Preise angehoben. Jetzt bleibt es bei 4,50 Euro für eine Portion Poffertjes. „Den Kaffee gibt’s immer noch für 1,50 Euro. Dabei bleibe ich.“
„Die Mölmsche Kirmes ist betont familienfreundlich“, sagt Albert Ritter und meint damit spezielle Fahrgeschäfte für Kinder wie das Kettenkarussell, eine Piratenschiffschaukel und Entchenangeln, aber auch den „nicht dominanten“ Alkoholverzehr. Ritter ist mit einem Getränkeausschank im Mittelalter-Stil vertreten und Chef des Essener Schaustellerverbandes. Ganz nebenbei ist er auch noch Präsidenten des Deutschen Schaustellerbundes, dem größten Branchenverband der Welt.
Wer wissen will, was Schaustellende umtreibt, fragt am besten ihn. Die Corona-Krise hat seine Branche besonders schwer getroffen. Kommen ihnen die Kommunen nun mit reduzierten Standgebühren entgegen? Ritter schüttelt den Kopf. „Wir sind keine Kultur, wir sind Gewerbe. Die Kommunen können alle Kosten auf uns umlegen.“ Dennoch plädiert er dafür: „Wir können und wollen nicht alles auf die Besucher umlegen. Ein Volksfest sollte auch volkstümliche Preise haben.“
Die Mölmsche Kirmes im MüGa-Park startet am Freitag, 7. Juli 2023, und dauert bis zum Montag, 10. Juli. Start ist jeweils um 13 Uhr, außer Sonntag (12 Uhr).