Mülheim. Niklas und Maybrit aus Mülheim reisen im Mercedes-Lkw - Ende offen. Schon 57 Videos gibt es auf Youtube. Nun müssen sie wohl durch Russland.

Bei der Meisterfeier der Handwerkskammer Düsseldorf werden jährlich die Prüfungsbesten geehrt, so auch am Sonntag. Zwei junge Männer aus Mülheim nahmen auf offener Bühne ihre Urkunden entgegen: Fleischermeister Christian Reichert und Kraftfahrzeugtechnikmeister Niklas Remberg. Der Autofachmann, 27 Jahre jung, hatte höchstwahrscheinlich die weiteste Anreise – aus Georgien, zur Abwechslung mit dem Flugzeug.

Eigentlich ist Niklas Remberg schon seit Ende August auf „Langzeitreise“ in einem aufwendig umgebauten Lkw. Gemeinsam mit seiner Frau Maybrit (28), von Beruf Sozialarbeiterin, will er Europa und Asien durchqueren. Um der Bestenehrung beizuwohnen, mal wieder die Familie in Mülheim zu sehen und sich um notwendige Visa zu kümmern, legt das Paar gerade einen kurzen Heimaturlaub ein. Am 22. Mai geht es per Flieger zurück nach Georgien, wo der Wagen auf einem Campingplatz in der Nähe von Kutaissi parkt und auf weitere Abenteuer wartet. Ziel ist die Mongolei.

Mülheimer Paar dokumentiert seine Tour auf Youtube

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Jeder kann sie ein Stück weit begleiten, denn ihr Projekt dokumentieren Niklas und Maybrit Remberg auf Instagram und einem eigenen Youtube-Kanal („this old truck“), der rund 4500 Abonnenten hat. 57 Videos hat das Paar schon veröffentlicht, vom professionellen Ausbau des Lastwagens bis zur jüngsten Etappe in Georgien. Mit dem Kauf eines Mercedes LA 710, Baujahr 1966, der ursprünglich im Dienste des Deutschen Roten Kreuzes stand, haben sie sich „einen großen Traum erfüllt“, wie sie selber schreiben, für den sie lange gespart haben. Seit 2019 gehört ihnen der historische Benz, ein sogenannter Kurzhauber.

Drei Jahre lang haben Niklas und Maybrit Remberg das schwere Gefährt zum rollenden Mini-Appartement umgebaut, mit Parkettboden, Küche, Warmwasser, Bad. Im Spätsommer 2022 sind sie gestartet, durch Österreich, Italien, Slowenien, Kroatien, Montenegro, Albanien, Griechenland, Türkei bis nach Georgien. „Wie es weitergeht, überlegen wir gerade“, sagt Niklas Remberg. „Unser großer Plan war, in die Mongolei zu fahren.“ Doch so wie geplant, wird das nicht möglich sein.

Aktueller Plan: 700 Kilometer durch Russland fahren

Die Idee war: den Wagen von Aserbaidschan über das Kaspische Meer zu verschiffen und von Turkmenistan aus weiterzufahren. Doch aktuell ist die Einreise nach Aserbaidschan nur auf dem Luftweg möglich. Die Mülheimer haben sich daher entschieden, Visa für Russland zu beantragen und 700 Kilometer durch das Land bis nach Kasachstan zu fahren. Wie Niklas Remberg es schildert, ist ihnen die Entscheidung nicht leicht gefallen. Sie wollen ihr Gewissen etwas entlasten, indem sie den Wagen vorher volltanken und Russland als reine Transitstrecke benutzen, möglichst kein Geld im Land ausgeben.

Niklas und Maybrit Remberg in Kappadokien: Die grandiose Felsenlandschaft der türkischen Region war für die beiden Mülheimer bisher eines der Highlights ihrer langen Reise. Viele Touristen buchen dort Fahrten im Heißluftballon.
Niklas und Maybrit Remberg in Kappadokien: Die grandiose Felsenlandschaft der türkischen Region war für die beiden Mülheimer bisher eines der Highlights ihrer langen Reise. Viele Touristen buchen dort Fahrten im Heißluftballon. © Remberg

Seit nahezu neun Monaten sind sie unterwegs, haben viel Großartiges gesehen und erlebt. „Highlights gab es schon viele“, meint Niklas Remberg, „wir haben unterwegs Bekanntschaften gemacht, sogar Freundschaften geschlossen. Was uns aber bisher am besten gefallen hat, ist die Türkei im Gesamten. Die Gastfreundschaft der Menschen dort und besonders auch die Landschaft Kappadokiens haben uns sehr beeindruckt.“

Wie lange die Reise dauert, ist noch offen

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Doch auch etliche Schwierigkeiten mussten sie meistern, Schweiß ist geflossen, etwa neulich in Georgien, Okatse Canyon, wo der bergauf wankende Kurzhauber plötzlich mit einem Hinterrad ins Flussbett rutschte. Letztlich packten georgische Männer spontan mit an, halfen, den schweren Lastwagen aus dem Geröll zu befreien. „This old truck“ – ab nächster Woche soll die Tour weitergehen. Wann sie zurückkehren, wissen die jungen Mülheimer noch nicht. Irgendwann müssen sich beide dann eine neue Wohnung suchen und neue Jobs.

Seine herausragende Meisterprüfung dürfte Niklas Remberg viele Türen öffnen. Zudem hat der Mülheimer nicht nur im handwerklichen, sondern auch im sozialen Bereich schon praktische Erfahrungen gesammelt. Nach dem Abitur 2014 am Otto-Pankok-Gymnasium absolvierte er ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Jugendtreff im Dortmunder Norden, arbeitete anschließend noch als Schulbegleiter in einem therapeutisch-pädagogischen Zentrum, der „Villa Löwenherz“.

Keine Zukunftssorgen: „Fachkräfte werden händeringend gesucht“

Der 27-Jährige sagt: „Ich wollte beruflich erst in die soziale Richtung zu gehen, und die Arbeit hat mir auch sehr gut gefallen. Aber mir hat es gefehlt, etwas mit den Händen zu machen.“ Also begann er 2016 eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker, Schwerpunkt: Nutzfahrzeugtechnik, in einer Mercedes-Benz-Niederlassung in Duisburg. Er schloss 2020 als Geselle ab und startete 2021 mit der Meisterschule. Im April 2022 war er fertig.

Meisterfeier: Zwei Prüfungsbeste aus Mülheim

Die große Meisterfeier 2023 der Handwerkskammer Düsseldorf fand am 14. Mai im PDS-Dome statt. Rund 2500 Gäste waren eingeladen und als Festrednerin Mona Neubaur, NRW-Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin.

Insgesamt hat es im Vorjahr 938 Meisterabsolventen und -absolventinnen im Bereich der Handwerkskammer Düsseldorf gegeben, zu dem auch Mülheim gehört. Die 17 Prüfungsbesten aus 2022 wurden auf offener Bühne geehrt.

Neben KFZ-Techniker Niklas Remberg hat noch ein junger Handwerksmeister aus Mülheim herausragende Noten bekommen: Christian Reichert. Der 30-jährige Fleischermeister arbeitet in einem Edeka-Markt in Hagen.

Nach der Reise könnte sich Niklas Remberg gut vorstellen, Handwerk und soziale Arbeit zu verbinden, junge Leute auszubilden. Oder auch, professionell Wohn- und Expeditionsmobile zu reparieren und umzubauen. Darin hat er ebenfalls reiche Erfahrung. Jedenfalls sieht er seiner beruflichen Zukunft, auch der seiner Frau als Sozialarbeiterin, gelassen entgegen: „In beiden Bereichen werden ja Fachkräfte händeringend gesucht.“