Mülheim. Seit mehr als 65 Jahren ist der Familienbetrieb Bedachungen Essers in Mülheim zu Hause. Heute übernimmt Florian vom Vater Kurt jun. die Leitung.

Als vor zwei Jahren die im Hafen ansässige Firma Kurt Essers Bedachungen ihr 65-jähriges Bestehen feierte, war bereits abzusehen: Der Betrieb bleibt in der Familie. Heute übergibt Kurt Essers jun. den Betrieb an seinen Sohn Florian. Er wird in den kommenden Jahrzehnten mit rund 50 Beschäftigten den Betrieb in der bewährten Art weiterführen und neue Ideen einbringen.

Den Wechsel wollte die Familie Essers mit ihren Mitarbeitern und Kunden eigentlich groß feiern. „Wir hatten schon alles für die Alte Dreherei vorbereitet. Dann kam Corona – und wir mussten leider alles absagen. Aber wir machen weiter“, blickt Kurt Essers jun. in die Zukunft.

Ein bewegtes Jahr 1953

Als Kurt Essers sen. im Jahr 1953 seinen Dachdeckerbetrieb gründete, starb Josef Stalin. Am 17. Juni wurde der Aufstand in der jungen DDR niedergeschlagen. Es gab die Krönung von . Der Schülerlotsendienst wurde am 14. Januar eingeführt. Die Stadt Chemnitz wurde in Karl-Marx-Stadt umbenannt. Heute heißt sie wieder Chemnitz.

Fidel Castro zeigte sich in Kuba. VW senkte die Preise für den Käfer von 4400 auf 4200 Deutsche Mark. Am 29. Mai bezwangen Edmund Hillary und Sherpa Tenzing Norgay als erste Menschen den Mount Everest (8848 Meter). Manni Kaltz vom HSV wurde geboren, ebenso Christian Geisdörfer oder Hans Krankl. Die Essers zogen nach Speldorf.

Er selbst wird ab dem „Tag der Arbeit“ kürzer treten. „Nach 45 Jahren auf dem Dach und am Schreibtisch ist das erlaubt“, sagt der scheidende Chef im Gespräch mit dieser Zeitung. In seinem Sohn sieht er den besten Nachfolger. „Er kennt den Betrieb seit zehn Jahren, hat seinen Meister und weitere Prüfungen bestanden.“

Die komplette Belegschaft des Familienbetriebs von Essers Bedachungen
Die komplette Belegschaft des Familienbetriebs von Essers Bedachungen © Foto: Essers

Aufträge von Mülheimern und großen Firmen

Dazu kann Florian Essers auf ein eingearbeitetes Team bauen, das im Laufe der Jahre mit dem Familienbetrieb zusammengewachsen ist. Heute gehören Dachdecker, Zimmerleute und weitere Fachkräfte zum Betrieb, der in Mülheim, Deutschland und manchmal auch im Ausland Aufträge ausführt. Dazu gehörte beispielsweise vor wenigen Jahren die komplette Überdachung eines Schuh-Zentrums für Deichmann in Tschechien.

Als Kurt Essers sen. im März 1953 seinen Betrieb gründete, hatte er gerade seine Meisterprüfung in Eslohe im Sauerland bestanden. Aber Marl im nördlichen Ruhrgebiet war nicht „seine Stadt“. Bald kam er nach Speldorf und beteiligte sich am Wiederaufbau.

Hanomag-Dreirad kippt öfter mal um

Das erste Firmenfahrzeug war ein Hanomag-Dreirad. „Es hatte die Eigenschaft, öfter mal in der Kurve umzufallen“, ist in der Firmenchronik festgehalten. Wahrscheinlich war Kurt Essers dann zu schnell mit Dachpfannen oder Dachrinnenrohren zu seinen Kunden unterwegs. Die Firma und die Familie wuchsen langsam auf Mannschaftsstärke an.

Beim Neubau des Neckermann-Gebäudes 1963 hatte die Firma gleich mehrere Aufträge übernommen. Sie war nicht nur für die Dachdeckerarbeiten zuständig. Sie übernahm auch logistische Aufgaben. Die Mitarbeiter mussten nachmittags die Jacken wechseln und verkauften dann unten am Bauzaun Tannenbäume.

Dort hingehen, wo es Arbeit gibt

„Tolle Aufträge und Kundenkontakte folgten. Siemens war schon früh einer unserer größeren Kunden. Wir bauten das Dach für eine Montagebaustelle in Erlangen“, verrät die Firmenchronik. „Mein Vater ging stets dort hin, wo es Arbeit gab“, blickt Kurt Essers jun. zurück. Er hat diese Maxime übernommen. „Wir waren da, wo unsere Kunden uns gebraucht haben.“

Vater Kurt Essers jun. hat seinem Sohn Florian bereits früh beigebracht, dass er auf schmalen Balken laufen und hämmern soll.
Vater Kurt Essers jun. hat seinem Sohn Florian bereits früh beigebracht, dass er auf schmalen Balken laufen und hämmern soll. © Essers Bedachungen | Foto: Essers Bedachungen

1980 stieg Sohn Kurt in die Chefetage des Betriebs ein. Die Zahl der Mitarbeiter hatte sich von zwei auf vier verdoppelt. Die Firma vergrößerte sich weiter. Stets halfen Familienangehörige, den Betrieb weiter zu entwickeln. Als die innerdeutsche Grenze 1989 fiel, gehörten die Essers zu den ersten, die im Osten Aufbauhilfe leisteten und ihre Kapazitäten erweitern wollten. Dabei gab es nicht nur Chancen und Erfolge.

Der Betrieb bleibt in Familienhand

Zwischendurch stiegen mehrere Familienmitglieder in die Firma ein und wieder aus. Als der Sohn von Kurt jun. und Ulrike Essers in 2007/2008 seine Meisterprüfung mit Auszeichnung bestand und in die Geschäftsführung eintrat, strahlte sein Opa, der Firmengründer. Florian bringt neue Perspektiven in den Betrieb und hält es mit dem Opa: „Man muss auch mal von oben drauf schauen.“

„2016 haben wir unsere Kooperation mit der Zimmerei Büker in eine gemeinsame Firma eingebracht.“ Kurt jun. und seine Frau Ulrike werden jetzt ausscheiden und Florian übernimmt seine Mannschaft. „Wir bedanken uns bei allen unseren Kunden, Architekten, Lieferanten, Kollegen und Mitarbeitern“, sagt Kurt Essers jun.