Mülheim. Das neue Führungsduo im Mülheimer Ringlokschuppen hat viel vor und arbeitet an ersten künstlerischen Projekten. Worauf man außerdem Wert legt.
Der Führungswechsel im Ringlokschuppen ist bald vollzogen. Das neue Team steht, erste Pläne werden laut. Mit einem ernsten, eher „schweren Thema“, will Dr. Daniele Daude, die neue künstlerische Leiterin, ins kommende Jahr starten. In einer ganzen Reihe von Veranstaltungen soll es um die Internationale Berliner Konferenz 1884/85 unter Reichskanzler Otto von Bismarck – auch „Kongo-Konferenz“ genannt – gehen. Fragen des Kolonialismus werden also verhandelt.
„Folgen der Berliner Konferenz begegnen uns noch heute – auch im Alltag. Ein Beispiel sind etwa Straßenumbenennungen“, sagt Daniele Daude. „Wir wollen ganz verschiedene Aspekte des Themas aufgreifen, mit ganz unterschiedlichen künstlerischen Ausdrucksformen. Wir kooperieren dabei auch mit Museen.“ Besonders wichtig sei es bei diesem Projekt, Vermittlungsarbeit zu betreiben, mit verschiedenen Vermittlungsformaten die Menschen zu erreichen und ihr Interesse für die Problematik zu wecken.
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Mit der Mülheimer Stadtgesellschaft kooperieren
Mit der Stadtgesellschaft, mit anderen Institutionen, aber auch Bürgern zu kooperieren, sei ein wichtiges Ziel ihrer Arbeit, sagt die Theater- und Musikwissenschaftlerin. So möchte sie etwa auch Kontakt zu den hiesigen Musikschulen und Musikerinnen und Musikern knüpfen. Denn: Die Musik soll ein weiterer Schwerpunkt im Ringlokschuppen werden. Unterschiedliche Musikrichtungen wolle man präsentieren – auch dem Musiktheater Raum geben – ein Steckenpferd von Daniele Daude. „Gerade dabei ist natürlich die Vermittlung extrem wichtig“, sagt sie. Man müsse den Menschen den Reiz der Oper nahebringen.
Der Tanz soll ein Schwerpunkt bleiben, auch das Theater. Das Festival Tanz NRW soll ebenso wie das Impulse-Festival weiterhin im Ringlokschuppen über die Bühne gehen. Die Kooperationen mit Performer-Gruppen und Tanz-Kompanien wolle man fortführen. „Produktionen, die hier im Hause entstehen, sind beim Publikum besonders beliebt“, weiß man im Schuppen. Der Pop-Kultur-Bereich (Kabarett, Comedy, Stand-up, Musik) mit Auftritten bekannter Künstler bleibe weiterhin wichtig. „Er ist neben der institutionellen Förderung und den Projektmitteln ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor für uns“, erklärt Leonie Arnold, neue kaufmännische Leiterin des Ringlokschuppens.
Künstler nicht nur für ein Gastspiel nach Mülheim holen
Vorgenommen hat sich das Team den Abbau von Barrieren im Haus, noch mehr Augenmerk soll auf die Integration gelenkt werden. „Deutsch als Gebärdensprache könnte ein Thema für uns sein. Es könnte zum Beispiel auch Aufführungen in Gebärdensprache geben“, denkt Daniele Daude weiter.
Sehr wichtig ist ihr und Leonie Arnold auch das Thema Nachhaltigkeit. So wolle man darauf achten, dass man internationale Künstler oder Künstlergruppen nicht für einmalige Gastspiele herhole. „Wenn sie mit dem Flugzeug anreisen, sollten sie in der ganzen Region auf Tour gehen, mehrfach auftreten. Es liegt an uns, in dieser Frage mit den anderen Theaterhäusern zusammenzuarbeiten“, erklären sie. Nachdenken müssten die Theater auch darüber, ob Kostüme und Bühnenbilder weitergegeben und wiederverwendet werden könnten. „Eine Idee wäre auch, ein zentrales Lager einzurichten, dass wir uns teilen könnten“, sagt Daniele Daude.
Mülheimer Team pflegt soziokulturelle Ausrichtung
Die soziokulturelle Ausrichtung des Ringlokschuppens wolle man weiter pflegen, mit anderen soziokulturellen Zentren kommunizieren und kooperieren. Kunst sei fast immer auch ein Statement. „Ist es überhaupt möglich, Kunst zu machen, ohne sich zu positionieren?“, fragt Daniele Daude. Die l’art-pour-l’art-Bewegung habe es zwar gegeben, sie sei aber aus einer bestimmen historischen Situation heraus entstanden. „Diese Kunst interessiert mich tatsächlich nicht so. Viel spannender finde ich, was Künstlerinnen und Künstler schaffen, wenn sie die Ereignisse ihrer Zeit beobachten und verarbeiten.“