Mülheim. Das Rhein-Ruhr-Zentrum war einst das größte Einkaufszentrum Deutschlands. Wieso bei der Eröffnung 1973 sogar Hubschrauber zum Einsatz kamen.

Vor 50 Jahren begann mit der Eröffnung des Rhein-Ruhr-Zentrums ein neues Kapitel in der Mülheimer Wirtschaftsgeschichte. Am Eröffnungstag, dem 1. März 1973, feierte Mülheims Doppelspitze, Oberbürgermeister Heinz Hager und Oberstadtdirektor Heinz Heiderhoff im Einklang mit dem Vorstandsvorsitzenden der Stinnes AG, Günter Winkelmann, „das größte Einkaufszentrum Deutschlands“ als „ein Beispiel für den Pioniergeist und die kraftvolle Vitalität der Menschen im Ruhrgebiet und jüngste Attraktion unserer Stadt, die einen wesentlichen Beitrag zu einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur Mülheims leistet.“

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Denn das 82.000 Quadratmeter große Einkaufszentrum war ab Mai 1971 auf dem 220.000 Quadratmeter großen Gelände der 1929 stillgelegten Zeche Humboldt errichtet worden. Die Illustrierte „Bunte“ nannte das Einkaufszentrum an der Heißener Stadtgrenze zwischen Mülheim und Essen das „Superding vom Ruhrgebiet“.

1972 war das Rhein-Ruhr-Zentrum noch eine Baustelle.
1972 war das Rhein-Ruhr-Zentrum noch eine Baustelle. © Stadtarchiv

Rhein-Ruhr-Zentrum: 2,8 Millionen Menschen Kundenpotenzial

Ein Jahr, nachdem Mülheim als erste Stadt des Ruhrgebietes mit der Schließung seiner letzten Zeche Rosenblumendelle „zechenfrei“ geworden war, machte der auch im Bergbau aktive Stinnes-Konzern 1967 aus der Not eine Tugend und begann mit den Planungen für ein Einkaufszentrum auf dem vormaligen Zechengelände. Zur Erinnerung: In der Spitze hatten 3000 Mülheimer im Bergbau gearbeitet.

Rhein-Ruhr-Zentrum – so berichteten wir:

Da eine Marktforschungsstudie dem künftigen Rhein-Ruhr-Zentrum in der dichtbesiedelten Städteregion des westlichen Ruhrgebiets ein Kundenpotenzial von 2,8 Millionen Menschen bescheinigte und die durchschnittliche Arbeitslosenquote nur knapp über einem Prozent lag, gewann Stinnes nicht nur die Mülheimer Stadtspitze, sondern auch die Mitinvestoren Veba, C&A, Karstadt und Otto-Warenhausgesellschaft.

Mülheims Stadtbild war in den 70ern im Wandel

Das Rhein-Ruhr-Zentrum entwickelte sich zur Landmarke mit Strahlkraft.
Das Rhein-Ruhr-Zentrum entwickelte sich zur Landmarke mit Strahlkraft. © Stadtarchiv

1973 war Mülheim eine Stadt mit 193.000 Einwohnern und wollte weiterwachsen. Deshalb passte nicht nur das neue Rhein-Ruhr-Zentrum, sondern auch die Neu- und Umgestaltung der Innenstadt ins Bild. In der City wurde die Schloßstraße zur Fußgängerzone und mit dem Hochhaus-bebauten Hans-Böckler-Platz ein neues Wohn- und Einkaufsquartier geschaffen. Denn schon vier Jahre nach dem Rhein-Ruhr-Zentrum wurde am neuen Hans-Böckler-Platz das neue City-Center eröffnet, an dessen Stelle 1994 das Forum treten sollte. Angst vor leerstehenden Ladenlokalen und der Untergrabung des stationären Einzelhandels hatte damals niemand.

Der Oberhausener Konkurrent Centro sollte erst 1996 an den Start gehen, stattdessen verwies man in den 1970er und 1980er Jahren auf täglich 30.000 bis 80.000 Kunden und 2500 neue Arbeitsplätze, die das neue Einkaufszentrum mit sich brachte. Den Kundenandrang, den das Rhein-Ruhr-Zentrum schon an seinem ersten Geschäftstag erlebte, kommentierte dessen erster Centermanager Heinz Malburger mit den Worten: „Das hat alle unsere Erwartungen übertroffen!“

Rhein-Ruhr-Zentrum Mülheim: Eröffnungstag mit Riesen-Andrang

Die Polizei musste zwischenzeitlich die Zufahrten des neuen Einkaufszentrums sperren und Hubschrauber einsetzen, um das Verkehrsaufkommen rund um das Rhein-Ruhr-Zentrum in die richtigen Bahnen zu lenken. In der Spitze wurden 12.000 Fahrzeuge registriert, die auch das mit 4400 kostenfreien Parkplätzen Einkaufszentrum überforderten. Überfordert waren am ersten Tag des Rhein-Ruhr-Zentrums ganz sicher auch die beiden Erzieherinnen, die das Centermanagement für den centereigenen Kindergarten eingestellt hatte, um den Eltern durch eine verlässliche Kinderbetreuung einen stressfreien Einkauf gewährleisten zu können.

Damals gab es noch keine Bahnhaltestelle am Rhein-Ruhr-Zentrum. Das Leitbild für eine moderne Stadt war die autogerechte Stadt, in der galt: „Freie Fahrt für freie Bürger!“ Die erste Teilstrecke der heutigen Stadtbahnlinie U18 sollte erst 1977 eröffnet und die gesamte U-Bahn-Verbindung zwischen Essen und Mülheim erst 1981 in Betrieb genommen werden.

So sah es Anfang der 80er-Jahre im Inneren des Rhein-Ruhr-Zentrums aus.
So sah es Anfang der 80er-Jahre im Inneren des Rhein-Ruhr-Zentrums aus. © Stadtarchiv

Shoppen im Rhein-Ruhr-Zentrum modernisierte sich zusehends

Obwohl es vor 50 Jahren neben einer Autobahnanbindung auch eine Busanbindung des Rhein-Ruhr-Zentrums gab, kamen damals und auch in den folgenden Jahren nur ein Drittel zu Fuß oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr zum Shoppen in der knapp 50.000 Quadratmeter großen Mall. Die Zahl der Geschäfte, in denen die Kunden von nah und fern einkaufen konnten, stieg im ersten Jahrzehnt des Rhein-Ruhr-Zentrums von 57 auf 96 und bis 1993 noch einmal auf 175.

In den 1990er Jahren wurde das damals von Werner Rück gemanagte Zentrum modernisiert und um den FestivaI-Garden erweitert, um den Einkauf zum Erlebnis zu machen. Klavier- und Jazzkonzerte oder Kabarettveranstaltungen, die im Rhein-Ruhr-Zentrum über die Bühne gingen und hier ihr Publikum fanden, taten ein Übriges.