Mülheim. Mit einem Messer hat ein 51-Jähriger eine Seniorin in Mülheim attackiert. Es folgte eine Verfolgungsjagd. Angeklagter war offenbar in einem Wahn.
Scheinbar aus dem Nichts hat ein 51-Jähriger am 17. August 2022 an einem Kiosk an der Mühlenstraße mit einem Messer auf eine 81-jährige Mülheimerin eingestochen und schwer verletzt. Die Seniorin kam nur knapp mit dem Leben davon, leidet bis heute unter den Folgen der schweren Attacke. Nun steht ein Niederländer wegen versuchten Mordes vor dem Schwurgericht.
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„Im Zustand verminderter Schuldfähigkeit“ soll er die Dümptenerin mit einem rund acht Zentimeter langen Messer niedergestochen haben. Da das Opfer den Mann nicht kannte und absolut nicht mit einem Angriff rechnete, also arg- und wehrlos war, sei die Tat als versuchter Mord aus Heimtücke zu bewerten. An die Tat könne sich der Angeklagte nicht mehr erinnern. Am zweiten Verhandlungstag berichtete der 51-Jährige, er habe sich verirrt und sei zwei Tage lang ohne Nahrung und Flüssigkeit auf den Beinen gewesen.
Etwa drei Tage vor der Tat sei der Niederländer einfach in sein Auto gestiegen und nach Deutschland gefahren. „Ich glaube, ich hatte so etwas wie einen Burn Out“, schildert er vor Gericht. In den Wochen vor der Tat habe er nur gearbeitet. „Zwischen den Schichten lagen manchmal nur vier Stunden.“
51-jähriger verirrte sich und lief 50 Kilometer weit
Der Mann, der sich eigenen Angaben zufolge in seiner Freizeit gerne mit Edelsteinen beschäftigt und schon selbst - auch in Deutschland - welche in der Natur gesammelt hat, fuhr ziellos umher. „Ich habe den Wald nicht mehr gefunden“, erzählt er. In welcher Stadt er sein Auto abstellte, weiß er heute nicht mehr. „Ich bin einfach zu Fuß los.“ Die festen Schuhe, sein Bargeld, sein Zelt, Essen und Trinken ließ er seinen lückenhaften Erinnerungen zufolge im Fahrzeug liegen.
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„Ich war zwei Tage unterwegs, hatte keine Ahnung mehr, wo ich eigentlich war“, schildert der Angeklagte. Er schlief nachts ein paar Stunden unter freiem Himmel. „Ansonsten bin ich gelaufen und gelaufen. 40 oder 50 Kilometer.“ Er habe nur Sandalen an den Füßen getragen. Wo sein Auto geblieben war, wusste er nicht mehr. Er habe mehrere Personen um Hilfe gebeten. Aber niemand habe ihm etwas zum Trinken gegeben. „Auf die Idee, in einer öffentlichen Toilette aus dem Wasserhahn zu trinken, bin ich nicht gekommen. Ich war nicht mehr ganz bei mir.“
Mülheimerin kann derzeit nicht als Zeugin vernommen werden
Er habe an dem Kiosk wohl auch keine Pfandflasche eintauschen wollen. Die Polizei berichtete im August, der Niederländer habe sich an eine Mitarbeiterin der Trinkhalle gewandt, um eine Pfandflasche einzutauschen. Diese habe das abgelehnt, weil ein Etikett fehlte. Der Mann sei unverrichteter Dinge abgezogen – dann aber für die brutale Attacke zurückgekehrt.
Vor Gericht berichtet der 51-Jährige nun, er habe nur darum gebeten, dass jemand Wasser in die Flasche füllen möge. Anschließend folgt eine große Erinnerungslücke: „Danach weiß ich nichts mehr.“ In der Zelle erfuhr der Niederländer dann, dass er einer Rentnerin, die sich zufällig in der Nähe des Kiosk aufhielt, ein Messer in den Rücken gerammt hatte. „Als mein Mandant erfuhr, dass die Frau zwar verletzt ist, aber überleben wird, war er sehr erleichtert und hat geweint“, so der Verteidiger. Der 51-jährige wird von der Staatsanwaltschaft als zur Tatzeit „vermindert schuldfähig“ beschrieben. Eine dauerhafte seelische Erkrankung aber könne wohl ausgeschlossen werden.
Die 81-jährige Geschädigte kann vorerst wohl nicht als Zeugin vernommen werden. Sie wird seit Anfang Januar stationär in einer Klinik behandelt. Nach Auskunft der Ärzte ist sie aufgrund diverser Erkrankungen derzeit nicht verhandlungsfähig. Seit der Tat ist die Mülheimerin auf eine externe Sauerstoffzufuhr angewiesen. Derzeit sind bis Anfang Februar noch zwei weitere Verhandlungstage geplant
>>> Paketbote stellte den Niederländer
- Die brutale Messerattacke vor dem Kiosk hat über die Stadtgrenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Nachdem der Niederländer die Seniorin attackiert hatte, floh er zu Fuß. Der Paketbote Mohamad Al Hasn (40) beobachtete die Tat und verfolgte den 51-Jährigen. (Hier geht es zum Bericht)
- Nach mehreren hundert Metern Verfolgung überwältigte er den Mann an einer Bushaltestelle schließlich und konnte ihn an die Einsatzkräfte der Polizei übergeben.