Mülheim. Die Bergischen Symphoniker hatten bei ihrem Konzert in Mülheims Stadthalle schlagkräftige Begleitung von einer Trommlerin. Passt das zusammen?
Ein Sinfoniekonzert mit „Perkussion“ als Soloinstrument? Klingt mutig. Aber der „Mut“ der Veranstalter des letzten Sinfoniekonzerts am Freitag in der Mülheimer Stadthalle wurde mehr als belohnt: Die bestens aufgelegten Bergischen Symphoniker, die sich immer wieder wagemutiger Konzertprogramme rühmen, brachten ein ausgefallenes, klug kombiniertes und überraschendes Programm auf die Bühne.
Die barocke Einstimmung bildete François Couperins Tanzsuite „Konzert im Theatergeschmack“: Stilecht spielte eine kleine Besetzung von nur 16 Musikern im Stehen diese gefällige Salonmusik, wie sie einst am Hofe Ludwig des XIV. zum Tanz erklang. Ein Zeitsprung von 300 Jahren katapultiert das Publikum in die Jetztzeit: Vivi Vassileva, eine junge deutsche Musikerin, leidenschaftlich, charmant und energiegeladen, betritt das große Rund ihrer „Schlagwerk-Welt“; von drei Seiten ist sie umgeben von Marimba, Vibraphon, großen und kleinen Trommeln, Kuh- und weiteren Glocken und beschwört in ausbalanciertem Einklang mit dem groß besetzten Orchester unerwartete Klangwelten herauf.
Musikalisch ganze geografische Welten in der Mülheimer Stadthalle miteinander vereint
Avner Dorman, israelischer Komponist und Musikprofessor in den USA, schrieb 2007 dieses dreisätzige Konzert „Frozen in time“ für jene ungewöhnliche Besetzung und es verlangt der Solistin ebenso wie dem Orchester sehr viel ab: Fingerfertigkeit, Flexibilität, wache Abstimmung. Beeindruckend perfekt ist dieser Dialog gelungen, der musikalisch ganze geografische Welten miteinander vereint: traditionelle afrikanische Musik mit asiatischer Gamelan-Musik, europäische Klassik und amerikanischen Jazz, Tango und Rockelemente. Das alles klingt bei Vivi Vassileva so leichtfüßig, dabei bewegt sie sich zwischen ihren vielen Instrumenten und Schlägeln mit unglaublicher Schnelligkeit und Sicherheit.
Auf die stehenden Ovationen antwortete sie mit einer faszinierenden Zugabe - der Plastikflaschen-Kadenz aus dem Recycling-Concerto von Gregor Mayrhofer: Fesselnd und amüsant zugleich, auf wie viele Arten man zwei leere Plastikflaschen mit Klopfen, Wedeln, Trommeln zum Klingen und Schwingen bringen kann. Im Anschluss daran mag es wenig geben, das sich als Ausklang eignet, doch Rachmaninoffs Sinfonische Tänze op. 45 taten das. In diesen drei „fantastischen“ Tänzen kombinierte er 1940 all seine kompositorischen Fähigkeiten: schöne Streicherkantilenen, lichte kammermusikalische Passagen, dissonante Bläserfanfaren, dunkle chromatische Wendungen, traurige Walzerrhythmen und romantische Melodien – mit Schmelz aber ohne Kitsch.
Diese Qualitäten hat Dirigent Daniel Huppert durch sein pointiertes Dirigat mit seinem niveauvoll spielenden Orchester hörbar gemacht. Ein weiteres Mal, denn fordernd waren alle drei Partituren. Was für ein fulminantes und schwelgerisches Ende für einen großartigen musikalischen Abend!