Duisburg. Nachdem ein 36-Jähriger in einer Mülheimer Einrichtung eine Mitpatientin attackiert hatte, liegt sie im Wachkoma. Wie das Gericht den Fall sieht.

In der Nacht zum 8. Juni attackierte ein psychisch kranker Mann in einer Wohneinrichtung am Worringer Reitweg im Uhlenhorst eine Mitbewohnerin. Die 43-Jährige erlitt schwere Kopfverletzungen, liegt seitdem im Wachkoma. Ärzte haben wenig Hoffnung, dass sich ihr Zustand noch einmal deutlich bessern wird. Offenbar hatte sich der 36-Jährige in seinem Wahn eingebildet, die Frau sei Teil einer großen Verschwörung gegen ihn. Das Landgericht ordnete jetzt die dauerhafte Unterbringung des Beschuldigten in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung an.

Der 36-Jährige hatte die Tat gestanden. Bei drei verschiedenen Gelegenheiten allerdings in drei verschiedenen Versionen. Keine passte so recht zu den schweren Verletzungen, die die Geschädigte davon- trug. Der Vorsitzende der 5. Großen Strafkammer bedauerte, dass am Ende der Beweisaufnahme nicht einmal halbwegs klar sei, was sich in der Tatnacht genau ereignete.

Beschuldigter Mülheimer litt unter völliger Störung der Wahrnehmung der Realität

Ursprünglich hatte der Antrag der Staatsanwaltschaft, den Beschuldigten zum Schutz der Allgemeinheit unterzubringen, sich auf versuchten Totschlag und schwere Körperverletzung gestützt. Doch davon konnte nach dem Gutachten einer psychiatrischen Sachverständigen ohnedies keine Rede mehr sein: Der 36-Jährige, der unter einer schweren seelischen Erkrankung leidet, nehme die Realität so verzerrt war, dass es ihm gar nicht möglich gewesen sei, mögliche schwere Folgen seines Tuns zu erkennen.

Die Kammer ging deshalb in diesem wie in mehreren weiteren Fällen, bei denen der Beschuldigte seit 2018 in der Wohneinrichtung - auch gegenüber herbeigerufenen Polizisten - gewalttätig geworden war, lediglich von vorsätzlicher Körperverletzung aus. Dabei nahm das Gericht in Übereinstimmung mit dem Gutachten der Sachverständigen an, dass es dem 36-Jährigen immerhin noch möglich war, zu erkennen, dass Schläge wehtun können.

Gericht stuft 36-Jährigen als Gefahr für die Allgemeinheit ein

Am Resultat änderten alle diese Überlegungen nichts. Der Angeklagte beging alle Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit. Und ohne Therapie in einer geschlossenen Einrichtung besteht die hochgradige Gefahr, dass er wieder gewalttätig wird. Dafür spricht auch der Umstand, dass sich der Zustand des 36-Jährigen, der seit dem 8. Juni bereits vorläufig untergebracht ist, trotz der halbjährigen Behandlung nicht besonders verbessert hat.

Was er als letztes Wort sagte, war aufgrund einer Sprachstörung des 36-Jährigen kaum zu verstehen. Während der Verhandlung hatte er gelegentlich leise gelacht und nach dem ersten Verhandlungstag eine Runde Schattenboxen veranstaltet. Über seine weitere Zukunft werden in erster Linie Ärzte entscheiden. Die durchschnittliche Dauer des Aufenthalts von Gewalttätern in der Psychiatrie steigt seit Jahren. Derzeit beträgt sie mehr als elf Jahre.