Mülheim. Ein Mülheimer steht ab Dienstag vor Gericht: Er soll eine 43-Jährige brutal zugerichtet haben. Wieso seine Schuldfähigkeit infrage stehen könnte.

18 suchtkranke Menschen, die auch an einer psychischen Erkrankung leiden, sind in der Wohneinrichtung Worringer Reitweg im Mülheimer Uhlenhorst zu Hause. Die Polizei hat häufiger Einsätze dort. So auch in der Nacht vom 7. auf den 8. Juni 2022. Die Beamten fanden eine schwerst verletzte Frau vor – und nahmen einen Mitbewohner fest. Dieser steht ab Dienstag vor dem Duisburger Landgericht.

Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass der 36-Jährige für lange Zeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden muss. Der Mann sei bei der Tat, die als versuchter Totschlag gewertet wird, schuldunfähig gewesen. Ein normaler Strafprozess könne ihm daher nicht gemacht werden – einzig das sogenannte Sicherungsverfahren komme in Betracht. Laut Antragsschrift hat er zur Tatzeit an einer paranoiden Schizophrenie gelitten, so ein Gerichtssprecher am Freitag auf Nachfrage.

Mülheimerin schwebte lange in Lebensgefahr – und wird wohl nie wieder gesund

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Das Opfer, eine 43-jährige Mitbewohnerin, erlitt bei der nächtlichen Attacke schlimmste Kopfverletzungen. Die Rede ist von einem schweren Schädel-Hirn-Trauma und Blutungen im Gehirn. Viele Tage schwebte die Frau in Lebensgefahr, und noch immer soll sie im Wachkoma liegen. „Laut Staatsanwalt ist sie nicht in der Lage zu sprechen und atmet nur über einen Luftröhrenschnitt“, so der Sprecher. Es bestehe aktuell nicht viel Hoffnung auf Besserung; womöglich wird die 43-Jährige nie wieder ein normales Leben führen können.

Ein verbaler Streit soll dem Übergriff vorausgegangen sein. Der Beschuldigte habe „mehrfach mit einem unbekannten Gegenstand, der geeignet ist erhebliche Verletzungen hervorzurufen, auf den Kopf der Frau eingeschlagen“, heißt es in der Antragsschrift. Er habe ihren Tod „billigend in Kauf genommen“.

Es war offenbar nicht die erste Auseinandersetzung, bei der er die Kontrolle verlor

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Es war offenbar nicht die erste Auseinandersetzung in der Einrichtung, bei der er die Kontrolle verlor. Das Gericht wird laut Sprecher über weitere Vorfälle entscheiden: Im Mai 2018 soll er eine andere Person geschlagen und getreten und die Polizei attackiert haben. Im Februar 2021 habe er eine Person zu Boden gebracht und mit Faustschlägen traktiert, im darauffolgenden November einem Menschen gegen die Schulter getreten. Im April 2022 schließlich habe er im Aufenthaltsraum des Hauses den Kopf eines anderen gepackt und gegen eine Kommode geschlagen, so der Gerichtssprecher.

Man gehe davon aus, dass der Beschuldigte abhängig ist von Marihuana und Amphetaminen, hieß es am Freitag. Bei der Tat sei seine Einsichtsfähigkeit aufgehoben gewesen. Da von ihm weitere Straftaten zu erwarten seien, bleibt laut Staatsanwaltschaft nur die langfristige Unterbringung in der Forensik. Die 5. Große Strafkammer wird ab kommender Woche über die Vorwürfe befinden; angesetzt sind fünf Verhandlungstage bis zum 19. Dezember.

Geschäftsführer: „In unserem Haus wohnen Menschen mit besonderem Hilfebedarf“

Rolf Wöste, Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH Regenbogen Duisburg, die die Einrichtung im Uhlenhorst betreibt, lieferte unmittelbar nach der Tat mögliche Erklärungen: „In unserem Haus wohnen Menschen mit besonderem Hilfebedarf.“ Deren psychische Erkrankungen und Sucht-Biografien könnten „durchaus dazu führen, dass sie andere angreifen“.