Mülheim. Briefträger fielen aus, und noch immer werden haufenweise Briefe und Päckchen in Mülheim vermisst. Die Post versichert: „Alles wurde zugestellt.“
In diesem Sommer häufen sich Probleme mit der Postzustellung in Mülheim. So kamen Anfang August Beschwerden aus Speldorf, wo Leute nach eigener Schilderung teils zwei Wochen lang keinen Briefträger gesehen haben. Nun hakt es offenbar in Broich, etwa an der Bülowstraße.
Hier wohnt Norbert S., der – wie er berichtet – am 5. August aus einem zweieinhalbwöchigen Urlaub kam und feststellen musste: „In der ganzen Zeit ist überhaupt keine Post gekommen.“ Er bekomme regelmäßig sehr viele Bücher und Warensendungen, berichtet der Mülheimer, doch in der jüngsten Zeit nicht, „keinen Brief, gar nichts“, und so ging es auch nach dem Urlaub noch die ganze Woche weiter.
Postsprecherin zu Beschwerden aus Mülheim: „Wir haben alles zugestellt“
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Ein anderer Postkunde von der Bülowstraße schreibt: „Nicht nur ich, sondern viele Nachbarn und Bekannte hier in Broich bzw. Speldorf fragen sich, warum seit über einer Woche keine Post zugestellt wurde?“ Jetzt klingelte der Briefträger wieder, brachte aber nur nachweislich aktuelle Sachen. Und da etliche Menschen in Mülheim längere Postausfälle erlebt haben, wächst der Verdacht, dass irgendwo unbearbeitete Stapel lagern.
Eine Vermutung, die die Deutsche Post DHL eindeutig zurückweist. „Wir haben alles zugestellt, was da ist, und keine Rückstände“, erklärte Regionalsprecherin Britta Töllner am Donnerstag. Speziell zu den Beschwerden aus der Bülowstraße sagt sie: „Dort stimmt die Vermutung, dass Sendungen massenhaft liegen geblieben sein sollten, definitiv nicht, und wir können das auch eindeutig widerlegen. Der Stammzusteller in der Bülowstraße ist und war jeden Tag im Bezirk.“
Speldorfer vermissen die gesamte Post aus zwei Wochen
Ähnliche Stimmen kommen aber auch aus Speldorf. Dort mussten Alexandra Faust und Andreas Koch an der Saarner Straße rund zwei Wochen ohne Briefe und Päckchen auskommen, ebenso wie die Nachbarschaft. Mittlerweile erscheint der Briefträger wieder täglich, doch ohne die Altlasten, versichert Alexandra Faust: „Alle erhalten nur aktuelle Post, die nach dem 4. August versandt wurde. Nach wie vor fehlt die gesamte Post der 14 Tage, in denen wir nichts bekommen haben.“
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Von bestimmten Sendungen, etwa Konzerttickets, wüssten sie sicher, dass sie längst unterwegs sein müssen. „Wir haben schon am 29. Juli einen Ermittlungsauftrag über die Kundenservice-Hotline der Post gestellt, so die Speldorferin. Bislang ergebnislos.
Gastronom Falk Sassenhof, der ebenfalls in Speldorf das „Landhaus Sassenhof“ führt, schildert die Post-Probleme ganz ähnlich. Nach fast zwei Wochen Zustell-Flaute läuft es wieder, doch die Menge, die seither kam, entspricht nicht dem, was er erwartet. „Eigentlich hätte ein Riesenstapel kommen müssen“, meint Sassenhof. Auch Wichtiges vermisst er. So sei zwar eine Kreditkarte eingetroffen, doch nicht der zugehörige PIN-Code.
Mülheimer Gastronom fürchtet, dass bald erste Mahnungen kommen
„Ich habe das Gefühl, dass viel verschwunden ist“, sagt der Gastronom. „Ich werde es ja spätestens sehen, wenn die ersten Mahnungen kommen, weil Lieferanten an ihre Rechnungen erinnern.“ Im zentralen Zustellzentrum der Post am Hauptbahnhof habe man sich für nicht zuständig erklärt und an das Verteilzentrum 2 an der Heerstraße verwiesen. „Dort trifft man aber nur die Briefträger an“, hat Falk Sassenhof festgestellt, „und die können nichts dafür.“
Die Deutsche Post weiß seit Wochen von den Ausfällen in Mülheim und hat sich zuletzt Anfang August ausdrücklich entschuldigt. Die Verzögerungen, hieß es da, betrügen „in der Regel“ aber nur einen Tag. Als Gründe nannte Regionalsprecherin Britta Töllner Personalausfälle, bedingt durch Corona-Infektionen und die Urlaubszeit. Schon vor zwei Wochen sollte zusätzliches Personal die Arbeit aufnehmen.
Deutsche Post: Zustellung erfolgt wieder in gewohnter Qualität
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Zu den Beschwerden über mutmaßlich „verschwundene“ Post sagt die Sprecherin jetzt: „Die aktuelle Schilderung können wir nicht teilen. Wie angekündigt, hat sich die Situation seit zwei Wochen durch Rückkehrer aus Urlaub und Krankheit und durch dauerhaft zusätzliches Personal wieder normalisiert und die Zustellung erfolgt wieder in der gewohnten Qualität.“ Jeder Bezirk sei täglich besetzt.
Verzögerungen von einem Tag könne es allerdings „in einzelnen Straßenabschnitten am Ende eines Bezirks“ gelegentlich geben, etwa wenn neue Zusteller im Dienst sind oder extreme Hitze herrscht.
Norbert S. aus der Bülowstraße ist zumindest einen Schritt weiter. Am 15. August habe er sich bei der Post beschwert, berichtet der Mülheimer, am übernächsten Tag sei ein Mann mit einem gelben Lastenfahrrad gekommen: „Er gab mir zwei Päckchen mit gesammelten Briefen. Aber nach meiner Einschätzung müsste viel mehr liegen geblieben sein.“ S. wartet also weiter und kritisiert den Umgang der Post mit ihrer Kundschaft: „Kann ja sein, dass sie Personalprobleme haben. Aber es ist keine Art, einfach zu sagen, da wäre nichts.“
Post ist zur täglichen Brief- und Paketzustellung gesetzlich verpflichtet
Der Broicher hat auch schon bei der Bundesnetzagentur angerufen. Denn es gibt eine gesetzlich geforderte Grundversorgung, zu der die Deutsche Post AG vertraglich verpflichtet ist. Im Verbraucherportal der Bundesnetzagentur steht: „Die Briefzustellung muss mindestens einmal werktäglich – somit auch an Samstagen – erfolgen.“ Für die Paketzustellung gilt das Gleiche. Und was, wenn die Post diese Grundversorgung nicht leistet?
In diesem Jahr 52 Post-Beschwerden aus Mülheim
Die Bundesnetzagentur hat in diesem Jahr bisher 52 Beschwerden über die Postversorgung aus Mülheim bekommen, betroffen waren die Postleitzahlen 45468, 45470, 45472, 45473, 45475, 45478, 45479 und 45481.
Man habe aber „keine besondere Häufung von Beschwerden aus einem der genannten Bereiche festgestellt“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. „Somit gab es bislang keinen Grund für eine Anlassprüfung.“
Eine Beschwerde etwa bei gravierenden Zustellmängeln sei „hilfreich“. Doch die rechtlichen Möglichkeiten der Bundesnetzagentur seien begrenzt. Postdienstleister könnten nicht per Gesetz zur Erbringung einer bestimmten Qualität verpflichtet werden.
Die Bundesnetzagentur rät, sich bei Problemen zunächst an das Postunternehmen zu wenden. Bei „anhaltenden Mängeln“ nimmt auch die Bundesnetzagentur Beschwerden entgegen – eine Möglichkeit, auf die unter anderem die Verbraucherzentrale Mülheim ausdrücklich verweist. In der Hoffnung, dass geballter Druck etwas bewegt. Denn die Bundesnetzagentur verspricht: Sollte anhand gehäufter Beschwerden ein „Hotspot“ festgestellt werden, werde das Postunternehmen ermahnt, die Mängel „zeitnah“ abzustellen.