Mülheim. Tanja von Eicken ist Hundefriseurin mit Leidenschaft. Wie ihr Arbeitsalltag aussieht und bei welchen Rassen sie auch schonmal in Schwitzen kommt.

Kontaktdaten von guten Hundefriseuren werden unter Hundehaltern gehandelt wie Insider-Aktientipps. Überhaupt einen Termin zu bekommen, gestaltet sich schon lange sehr schwierig. Kirsten Mayer von „Fellgerecht“ bedauert schon auf ihrem Anrufbeantworter, keine Neukunden annehmen zu können. Ohne Anrufbeantworter kommt keins der meist im Einzelbetrieb geführten Hundesalons aus, konzentriert sich die Hundefriseurin tagsüber doch ganz auf die Tiere. Oft erst abends werden weitere Termine gemacht.

Die Wartezeit beträgt bei Tanja von Eicken (47) in ihrem „Hundestudio“ in Eppinghofen zirka vier bis sechs Wochen, im Salon „oBello“ von Mariella Mierswa – die „erst seit fünf Monaten dabei“ ist, wie sie sagt –, sogar zwei Monate: „Es gibt zu viele Hunde, aber zu wenige Hundefriseure.“ Bei Kolleginnen, erzählt Frau Mierswa, gibt es erst in einem halben Jahr einen Termin.

Hundefriseurin in Mülheim: Kundschaft kommt aus Nachbarstädten

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„Es kann nicht genug Hundefriseure geben!“, bekräftigt Tanja von Eicken, die zu 80 Prozent Stammkunden hat. Die jung und dynamisch wirkende Frau mit dem kurzen schwarzen Haar nimmt sich Zeit für ihre tierischen Kunden, will keine Fließbandarbeit, keinen Stress – weder für sich noch für ihre Hunde. Sie nimmt sich zwei Stunden Zeit pro Tier, um es und seine Sprache kennen zu lernen. Das weiß die Stammkundschaft zu schätzen, weshalb manche aus Duisburg, Bochum und Gelsenkirchen, anreisen.

Liebevoller Umgang und Kosenamen für die Hunde sind Tanja von Eickens Markenzeichen. Eine Hundebesitzerin wird beispielsweise telefonisch informiert, dass „die Prinzessin in 15 Minuten fertig“ sei. Otto, der Aprikot Labradoodle – eine beliebte Mischung aus Labrador und Großpudel –, ist ihr „Gute-Laune-Prinz“.

Für ihre tierischen Kunden hat Tanja von Eicken eigene Spitznamen.
Für ihre tierischen Kunden hat Tanja von Eicken eigene Spitznamen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Nach einer Stunde ist Otto gewaschen, geföhnt und gebürstet, was den schwersten Teil der Arbeit ausmacht. Für den Scherenschnitt wird Otto auf dem Frisiertisch an einem höhenverstellbaren Spezialgestänge, einer Art Balken, über ein Spezialhalsband mit viel Spielraum zum Hals angeschnallt. Für ein bis anderthalb Stunden muss Otto jetzt stehen, Büschel seines weichen, rötlichen Fells bedecken Tisch und Boden.

Hundesalon in Mülheim: Viel Geduld und Lob für die Tiere

Küsschen für Otto – der Aprikot Labradoodle lässt den Haarschnitt geduldig über sich ergehen.
Küsschen für Otto – der Aprikot Labradoodle lässt den Haarschnitt geduldig über sich ergehen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Das ist für die Tiere anstrengend“, weiß von Eicken, und hebt einen Hund bei zu viel Quengeln auch schon mal für kurze Zeit vom Tisch, damit er zur Ruhe kommt. „Aber Otto ist tiefenentspannt“, sagt die Hundefriseurin mit zufriedenem Grinsen und schmust kurz mit ihm. Während des Schneidens redet sie fast ununterbrochen mit Otto. Da heißt es dann „Warte, Schatz“, als sie mit der Pfote noch nicht fertig ist, Otto sie aber wieder auf den Tisch setzen möchte. Am häufigsten ist beruhigendes Lob zu hören: „Toll machst du das!“ oder „Du machst das super, Hase!“ Und schon wackelt Otto lebhaft mit dem Schwanz.

Den menschlichen Kunden vom Hundestudio in der Bruchstraße gefällt Frau von Eickens einfühlsame Art mit den Hunden, aber auch ihr humorvoller Umgangston. „Ich hau auch gerne mal einen Spruch raus“, gibt die Hundefriseurin zu. Kommt ein Hund als missglückter Selbstversuch des Besitzers und Möchtegern-Hundefriseurs, fragt sie etwa: „Haben Sie schon mal was vorbereitet?“

Resolut wird die Hundefriseurin, wenn es um die Fellpflege geht: Einen verfilzten Hund darf man einmal zu ihr bringen, dann kümmert sie sich darum, aber wenn es nochmal passiert, setzt Tanja von Eicken einen schönen, praktischen Sommerschnitt durch. „Damit sind dann alle glücklich und zufrieden, der Hund, die Besitzer und ich.“ Viele wüssten nicht, dass verfilztes Hundehaar zu massiven Hautproblemen führe, erläutert sie. „Das Wohl des Tieres hat absolute Priorität.“

Mülheimer Hundefriseurin: „Ich habe meine Berufung gefunden“

Tanja von Eicken ist eine zufriedene Hundefriseurin, sagt selbst: „Ich habe meine Berufung gefunden.“ Dabei arbeitete sie zuerst als Kauffrau für Bürokommunikation, später in der Psychiatrie. Über ihre inzwischen verstorbene Königspudel-Dame Sanja fand sie zum Mülheimer Hundestudio und zur damaligen Besitzerin Nicole Haberer-Dietrichs, die ihr alles beibrachte. Tanja von Eicken begann als Aushilfe, wurde dann Angestellte und übernahm im Juli 2017 das seit 50 Jahren bestehende Geschäft.

Tanja von Eicken, Inhaberin eines Hundesalons in Mülheim an der Ruhr, kürzt am Mittwoch, 03.08.2022, dem vierjährigen Labradoodle Otto mit einem Langhaarschneider das Fell. Foto: Martin Möller /Funke Foto Services
Tanja von Eicken, Inhaberin eines Hundesalons in Mülheim an der Ruhr, kürzt am Mittwoch, 03.08.2022, dem vierjährigen Labradoodle Otto mit einem Langhaarschneider das Fell. Foto: Martin Möller /Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Sobald ich morgens den Laden aufmache, habe ich gute Laune!“, sagt sie lachend. An den drei Kernarbeitstagen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag kümmert sie sich um zwei bis vier Hunde. Bei sehr aufwendigen Rassen wie Neufundländern oder Bobtails braucht sie drei bis fünf Stunden und öffnet dafür sogar am eigentlich freien Freitag. „Danach bin ich platt!“, gesteht sie.

Was sie aber nicht davon abhält, sich wie ihre ehemalige Vorgesetzte ehrenamtlich fürs Duisburger Tierheim zu engagieren. Dabei entfilzt sie Hunde und hübscht sie für Aktionen wie „Tiere suchen ein Zuhause“ auf. Vor Corona nahm Tanja von Eicken auch Futter-, Sach- und Geldspenden für die Mülheimer Tiertafel an und leitete sie weiter; inzwischen bittet sie Spender, alles direkt zur Tafel zu bringen. Hundefriseurin sei ein anstrengender Beruf, gibt sie zu – ergänzt aber strahlend und ermunternd: „Das ist eigentlich der genialste Job der Welt!“