Mülheim. Die Masern-Impfpflicht gilt seit dem 1. August verbindlich. Was bedeutet das in der Praxis für Familien, Schulen, Kitas und Ämter in Mülheim?

Die Masern-Impfpflicht gilt in Deutschland bereits seit März 2020, allerdings mit einer Übergangsfrist bis zum 1. August 2022. Zunächst mussten Eltern nur bei der Neuanmeldung ihres Kindes in Kita oder Schule einen Impfnachweis vorlegen. Nun müssen auch diejenigen Mädchen und Jungen, die schon vor 2020 ins Schul- oder Kitaleben gestartet sind, vorweisen, dass sie gegen Masern geimpft sind.

Der Stichtag (31. Juli 2022) wurde wegen der Corona-Pandemie zweimal verschoben, um die Mitarbeiter in den Ämtern, Schulen, Kitas und anderen Einrichtungen wie etwa Flüchtlings- oder Pflegeheimen nicht zusätzlich zu belasten. „Die Masern-Impfung war aber nie ein Riesenproblem. 95 Prozent der Kinder haben seit Jahren bei der Einschulungsuntersuchung den Impfschutz vorweisen können“, sagt Dr. Frank Pisani, Leiter des Gesundheitsamtes. Damit erfüllt Mülheim bei den Kindern genau die Quote, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert wird: Mindestes 95 Prozent Geimpfte sind notwendig, um Ausbrüche der Krankheit zu verhindern.

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Familien werden zum Gespräch im Mülheimer Amt gebeten

Die Mehrarbeit, die durch die Impfpflicht nun entstehe, sei gar nicht so groß – weil sie auf viele Schultern verteilt sei. „Wir sind breit aufgestellt“, so Pisani. Zunächst einmal sind es die Schulen und Kitas, die sich den Impfnachweis vorlegen lassen müssen. Fallen ungeimpfte Kinder auf, werden sie an das Schulamt gemeldet, danach „übernimmt das Gesundheitsamt“, erklärt Simone Müller-Dausel, Schulleiterin der GGS an der Augustastraße.

In Mülheim sind laut Dr. Frank Pisani rund 95 Prozent der Kinder gegen Masern geimpft.
In Mülheim sind laut Dr. Frank Pisani rund 95 Prozent der Kinder gegen Masern geimpft. © imago/Christian Ohde | imago/Christian Ohde

Die Familien werden dann zum Gespräch in die Behörde gebeten. „Beratungsresistente Eltern gibt es nur ganz wenige. Die meisten lenken ein, lassen die Kinder nachträglich impfen“, sagt Dr. Frank Pisani. Wenn sie es nicht ohnehin schon im Jahr vor der Einschulung gemacht haben. Denn: Bereits bei der Schuleingangsuntersuchung werden die Eltern auf den fehlenden Impfschutz aufmerksam gemacht.

Das Ja zur Impfung ist in Mülheim die Regel

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Schulpflicht geht vor Impfpflicht: Ungeimpfte Schülerinnen und Schüler dürfen nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden. „Da stehen sich die beiden Gesetze irgendwie im Weg“, sagt der Gesundheitsamtsleiter. Allerdings kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2500 Euro verhängt werden. Anders sieht es bei den Kitas oder Kindertagespflegepersonen aus: Sie können sich weigern, ungeimpfte Kinder aufzunehmen.

Das Ja zur Masern-Impfung ist aber in Mülheim die Regel. Das erklärt sich Frank Pisani auch damit, dass der Masern-Impfstoff „superlange erprobt“ ist und große Akzeptanz findet in der Bevölkerung – anders als beispielsweise der Corona-Impfstoff. An der GGS Styrum lassen „eigentlich alle ihre Kinder impfen“ – auch gegen Masern. „Wir haben das im Laufe der letzten zwei Jahre alles abgefragt. Ich weiß gar nicht, ob wir überhaupt ein Kind dabei hatten, das nicht gegen Masern geimpft ist“, sagt Simone Dausel-Müller.

Erste Kontrolle findet bei Schuleingangsuntersuchungen statt

Das Gesundheitsamt hat derzeit auch keine Meldungen über nicht-geimpfte Kinder vorliegen – weder von städtischen Schulen und Kitas, noch von den freien Trägern der nicht-städtischen Einrichtungen. Auch bei den geflüchteten Kinder aus der Ukraine prüft man bei der Schuleingangsuntersuchung in der Unterkunft an der Mintarder Straße oder bei anderen kinderärztlichen Terminen genau, ob sie gegen Masern geimpft sind – ein Dolmetscher übersetzt die Impfausweise.

Kontrollen sind in Mülheim also nicht in großem Ausmaße nötig. Stichprobenartig will das Gesundheitsamt dennoch – im Rahmen der regelmäßigen Begehungen der Schulen und Kitas – schauen, ob auch alle geimpft sind. Die (neue) Impfpflicht gilt übrigens nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mitarbeitenden in Gemeinschaftseinrichtungen wie Krankenhäusern, Seniorenheimen, Arztpraxen und sozialen Einrichtungen (ab Jahrgang 1970). „Lehrkräfte, die neu eingestellt werden, müssen die Impfung nachweisen – gegenüber dem Schulamt oder der Bezirksregierung oder den Trägern, bei denen sie arbeiten. Wir in der Schule müssen das dann nicht noch mal checken“, sagt beispielsweise Simone Dausel.

Seit 2015 wurde dem Mülheimer Amt für Gesundheit ein Masern-Fall gemeldet

„Die Einrichtungen beziehungsweise deren Betriebsärzte müssen seit 2020 bei Neueinstellungen abfragen, ob die Bewerber geimpft sind. Das gilt jetzt auch für Mitarbeitende ab Jahrgang 1970, die schon länger dort arbeiten“, erläutert Dr. Frank Pisani. Bisher liege dem Mülheimer Gesundheitsamt aber keine derartige Meldung vor.

Die Masern-Impflicht soll garantieren, dass Kinder und Mitarbeitende in Gemeinschaftseinrichtungen von den Masern und ihren teils gefährlichen Auswirkungen verschont bleiben. In Mülheim spielt die Infektion aktuell keine Rolle: „Einen Masern-Fall geschweige denn einen Masern-Ausbruch hat es in den letzten fünf Jahren, vermutlich aber noch viel länger, hier nicht gegeben“, sagt Frank Pisani, seit 2020 Leiter des Gesundheitsamtes.

Infos auf der städtischen Homepage www.muelheim-ruhr.de