Mülheim. Die Frauenband Iva Nova stammt aus St. Petersburg. Beim Odyssee-Konzert in Mülheim brachte sie gut tausend Leute zum Tanzen oder auch zum Weinen.
Die vierköpfige Frauenband Iva Nova aus St. Petersburg begeisterte das Publikum am Freitagabend beim Open-Air am Ringlokschuppen.
Das diesjährige Festival „Odyssee – Musik der Metropolen“ setzte den Fokus auf Künstlerinnen, erklärte die Mülheimer Verantwortliche, Claudia Saerbeck, vor dem Konzert: „Viele Musikerinnen haben immer noch einen schlechten Stand.“ Es sei dem Festival wichtig, dass „es ausgeglichener wird“ – und dafür sorgte die russische Band Iva Nova mit Bravour.
Fans von Iva Nova kamen teilweise aus Stuttgart zum Mülheimer Konzert
Das terrassierte Rund vor der Drehscheibe, im Herzen des idyllischen Müga-Geländes mit Schloß Broich als Kulisse, ist mit gut tausend Zuhörern besetzt, als um 20 Uhr die vier ganz in Weiß gekleideten Musikerinnen die Bühne betreten und mit viel Jubel empfangen werden. Einige Fans der seit 20 Jahren bestehenden Band sind sogar aus Stuttgart angereist.
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Die zumeist groß gewachsenen Frauen in zum Teil braven, zum Teil flatternd-verspielten Kleidern wirken auf den ersten Blick mädchenhaft, unschuldig, vor allem die langhaarige Blondine Galina an der Bassgitarre. Doch die roten wilden Locken der Lead-Sängerin Anastasia, der blau gefärbte Bubikopf der Akkordeonspielerin Natalia und die auffallend kleine, kompakte Schlagzeugerin Ekaterina in ihren Bermuda-Shorts und mit heller Vokuhilafrisur signalisieren schnell: Brav wird’s hier nicht zugehen.
Sängerin verkündet das Motto des Abend: „Für Frieden und voller Liebe“
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Auf Englisch verkündet Anastasia das umjubelte Motto des Abends: „For peace and full of love“, für den Frieden und voller Liebe. Musikalisch geht es bei diesen temperamentvollen Musikerinnen mit harten Beats vom Schlagzeug los, was die Stimmung sogleich enorm anheizt, das Publikum zum Jubeln bringt. Diese energiegeladene Musik geht sofort ins Blut, so dass schnell nicht nur auf der Bühne gehüpft und getanzt wird, sondern auch davor.
Als „Ethnic Stream“, ethnischer Strom, bezeichnet Anastasia nach dem Konzert ihre berauschende Mischung diverser Stile, die sich auch optisch ausdrückt. So wirft die Sängerin mal ihren roten Lockenkopf bei harten Beats wild hin und her, präsentiert dann aber auch – auf dem Boden hockend – eine sehnsuchtsvolle, wehmütige Weise, die an die russische Weite erinnert. Aus dieser „russischen Seele“ erwächst bei Iva Nova gern mal avantgardistischer Punk, denn nicht nur das Programm ist abwechslungsreich, die Lieder sind auch häufig von krass kontrastierenden Blöcken geprägt, entwickeln aber stets einen mitreißenden Flow.
Waschbrett oder Mundorgel erweitern das Instrumentarium
Das Instrumentarium - Schlagzeug, Bassgitarre, Akkordeon und Keyboard - wird ständig auf spielerisch-eingängige und witzige Weise durch Waschbrett oder Mundorgel, sogar Kastagnetten erweitert. Überhaupt beherrschen alle vier Musikerinnen eine beeindruckende Fülle an Ausdrucksmöglichkeiten. Eine expressive Basslinie sorgt für immense Spannung, was eine Zuhörerin fasziniert mit „ziemlich cool“ kommentiert.
Finale am Freitag
Am nächsten Freitag, 29. Juli, gastiert die Band „Die Tsaziken“ zum Abschluss der Odyssee-Reihe auf der Drehscheibe in der Müga. Einlass ist ab 19.30 Uhr, der Eintritt wie immer kostenlos.
Die während der Konzerte gesammelten Spenden gehen dieses Jahr an den Verein „Bochum-Donezk“, der Menschen in der Ukraine unterstützt.
Überraschender Weise erklingt auf einmal eine ergreifend tiefe Männerstimme, die gleichwohl aus Anastasias Kehle kommt. Markante „Hey“-Rufe setzen aufheizende Akzente, schräge Beats vermitteln viel Spaß, folkloristisch-sentimentale Melodien – ob vom Akkordeon oder als Gesang – schmeicheln sich gefühlvoll und verführerisch in die Seele. Eine Zuhörerin bedankt sich später begeistert, weil die Musik so ergreifend gewesen sei und sie zum Weinen gebracht habe. Offen und aufgeschlossen kommt diese Band daher, Iva Nova rockt die Bühne und vermittelt eine ungemeine Lebensfreude, der sich niemand entziehen kann oder will. Umwerfend und grandios.