Mülheim. Mit 40 Teilnehmern hatten Broichstrom und HRW zur Info-Veranstaltung über Photovoltaik gerechnet. Es wurden 150. Wie geht es nun weiter?

Dass der Krieg in der Ukraine die Nachfrage nach Gas-Alternativen wie Sonnenstrom stark ansteigen lassen würde, war dem Mülheimer Verein Broichstrom im Vorfeld seiner Info-Veranstaltung zwar klar, „aber wir wurden regelrecht überwältigt“, sagt der 2. Vorsitzende und Klimaexperte Peter Winkelmann. 150 statt der kalkulierten 40 Personen informierten sich über Photovoltaik – vielen musste man sogar absagen. Wie aber geht es nun weiter?

Für einen Teil der Zuhörer wird es sehr konkret: Sie haben im Anschluss an die Veranstaltung im größten Hörsaal der Hochschule Ruhr West (HRW) einen Fragebogen mit Daten zu ihrem Eigentum ausgefüllt. Dieser soll die Grundlage für eine Potenzialanalyse durch Studierende des Masterstudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen-Energiesysteme bilden. Das Besondere: „Es ist eine individuelle und neutrale Analyse der Möglichkeiten für das konkrete Gebäude“, sagt Winkelmann, „ohne dass eine Verkaufsabsicht dahinter steht.“ Denn der Verein berät lediglich.

Mülheimer aus allen Stadtteilen lobten Infos zu Photovoltaik

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Doch allein die neutrale Beratung kam schon sehr gut an. „Erhellend und informativ“, „sehr hilfreich“, „kompetent und gut verständlich“, schrieben einige Teilnehmer lobend ins Gästebuch. Oder einfach: „Klasse.“

Allerdings haben derart viele Teilnehmer Bögen ausgefüllt, dass Broichstrom und sein Partner HRW eine Auswahl auf rund 40 Fälle begrenzen mussten: Fokussiert wurden Bestandshäuser von privaten Eigentümern, etwa Doppelhaushälften und Einfamilienhäuser mit Flachdächern – keine Mietshäuser. Und es wurden möglichst übertragbare Beispiele gewählt.

„Mehr können wir als private, ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder und auch die Studierenden nicht leisten“, bedauert Winkelmann. Dabei sieht der Klimaexperte von Broichstrom eine ungeheure Nachfrage in Mülheim – „die Teilnehmer kamen aus ganz Mülheim, von Dümpten bis Holthausen und Speldorf. Mich hat besonders erstaunt, dass die früher einmal wichtige Frage nach Förderung auf unserer Veranstaltung überhaupt kein Thema war.“

Hohe Nachfrage stellt Broichstrom vor Grenzen – kommunale Unterstützung notwendig

Doch die wesentliche Frage angesichts der überwältigenden Resonanz thematisiert Winkelmann: „Wo wollen wir als Verein hin?“ Denn bislang sah man die Aufgabe des 2019 als sehr lokaler Spieler gegründeten Broichstrom in der Beratung – „das ist unser Beitrag zur lokalen Energiewende. Wir sind damit aber nun in eine offenbar große Lücke gestoßen“, sieht Winkelmann die Notwendigkeit, im viel größeren Stil informieren zu müssen.

Denn ebenso standen viele technische, wirtschaftliche, aber auch rechtliche Fragen im Mittelpunkt, die sich für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer stellen, wenn sie sich für eine Solar-Anlage entscheiden, erläutert Rolf Bellenbaum, Vorsitzender von Broichstrom. Dafür jedoch müsste der kleine Verein in Kooperation mit der Hochschule kommunal – also von der Stadt – unterstützt werden.

Im vergangenen Jahr hatten Prof. Wolfgang Irrek (HRW, li.) und Hans-Peter Winkelmann (2. v. li.) gemeinsam mit Studierenden eine Machbarkeitsstudie zur Erzeugung und Nutzung von Solarstrom auf Gewerbeimmobilien erstellt.
Im vergangenen Jahr hatten Prof. Wolfgang Irrek (HRW, li.) und Hans-Peter Winkelmann (2. v. li.) gemeinsam mit Studierenden eine Machbarkeitsstudie zur Erzeugung und Nutzung von Solarstrom auf Gewerbeimmobilien erstellt. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Broichstrom zeigt sich offen für Kooperation mit stadtweiten Akteuren

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Städtisches Klimaschutzmanagement, Mülheimer Klimaschutzinitiative, Verbraucherzentrale – sie alle müssten jetzt aktiv werden, um diese Nachfrage zu bedienen, sieht Winkelmann auch die Kommune in der Pflicht, die bis spätestens 2035 klimaneutral werden will: „Mit den bestehenden Angeboten, wie etwa die monatliche Solarsprechstunde der Stadt, bewältigt man das Interesse offensichtlich nicht. Gemeinsam in einer Allianz könnten wir noch mehr erreichen.“

Was wäre außerdem zu tun? Die Stadt könnte – wie andere Kommunen auch – eine Solarpflicht für Neubauten einführen, die eigenen Liegenschaften bestücken. Das ist seit Jahren ein Thema, nur voran kommt es kaum, mahnt Winkelmann. Zwar habe die Stadt sich mit längerfristigen Verträgen vor den aktuell rasant steigenden Energiepreisen geschützt, „aber auch die laufen aus. Es wäre deshalb ratsam, jetzt vorausschauend in Photovoltaik auf den eigenen Gebäuden zu investieren, damit man später gerüstet ist.“

Für den Broichstrom-Vize Winkelmann ist hingegen keine Frage: „Gemeinsam könnten sich alle Akteure in der Stadt ergänzen. Wir jedenfalls sind offen für Kooperationen.“