Mülheim. Der Verein Flying Hope fliegt kranke und behinderte Kinder kostenlos von einem Ort zum anderen. Am Flughafen Mülheim gab es ein Dankeschönfest.
Die Dankeschön-Party Fly am Flughafen leidet unter dem heißen Wetter. Im Laufe des Vormittags kommen permanent Absagen. „Zu heiß!“, heißt es – was angesichts der gefühlten 40 Grad kein Wunder ist. Für die schwerkranken oder schwerbehinderten Kinder, die dank Flying Hope leichter zu einem weit entfernten Therapieort oder auch in den Urlaub kommen, ist die Hitze eine große Herausforderung. Flying Hope fliegt diese Kinder kostenlos, die Piloten stellen ihre Zeit und ihre Maschinen zur Verfügung, der Sprit wird aus Spendengeldern beglichen.
Ein tolles Projekt! Das hat sich auch Tobias Bretzel gedacht, der bei der AERO in Friedrichshafen arbeitet und Flying Hope einen Messestand überlassen hat, an dem sich auch gleich zehn Piloten spontan für eine Tätigkeit beim Verein bewarben. Vorstandsvorsitzender Michael Offermann erzählt enthusiastisch davon. Als Dank darf Tobias Bretzel mit seiner Frau Lisa und dem fünfjährigen Sohn Kilian in Offermanns Flugzeug mitfliegen. „So’ne tolle Piper, und dann noch über das schöne Ruhrgebiet“ - Tobias Bretzel ist begeistert.
Mülheimer Kinder dürfen sich im Cockpit fotografieren lassen
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Zu fliegen, darauf hoffen auch die beiden elfjährigen Freunde Paul und Noah, doch unter den vielen Tombola-Losen, die Pauls Opa Bönnhoff gekauft hat, finden sich nur Nieten. Doch auch sie dürfen sich vor dem Einpropeller-Flugzeug fotografieren lassen und sogar ins Cockpit steigen. Die für Fotos bereitliegenden Pilotenhemden und -mützen nehmen sie leider erst später wahr. Sie hätten ihnen bestimmt vorzüglich gestanden, die aufrechte Haltung eines Piloten beherrschen sie nach dieser Stippvisite in der Piper.
Benjamin (3) kann noch nicht mal den Kopf eigenständig halten, geschweige denn stehen, denn er leidet unter der tückischen Krankheit Leukodystrophie Morbus Canavan, einer sehr seltenen Krankheit, bei der sich die weiße Hirnmasse immer mehr abbaut. Das erzählt Benjamins Mutter Lena Meschede ganz sachlich und sagt dann resolut: „Ich will kein Mitleid!“ Sie lächelt, weiß in diesem Moment Benjamin gut aufgehoben auf dem Arm ihres Mannes Lukas. „Er ist ein superfröhliches, superglückliches und zufriedenes Kind.“
Flying Hope fliegt Familien regelmäßig zu Spezialklinik in Hamburg
Für krankes Kind- Essener Arzt fliegt selbst nach SibirienDas stimmt. Die Bandbreite von Freude, die Benjamin mit seiner Mimik zum Ausdruck bringen kann, ist unfassbar groß – größer als bei den meisten Menschen. Als der Junge vier Monate alt war, fiel Lena auf, dass er sie nicht richtig anguckte, nicht lächelte, auch nicht nach Gegenständen griff – alles Dinge, die er längst hätte tun müssen. Als die Diagnose dann kam, war es ein Schock, gibt die junge Frau zu, lächelt aber dann. „Wir leben und genießen jeden Tag.“ Ihr Mann arbeitet inzwischen 80 Prozent, sie selbst hat jüngst wieder ihren Beruf – Grundschullehrerin – zu 13 Prozent aufgenommen.
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Inzwischen hat sie ein Elternnetzwerk von Kindern mit seltenen Erkrankungen im Raum Düsseldorf aufgebaut, die „Gemischte Tüte“ (www.gemischtetuete.org), bei dem sich Eltern gegenseitig unterstützen und stärken. Dazu gehört auch der Austausch über Therapiemöglichkeiten, Frühförderung, Ärzte, Therapeuten und Anlaufstellen - wie etwa Flying Hope. Denn für Familie Meschede steht regelmäßig ein Besuch in einer Hamburger Spezialklinik auf dem Plan. Flying Hope fliegt sie kostenlos dorthin, fliegt sie sogar auch in den Urlaub nach Bamberg. Nächste Woche steigen Lena und Benjamin in den Flieger, während Lukas mit dem Gepäck im Auto vorfährt. „Ich bin so dankbar dafür!“
Mülheimer Gastronom unterstützt den Verein Flying Hope
Und Benjamin liebt das Fliegen! Er steht aber auch auf Schokolade – am besten im Flugzeug. Unlängst konnte Lena mit Benjamin bei einem Motorradkorso im Beifahrerwagen mitfahren, ein tolles Erlebnis für den Kleinen, der die Fahrt extrem genossen hat. Während Lena Meschede noch erzählt, dass ihr Sohn es liebt, wenn jemand singt, beginnt auf der Bühne am Flughafen das Musikprogramm mit Benny und Joyce. Da strahlt Benjamin, als hätte jemand einen Lichtschalter angestellt, vermittelt so viel Freude, dass sie ansteckend wirkt. Als „Herzenswärmer“ hätte ihn mal jemand bezeichnet, erzählt Lena glücklich.
„Das erdet mich ungemein“, sagt Susanne Brörken von Flying Hope mit ruhiger Stimme, während sie die kleine Familie betrachtet, dann wird sie eindringlicher. „Wir wollen uns bekannter machen, damit immer mehr von uns erfahren, viele kennen uns gar nicht!“ Dabei existiert der Verein Flying Hope bereits seit fast zwölf Jahren. Brörken ist Vorstandsmitglied und für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Gemeinsam mit dem umtriebigen Michael Offermann konnte sie den Bekanntheitsgrad schon deutlich steigern, doch beide wollen noch höher hinaus. Heute, bei der Dankeschön-Party, wird Flying Hope durch Ted Terdisch unterstützt. Der Inhaber vom „CheckIn“ stellt sowohl Personal als auch Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung.