Mülheim. In der Gartenstadt Saarnberg-Siedlung in Mülheim öffneten viele Bewohner am Wochenende ihre Gärten für Besucher. Was es dort zu entdecken gab.

So einheitlich die Häuser der Saarnberg-Siedlung von der Straße aus wirken, es beeindruckt die Vielfältigkeit der dahinter liegenden Gärten. Sie haben sich aus ehemaligen Nutzgärten zur Selbstversorgung entwickelt. 13 Gärten stehen den Besuchern bei schönstem Sommerwetter zur Besichtigung offen.

Bevor es zum Bauerngarten von Heide und Heinz Sarrasch mit verkrüppelten Restbeständen von uralten Obstbäumen geht, beeindruckt eine schattige Terrasse direkt am Haus, die von einem ungewöhnlichen Blätterdach kühl gehalten wird. Die noch runden, etwas pelzigen Früchte sind hierzulande selten zu sehen – aus den Supermärkten aber mehr als bekannt: Hier steht ein Kiwibaum, der „vor dem ersten Frost“ beerntet wird, wie Heinz bereitwillig zur Auskunft gibt. Dann sind die Früchte noch steinhart, doch zusammen mit einem Apfel in einer Plastiktüte verpackt, werden daraus die leckeren Kiwis.

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Garten von Mülheimer Ehepaar durch optische Barrieren gestaltet

Im Naturgarten von Hobbygärtnerin Julia (re.): Besucher der Saarnberg-Siedlung in Mülheim informieren sich.
Im Naturgarten von Hobbygärtnerin Julia (re.): Besucher der Saarnberg-Siedlung in Mülheim informieren sich. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Der weitläufige Garten öffnet sich in Etappen, denn Familie Sarrasch hat bewusst verschiedene optische Barrieren errichtet, sodass die jeweiligen Beete und Anbauflächen – inklusive des hinteren Teils, der immer noch Nutzgarten ist – , jeweils genossen werden können. Beim Blick nach rechts zum Nachbarn entfährt so manchem Besucher ein Sehnsuchtsseufzer, denn dessen Pool ist allzu verlockend. Doch ausgerechnet dieser Garten gehört nicht zur Ausstellung.

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Dagegen freut sich linker Hand Bärbel Bohring über jeden Interessierten. Mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann Hans legte sie einen „Botanischen Garten & Steingarten“ an. „Exotisch und faszinierend“ wäre ebenfalls zutreffend, denn das Ehepaar hat von seinen vielen Reisen eine Menge Pflanzen mitgebracht.

Mülheimerin brachte Strelitzie vor 49 Jahren aus Madeira mit

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Bärbels Grundstück wirkt bedeutend länger als das von Sarraschs, denn eine geschwungene Rasenfläche führt – begleitet von Blumenfülle – bis zum hübschen Gartenteich. Vorbei an Lavagestein. Löcher hineingebohrt, eine Steinpflanze eingepflanzt, und schon ist eine Stein-Blumen-Idylle entstanden, die allerdings noch durch die Strelitzie im Treibhaus übertroffen wird. Eigentlich stammt sie aus Madeira, doch sie hält sich hier schon 49 Jahre lang. Vor zwei Jahren, da ging sie wegen der Kälte fast ein, doch durch ein beherztes Zurückschneiden konnte die 82-Jährige diese fantastische Pflanze retten.

Blumenliebhaber geben sich überall gegenseitig Tipps oder holen sich einen Ableger bei Julia Vollmer. Genauso hat sie selbst mit ihrem Naturgarten angefangen, „damit es kreucht und fleucht“, wie sie lachend sagt. Inzwischen längst Mitglied im Naturgartenverein zur nachhaltigen Gestaltung naturnaher Gärten und Grünflächen zur Förderung der biologischen Vielfalt, gehen Julia Pflanzennamen wie Natternkopf locker über die Lippen, und sie weiß, der lockt die vom Aussterben bedrohte Natternkopf-Mauerbiene herbei.

Beim Tag der offenen Gärten in der Saarnberg-Siedlung in Mülheim: Holzschilder verweisen darauf, was angepflanzt wurde und welche Tiere hier ein Zuhause finden.
Beim Tag der offenen Gärten in der Saarnberg-Siedlung in Mülheim: Holzschilder verweisen darauf, was angepflanzt wurde und welche Tiere hier ein Zuhause finden. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Holzschilder weisen auf die vielen Tiere im Garten hin

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„Das ist das Faszinierende am Naturgarten“, erläutert Julia: „Du pflanzt eine heimische Wildblume ein, und schwupps, sind die Tiere da.“ In ihrem bunten, extrem abwechslungsreichen Garten mit unzähligen gemütlichen Sitz- und Liegeecken stehen zuhauf erläuternde Holzschilder, die das sich hier tummelnde Getier abbilden. Die von ihrem Mann gepflegten Benjeshecken – eine Art Zaun aus Baum- und Heckenschnitt – eignen sich hervorragend als Trennung zwischen den verschiedenen Bereichen. Sie bieten aber auch Mäusen und vielen Insekten und Käfern Unterschlupf.

Jörg aus Bocholt lauscht Julias Ausführungen konzentriert, er will auch einen Naturgarten anlegen, fachsimpelt ein wenig mit der Hobbygärtnerin – auch über den Bläuling, der gerade hinter der roten Liege verschwindet, im nächsten Moment aber wieder sichtbar herumflattert. So viele Schmetterlinge und Insekten sind selten in dieser Fülle und Vielfalt zu erleben, wirklich großartig. Mit den Samenbomben zum Mitnehmen kann auch andernorts ein Anfang gemacht werden.

Gut, dass es zwei Tage der Offenen Gärten gibt, denn es ist schier unmöglich, mal eben ’kurz‘ in einen Garten hineinzuschauen. Da gibt es einfach zu viel zu sehen wie eine Imkerei, einen Hühnerstall. Aber auch viele Geschichten zu hören – wie zum Beispiel von der vermeintlichen Säulen-Sauerkirsche, die sich dann als Süßkirsche herausstellte – und trotzdem bleiben durfte.