Mülheim. Der Abriss der Luftschiffhalle auf dem Flughafen Essen/Mülheim startet. Ende der Woche ist das Wahrzeichen Geschichte. Ein Stimmungsbild vor Ort.

Halb acht am Dienstagmorgen nach Ostern. Auf dem Gelände der Westdeutschen Luftschiffgesellschaft (WDL) herrscht reger Betrieb. Ein bisschen Wehmut und ein wenig Aufregung liegen in der Luft. Der Abriss der Luftschiffhalle am Flughafen Essen/Mülheim startet. Schon am Ende der Woche soll das Wahrzeichen der Stadtgeschichte angehören – nach 33 Jahren Betrieb. Doch es gibt Startschwierigkeiten.

Ein Dutzend Bauverantwortliche in gelben Warnwesten und Helmen laufen umher – und fast genauso viele Pressevertreter aus der Region. Gemeinsam warten sie darauf, dass eine Hebebühne vor das Eingangstor der Halle gefahren wird. Sie wird benötigt, um die Folie zu zerschneiden. Das ist der erste Schritt vom geplanten Abriss. Doch das Fahrzeug hat sich auf der Wiese festgefahren.

Nach kleinen Startschwierigkeiten wird nach und nach die grüne Folie abgeschnitten

Ein Reifen dreht permanent durch. Der Fahrer probiert es immer und immer wieder. Er fährt vorwärts, wieder rückwärts, schlägt rechts ein, dann links. Nach zehn Minuten erleichtertes Aufatmen: Die Hebebühne bewegt sich. Der Motor brummt und mit einem lauten „Piep, Piep, Piep“ bewegt sich das Fahrzeug zur Startposition ans Tor. Die Halle erstrahlt im Morgenlicht.

Während das Filmteam vom WDR seine Kamera positioniert, fährt die Bühne ganz langsam nach oben zum ersten Stahlbogen. Auf der grünen Folie bildet sich ein Schatten mit den Silhouetten der beiden Bauarbeiter, die für das Schneiden verantwortlich sind. Sekunde für Sekunde steigen sie höher. Die restliche Crew steht unten am Boden und beobachtet die Szenerie.

„Wir hätten gerne schon ein Jahr eher angefangen. Aber pandemiebedingt hat sich das Projekt verzögert“, gesteht Daniel Dreier von der WDL. Dann schaut er zu den Bauarbeitern. „Gleich geht es endlich los.“ Der Pressesprecher ist gespannt, wie die Halle ohne Folie aussehen wird.

Am Ende der Woche soll die Luftschiffhalle in Mülheim komplett abgerissen sein

Eine halbe Stunde später ist es so weit. Um acht Uhr lehnt sich einer der Bauarbeiter über das Geländer der Hebebühne. Er setzt das Cuttermesser an, zieht den ersten Schnitt. Ganz langsam fährt die Hebebühne wieder herunter. Der Spalt wird immer länger. Erst auf der einen Seite, dann auf der anderen.

Der Mitarbeiter einer Spezialfirma setzt den ersten Schnitt am alten Hangar in Mülheim. Der Abriss der über 30 Jahre alten Luftschiffhalle der WDL auf dem Flughafen Essen/Mülheim hat damit begonnen und soll bereits Ende der Woche beendet sein.
Der Mitarbeiter einer Spezialfirma setzt den ersten Schnitt am alten Hangar in Mülheim. Der Abriss der über 30 Jahre alten Luftschiffhalle der WDL auf dem Flughafen Essen/Mülheim hat damit begonnen und soll bereits Ende der Woche beendet sein. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zehn Minuten dauert der Vorgang. Dann fällt der erste Streifen der Folie mit einem lauten „Ratsch“ zu Boden. Ein hochkantiges Rechteck legt den Blick ins Innere frei. Nach und nach werden einzelne Lappen abgeschnitten. Eine halbe Stunde später sind es erst fünf. Fehlen noch circa 35 Stück, um zumindest das ehemalige Tor komplett freizulegen.

„Ich bin mal gespannt, wie viele Rasierklingen wir dafür am Ende verbraucht haben“, sagt Dreier mit einem Lachen in der Stimme. Das Schneiden ist zeitintensiv. Immer wieder fährt die Hebebühne hoch und ganz langsam wieder herunter.

Zwei Tage lang wird die Folie der Halle abgetragen. Ab Donnerstag kommt ein Schwerlastkran zum Einsatz. Damit werden Stahlträger zerlegt und Fundamente entfernt. „Wenn alles gut geht, haben wir hier am Freitag eine blanke Platte“, so Dreier.

Neue Halle besteht aus einer Holzkonstruktion und einem silbernen Dach

Die neue Halle wird an derselben Stelle entstehen und gleich groß werden. Mit einem Unterschied: Statt Stahlträgern wird mit einer Holzkonstruktion gearbeitet. Sie wird größtenteils ineinandergesteckt und braucht nur ein paar wenige Schrauben. Als Dach ist eine Oberfläche aus Kalzit geplant, die leicht silbern schimmert. Wie in der Vergangenheit soll der neue Hangar sowohl als Unterschlupf für Luftschiff Theo genutzt werden als auch für Veranstaltungen.

Die neue Luftschiffhalle auf dem Flughafen Essen/Mülheim soll für noch mehr Glanz bei den Veranstaltungen sorgen.
Die neue Luftschiffhalle auf dem Flughafen Essen/Mülheim soll für noch mehr Glanz bei den Veranstaltungen sorgen. © Smyk Fischer Architekten

Mit dem neuen Look erhofft man sich nicht nur ein besonderes Ambiente. Die neue Konstruktion bietet noch mehr Vorteile, erklärt der verantwortliche Projektentwickler. „Die alte Halle war mehr wie ein Zelt. Im Winter war es drinnen superkalt, im Sommer superheiß. Wenn draußen ein Hubschrauber herflog, war es drinnen genauso laut wie draußen. Das ändert sich“, sagt Lars Römling.

Eineinhalb Jahre hat er mit einem 40-köpfigen Team die neue Eventhalle mit ressourcenschonendem Material geplant und ein Nachhaltigkeitszertifikat dafür bekommen. Durch die neue Verkleidung gibt es nicht nur eine viel höhere Schallisolierung, sondern auch eine bessere Dämmung.

Im Winter soll die neue Halle auf dem Flughafen Essen/Mülheim stehen

Blickwechsel ins Innere der Halle: Wo vor einer Stunde noch das grüne Tor war, tut sich mittlerweile ein riesiges rechteckiges Loch auf. Die Sonne blendet hinein. Am blauen Himmel schweben die beiden Bauarbeiter auf der Hebebühne. Wenn das nächste Stück der Plane herunterfällt, krabbeln zwei weitere Bauarbeiter unter die Stahlkonstruktion, um die Folie unten abzuschneiden.

Im Inneren der Luftschiffhalle auf dem Flughafen Essen/Mülheim stapelt sich die alte Folie auf dem Boden. Draußen steht Luftschiff Theo.
Im Inneren der Luftschiffhalle auf dem Flughafen Essen/Mülheim stapelt sich die alte Folie auf dem Boden. Draußen steht Luftschiff Theo. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

So geht es nach und nach. Wann der Neubau startet, ist bislang unklar. Fakt ist aber: „Im Winter sollte die neue Hülle stehen, sodass das Luftschiff wieder hinein kann. Danach folgt der Innenausbau für circa zwei bis drei Monate“, prognostiziert Römling.

Dreier sagt: „Ich bin total gespannt auf den Moment, wenn die Halle das erste Mal aufgeht und Theo herauskommt.“ Auch am Dienstag nennt er keine Kosten. „Viel spannender als eine Zahl finde ich, dass das Projekt komplett privatwirtschaftlich finanziert wird – für die Zukunft des Unternehmens und der Mitarbeitenden. Das ist schon etwas Besonderes für Mülheim.“