Mülheim. Nachhaltigkeit, Rassismus und Feminismus: Darum soll es beim großen evangelischen Jugendkongress „MH22“ in Mülheim gehen.
Immer mehr Menschen treten aus der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus. Ende 2021 rutschte die Zahl der Mitglieder erstmals unter die 20-Millionen-Grenze. „Für viele Jugendliche bedeutet Kirche nur noch der Kirchturm in ihrer Stadt“, sagt Landesjugendpfarrerin Tuulia Telle-Steuber.
Wie sich die Kirche in Zukunft verändern muss, um wieder mehr Menschen zu erreichen, ist daher eine zentrale Frage des Jugendkongresses „MH22“ der Evangelischen Jugend im Rheinland und des Amtes für Jugendarbeit der Evangelischen Kirchen im Rheinland, der am 7. Mai in Mülheim stattfindet.
Nachhaltigkeit und Diskriminierung: Zukunftskongress in Mülheim
Bis zu 500 Teilnehmende zwischen 16 und 24 Jahren aus ganz Deutschland können sich rund um den Mülheimer Kirchenhügel über die Themen austauschen, die ihnen – wie eine Umfrage gezeigt hat – wichtig sind: Neben der Zukunft der Kirche sind das Nachhaltigkeit, Partizipation und Diskriminierung.
Zu jedem dieser Punkte werden jeweils fünf verschiedene Veranstaltungen angeboten, darunter Podiumsdiskussionen, Theaterprojekte und Workshops unter anderem zu queeren Themen und feministischer Kirche – etwa mit Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gilberte Raymonde Driesen vom Mülheimerin Verein „Axatin“ klärt außerdem über Rassismus auf.
Auch Klima-Aktivistin Luisa Neubauer wird in Mülheim eine Rede halten. Zudem wird erstmalig der „Erdretter.in Award“ an soziale oder umweltfördernde Projekte von und für Jugendliche verliehen. Teilnehmende können auch bei der Aufzeichnung des Podcasts von Jan Schipmann vom Youtube-Kanal „Die Da Oben“, den fast 200.000 Menschen abonniert haben, live dabei sein.
Mülheimer: „Viele nehmen Kirche als sehr verkrustete Struktur wahr.“
Zum Krieg in der Ukraine wird es ebenfalls eine Diskussion mit zwei Experten und interessierten Jugendlichen geben. Darüber hinaus soll eine Graffiti-Wand mit Friedensbotschaften entstehen. Dass Mülheim Gastgeber des Zukunftskongresses ist, der in diesem Jahr zum ersten Mal stattfindet, ist für Simon Löwenberg von der evangelischen Jugend im Kirchenkreis An der Ruhr eine „große Chance“, um in der Stadt Sichtbarkeit für die Anliegen junger Menschen zu schaffen.
„Viele nehmen Kirche als sehr verkrustete Struktur wahr. Die Institution ist ja auch unheimlich alt“, sagt der Mülheimer. Er freue sich darauf, mit jungen Menschen aus ganz Deutschland über Ängste, Hoffnungen und Ziele zu sprechen – und das nicht virtuell, sondern in Präsenz. Denn insgesamt habe die Jugendarbeit in Pandemie-Zeiten gelitten. So musste 2020 bereits das in Mülheim geplante Jugendcamp abgesagt werden.
Genderdebatte in der Kirche: „Gott*“ oder „Gott+“?
Dabei ist es laut Löwenberg „allen Jugendlichen ein Anliegen, gehört zu werden. Und junge Menschen haben immer Interesse an Veränderung.“ So hat erst vor wenigen Monaten ein katholischer Jugendverband (KjG) die Debatte angestoßen, Gott künftig mit Gendersternchen zu schreiben – oder mit Genderkreuzchen. Die Schreibweise wäre dann „Gott*“ oder „Gott+“.
Auch interessant
„Wie können wir uns Gott vorstellen? Diese Frage spielt in Bibelübersetzungen schon lange eine Rolle“, sagt Landesjugendpfarrerin Telle-Steuber. Ob die Schreibweise künftig geändert werden soll, wurde in der Region allerdings bisher noch nicht diskutiert – ist jedoch auch ein mögliches Thema während des Mülheimer Kongresses. Die Ergebnisse werden im Anschluss an die Veranstaltung in Mülheim als konkrete Forderungen an die Kirchenleitung und die Politik weitergeleitet.
Anmeldung zum Jugendkongress
Der Zukunftskongress Jugend „MH22“ der Evangelischen Jugend im Rheinland findet am 7. Mai in Mülheim statt. Die Teilnahme ist kostenlos, für Verpflegung vor Ort gesorgt. Die Anmeldung für bis zu 500 Teilnehmende läuft bereit unter www.zukunftskongress.ejir.de. Interessierte können sich aber auch am Veranstaltungstag spontan vor Ort melden.