Mülheim. Lara (23) aus Mülheim macht eine Ausbildung zur Modedesignerin. Was dabei wichtig ist und warum die Modebranche nachhaltiger werden muss.

Aufgeregt wartet Lara aus der Wieschen im Backstage-Bereich, versucht durch den kleinen Schlitz im Vorhang einen Blick auf den Laufsteg zu erhaschen. Endlich betritt das Model, das ihr Design trägt, den Catwalk im Düsseldorfer Kunstpalast. Die Zuschauerinnen und Zuschauer applaudieren. „Ein überwältigendes Gefühl“, sagt die 23-Jährige rückblickend über ihre erste Fashionshow.

Dass ihre Kleider einmal auf den Laufstegen in Paris, Mailand oder London präsentiert werden, davon träumt die gebürtige Mülheimerin schon lange. Nun scheint sie diesem Traum einen Schritt nähergekommen zu sein: Seit einem halben Jahr wird sie am „Fashion Design Institut“ in Düsseldorf ausgebildet.

Mülheimerin besucht Modeschule in Düsseldorf

Zeichnen, Schnitte entwerfen, nähen: „Ich liebe es, meine eigene Kleidung zu entwerfen und Sachen zu tragen, die einzigartig sind“, sagt Lara. Inspiration für ihre Designs findet sie vor allem in ihrer Umgebung, sei es durch beeindruckende Architektur wie am Mülheimer Wasserbahnhof, in der Natur oder auch durch Gelenkbusse, die durch die Stadt fahren. „Diesen Ziehharmonika-Mechanismus möchte ich unbedingt noch in eines meiner Designs einbinden.“

Lara aus der Wieschen mit einer ihrer Kreationen.
Lara aus der Wieschen mit einer ihrer Kreationen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Ihre Kreativität musste sie bei der Aufnahme an der Düsseldorfer Modeschule unter Beweis stellen. Bei der Aufnahmeprüfung sollten sie und die anderen Bewerberinnen und Bewerber sich besondere Muster überlegen und diese zeichnen. Anschließend musste die Mülheimerin, die nach ihrem Realschulabschluss bereits eine Ausbildung zur Bekleidungstechnischen Assistentin absolvierte, sich noch in einem Gespräch behaupten – und bekam direkt die Zusage.

Mülheimerin über moderne Sklaverei in der Modebranche

„Ich war sehr überrascht und habe mich total gefreut“, sagt Lara, wenn sie an den Moment zurückdenkt. Mittlerweile hat sie das erste Semester geschafft, sechs weitere liegen noch vor ihr. Während der Ausbildung befassen sich die Schülerinnen und Schüler etwa mit Kostümgeschichte und dem Zusammenhang von Mode und Politik.

So hat Lara beispielsweise einen Mantel entworfen, der sich mit dem Thema Sklaverei auseinandersetzt, sowohl im Römischen Reich als auch in der heutigen Zeit. „In einem Secondhand-Laden habe ich einen alten Mantel gekauft. Den habe ich gekürzt, damit er an die Tuniken der Sklaven erinnert.“ Um aktuelle, prekäre Arbeitsbedingungen aufzugreifen, hat sie auch eine Warnweste der Amazon-Lieferanten in das Design integriert.

Modebranche gilt als einer der größten Umweltverschmutzer

„Das Thema ist aktuell. Auch die Näherinnen in Bangladesch werden zum Beispiel oft wie Sklaven behandelt“, so Lara. Sich kritisch mit der Modebranche auseinanderzusetzen sei Teil ihrer Ausbildung. Dabei spiele Nachhaltigkeit eine besonders große Rolle.

Die Modebranche gilt als einer der größten Umweltverschmutzer. Im Schnitt legt sich jeder Bürger und jede Bürgerin in der EU laut Europäischer Umweltagentur jährlich rund 15 Kilogramm an Bekleidung und weiteren Textilien zu. Dieser Verbrauch erfordere pro Person 391 Kilogramm Rohstoffe, neun Kubikmeter Wasser sowie 400 Quadratmeter Landfläche – und verursache damit einen CO2-Abdruck von rund 270 Kilogramm.

Wandel der Modebranche: Secondhand statt „Fast Fashion“

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Lara kauft schon lange nicht mehr bei den sogenannten „Fast Fashion“-Marken wie Primark, H&M oder Zara ein. Die großen Modeketten bringen fast jede Woche eine neue Kollektion auf den Markt, daher der Name „schnelle Mode“. „In Secondhand-Läden findet man oft tolle Einzelstücke. Das finde ich viel cooler, als bei H&M ein Kleid zu kaufen, das nach einer Woche schon kaputt ist.“ Außerdem hatte sie „das Glück“, den Kleiderschrank ihrer Oma zu erben: „Mein ganzes Zimmer ist voller toller Klamotten.“

Die Ausbildung

Die Ausbildung am „Fashion Design Institut“ kostet im ersten Jahr 440 Euro, im zweiten Jahr 460 Euro und im dritten Jahr 480 Euro pro Monat.

Die Düsseldorfer Modeschule gilt nach eigenen Angaben als staatlich anerkannte Ergänzungsschule. Absolventinnen und Absolventen erhielten nach dem Abschluss ein internes Diplom, das allerdings keinem akademischen Grad entspreche.

Während Lara im Alltag eher sportliche Kleidung trage, sind ihre Designs meist ausgefallen. Für ihre erste Fashionshow – die „Show Me“, welche die Modeschule immer zum Semesterende veranstaltet – entwarf sie ein Outfit, das an den Tod eines guten Freundes ihrer Familie erinnern soll. „Er ist verunglückt, als er einen gefrorenen Wasserfall hochklettern wollte und sich eine Eisscholle gelöst hat.“ In ihrem Design finden sich daher Eisschollen und Tränen wieder, aber auch eine große Sonne, die „Mut und Hoffnung“ spenden soll.

Angehende Designerin aus Mülheim: „Der Konkurrenzkampf ist groß“

Die junge Modedesignstudentin Lara aus der Wieschen entwirft auch Taschen.
Die junge Modedesignstudentin Lara aus der Wieschen entwirft auch Taschen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Man muss sehr herausstechen, um überhaupt gesehen zu werden“, sagt Lara. Ihre Lehrerinnen und Lehrer bereiten sie und ihre Mitschüler schon jetzt auf den harten Berufsalltag vor. „Eine Lehrerin hat gesagt, wir sollen lieber für uns selbst arbeiten, sonst bekommen wir Tausende Messer in den Rücken gerammt. Der Konkurrenzkampf ist groß.“

Lara wolle sich davon allerdings nicht abschrecken lassen und während ihrer Zeit an der Modeschule vor allem daran arbeiten, ihren eigenen Stil zu entwickeln – mit dem sie es vielleicht irgendwann auf die großen Laufstege der Welt schafft.