Mülheim. Susanne Lontz war mit ihrer bayerischen Herzlichkeit über elf Jahre das Gesicht der Tomate. Warum sie sich entschieden hat, das Lokal abzugeben.
Elf Jahre war sie für die Tomate da, „Tag und Nacht“ wie Wirtin Susanne Lontz sagt. Dann aber kam nicht nur Corona, sondern auch der Wunsch, mehr für ihre betagte Mutter da zu sein. Also packte die 48-Jährige in Mülheim ihre Koffer. Eine Nachfolge für den kultigen Biergarten an der Ruhr ist bereits gefunden. Wohin es Susanne Lontz nun gezogen hat.
„Ich hab elf Jahre lang mein Herz in die Tomate gesteckt, dabei ist die Familie auf der Strecke geblieben“, sagt Susanne Lontz in der Rückschau. Ihre Mutter lebe im Pflegeheim, erzählt Lontz. Bislang habe sie sie nur alle paar Wochen übers Wochenende besuchen können – sofern in der Tomate alles rund lief, keiner ausfiel und keine große Veranstaltung anstand. „Doch Corona hat mich nachdenklich gemacht“, sagt die 48-Jährige und fügt hinzu: „Ich finde, wir sind verpflichtet, unseren Eltern im Alter etwas zurückzugeben, Liebe und Zeit zu schenken. Meine Mutter ist jetzt richtig glücklich, das sieht auch meine Tochter.“
Ehemalige Tomate-Wirtin hat das Lokal zugunsten der Familie abgegeben
Daher sei gegen Ende des vergangenen Jahres der Entschluss gefallen, die Tomate, das kultige Lokal an der Dohne mit Biergarten oberhalb der Ruhr, und auch die Suppenküche, die Lontz an der Mellinghofer Straße betrieben hat, abzugeben. Die Tomate – das war bereits Anfang Januar bekanntgeworden – übernimmt das Team vom Fair1-Heim aus Saarn.
Über den neuen Betreiber, den sie als Nachfolger weiterempfohlen habe, sagt Lontz: „Ich finde, er hat ein tolles Konzept: Wir müssen umdenken und lernen, bewusster zu essen.“ Gleichwohl denkt sie auch an ihre Stammgäste, sagt die ehemalige Tomate-Wirtin: „Ich hoffe, dass gerade die Älteren nicht enttäuscht werden.“
Susanne Lontz zieht es von der Ruhr an die Isar
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Lontz hat Mülheim mit einem weinenden Auge verlassen: „Ich bin traurig um meine vielen Stammgäste, aber ein Abschiedsfest ist wegen Corona leider nicht möglich.“ Ihr tolles Tomate-Team habe sie durch die Corona-Zeit getragen: „Das waren wirklich zwei harte Jahre. Ich hatte durchgehend aufgemacht und gekämpft. Trotzdem bin ich enttäuscht von unserer Regierung, dass die Gelder so spät kamen.“ Der Schritt, das Lokal abzugeben, sei aber letztlich zugunsten der Familie gefallen.
Die Suppenküche an der Mellinghofer Straße betreibt nun einer ihrer ehemaligen Mitarbeiter weiter, schildert Lontz. Und auch die Köchin, die „schon Jahre in der Suppenküche kocht“, sei noch da. „Es geht weiter an beiden Orten. Beides ist in guten Händen“, ist Susanne Lontz überzeugt. So kann sie ihr neues, altes Leben genießen: in ihrer Heimat Bayern, in Landshut – von der Ruhr zurück an die Isar.