Mülheim/Essen. Prozess startet nach Tanklaster-Brand auf der A40 am Amtsgericht Mülheim. Der angeklagte Lkw-Fahrer sei reumütig und geständig, sagt sein Anwalt.

In Raum 118 am Amtsgericht Mülheim wird es ernst für einen früheren Lkw-Fahrer aus Essen. Am Dienstag kommender Woche startet der Prozess gegen den Mann, der vor anderthalb Jahren mit einem Tanklaster einen verheerenden Unfall auf der A40 verursacht hat. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm in der Anklage fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Brandstiftung vor. Der Mann wird sich vor dem Schöffengericht verantworten müssen. Im Fall einer Verurteilung könnte ihm eine Haftstrafe drohen. Wegen kleinerer Delikte ist der 42-Jährige bereits polizeibekannt.

Im Rahmen der Ermittlungen hatte der Essener auf Anraten seines Verteidigers André Wallmüller zunächst keine Angaben zur Sache gemacht. Im Prozess aber werde der 42-Jährige eine Aussage machen: „Im Rahmen der Hauptverhandlung wird er sich reumütig und geständig einlassen“, kündigt der Anwalt an. Sein Mandant habe sein Leben nach dem Unfall „komplett gewandelt“. Unmittelbar nach dem Crash - unter dem Einfluss von 1,77 Promille Blutalkohol - habe er sich in eine Entziehungsklinik begeben und für sechs Monate eine stationäre Therapie gemacht. Inzwischen gehe der 42-Jährige auch wieder einer regelmäßigen Tätigkeit nach. Als Lkw-Fahrer arbeite er nicht mehr, sondern im Lager eines Logistik-Unternehmens. Zur Arbeit fahre sein Mandant täglich mit dem Fahrrad. „Er ist geläutert“, sagt Wallmüller über seinen Mandanten.

Tausende Liter Treibstoff gingen in Flammen auf

Der für eine Essener Spedition fahrende Mann hatte am 17. September 2020 gegen 13.30 Uhr auf der Autobahn bei Mülheim-Styrum die Kontrolle über seinen Tanklaster verloren. Er kollidierte mit einem weiteren Fahrzeug und einer Betonleitplanke. Tausende Liter Treibstoff gingen in Flammen auf. Eine riesige Rauchwolke zog über Mülheim. Mehr als ein Jahr lang dauerte die Behebung der Schäden. Die Deutsche Bahn musste mehrere Behelfsbrücken für die bei dem Brand zerstörten bestehenden Bauwerke errichten, die über die Autobahn verliefen. Immer wieder wurden die Bahnstrecke und die A40 für die Arbeiten gesperrt. Erst im November 2021 waren die letzten Restarbeiten an der Stelle beendet.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, in dem er nach dem Unfall behandelt worden war, war der Lkw-Fahrer lange Zeit für die Ermittlungsbehörden nicht greifbar. Vorläufig festgenommen wurde er rund ein Jahr nach dem Unfall, als er mit seiner Freundin in den Türkei-Urlaub fliegen wollte. Aufgefallen war der Mann bei der Ausweiskontrolle am Düsseldorfer Flughafen. Inzwischen war ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden. Nach einigen Tagen kam er unter Auflagen aber wieder auf freien Fuß.

Deutsche Bahn macht Schadensansprüche geltend

Es dürfte am Dienstag ein kurzer Prozess werden. Die Vorsitzende des Schöffengerichts hat zunächst nur einen Verhandlungstag bestimmt. Neben dem Angeklagten ist gerade mal ein Zeuge geladen - der Autofahrer, der in den Unfall des Tanklasters verwickelt und wie der Lkw-Fahrer damals schwer verletzt worden war.

Abgeschlossen ist die Angelegenheit auch nach dem Termin am Amtsgericht noch nicht. Die Bahn hatte bislang immer davon gesprochen, dass bei dem Unfall und dem anschließenden Brand ein Schaden im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich entstanden sei. Schadensansprüche mache das Unternehmen bei der Versicherung der Spedition geltend, sagte eine Sprecherin. Das laufe auch bereits. Theoretisch könnte die Versicherung im Anschluss versuchen, sich einen Teil davon bei dem Fahrer zurückzuholen. Ob sich das lohnt, steht auf einem anderen Blatt.