Mülheim. Das oft schwierige Thema Holocaust soll für junge Menschen zugänglicher werden. Wie eine App über die Mülheimer Stolpersteine dabei helfen kann.

Um Jugendlichen den Zugang zum schwierigen Thema Holocaust zu erleichtern und sie für Hass, Hetze und antisemitische Tendenzen in der Gesellschaft zu sensibilisieren, hat der Westdeutsche Rundfunk (WDR) mit Hilfe lokaler Experten eine App entwickelt. Sie klärt auf über die Schicksale hinter den sogenannten Stolpersteinen, von denen es allein in Mülheim 168 gibt.

257 Kommunen aus ganz NRW waren eingebunden, rund 1000 Texte wurden geschrieben, 100 Vorlese-Audios eingesprochen, 100 Mini-Hörspiele produziert und mehr als 200 Graphic Storys gezeichnet. Auch Mitarbeiterinnen des Mülheimer Stadtarchivs beteiligten sich intensiv an dem Großprojekt.

Jana Kleine und Annett Fercho überprüften Daten und Fakten, ergänzten und korrigierten Texte und sichteten Bildmaterial, um es in die der App zugrundeliegenden Datenbank einzupflegen. Im April 2020 hatte der WDR erstmals ins Funkhaus nach Köln eingeladen, um seine Idee der technisch innovativen App vorzustellen, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt Mülheim.

Stolpersteine liegen zumeist an den letzten frei gewählten Wohnsitzen der Opfer

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Über die App können sich Nutzer auf einer Karte anzeigen lassen, wo die Stolpersteine liegen. Zumeist ist das an den letzten frei gewählten Wohnsitzen der Opfer des NS-Terror-Regimes. Routen sowie eine integrierte GPS-Navigation leiten von Stolperstein zu Stolperstein. Nutzer erhalten nähere Informationen über die Opfer anhand von Illustrationen, Hörspielen, biografischen Texte und historischen Fotos. Auch „Augmented Reality“-Elemente gehören zur App, also virtuelle Szenarien. Sie betten historische Aufnahmen in die heutige Umgebung ein.

Thematisiert wird die Verfolgung und Ausgrenzung von Menschen, die in Mülheim aufgewachsen sind, in Sportvereinen aktiv waren und vielleicht in der Nachbarschaft der Menschen gewohnt haben, die heute die App nutzen. Ein interaktiv verknüpftes Glossar hilft beim Verständnis.

Bisher sind erst zehn Prozent aller Stolpersteine NRWs in der App erfasst worden

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In der App sind alle ca. 15.000 in NRW verlegten Stolpersteine erfasst, auch alle 168 in Mülheim. Zehn Prozent der zugehörigen Biographien sind bislang über Text-, Audio- oder Video-Dateien aufbereitet, alle anderen sollen folgen. Daran arbeitet weiterhin das WDR-Team. Geeignetes Bildmaterial für die Mülheimer Stolpersteine wird vom Stadtarchiv recherchiert und dem WDR zur Verfügung gestellt.

Über eine Verlinkung in der App auf die Seite des Stadtarchivs sind aber auch jetzt schon alle Mülheimer Biografien abrufbar. Für die Mülheimer Gedenksteine wurden bisher eine Graphic Story und sechs Text-Storys erstellt, zu finden sind außerdem 16 Fotos. Annett Fercho vom Stadtarchiv weiß: „Wir sind gerade erst am Anfang.“ Wie lange es dauern wird, bis alle traurigen Geschichten der Mülheimer abrufbar sind, sei noch nicht absehbar. Nach und nach werde die Datenbank mit neuen Informationen bestückt.

Die kostenfreie Stolpersteine-NRW-App wurde für iOS und Android entwickelt, sie ist über die normalen Stores herunterzuladen. Informationen sind auch über die Website stolpersteine.wdr.de erhältlich und über die Homepage des Stadtarchivs.