Mülheim/Essen. Lkw-Fahrer wird nach Tanklaster-Brand auf der A40 vor dem Schöffengericht angeklagt. Der Mann hatte bei dem Unfall 1,77 Promille Alkohol im Blut.

Mehr als ein Jahr nach dem verheerenden Tanklaster-Brand an der A40 bei Mülheim hat die Staatsanwaltschaft den Unfallfahrer angeklagt. Dem inzwischen 42-jährigen Essener werden eine fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Brandstiftung vorgeworfen. Der Mann wird sich vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Mülheim verantworten müssen, wenn das die Anklage zulässt. Im Falle einer späteren Verurteilung könnte ihm eine Haftstrafe drohen.

Der für eine Essener Spedition fahrende Lkw-Fahrer hatte am 17. September des vergangenen Jahres in den Mittagsstunden gegen 13.30 Uhr auf der Autobahn bei Mülheim-Styrum die Kontrolle über seinen Tanklaster verloren. Er kollidierte mit einem weiteren Fahrzeug und einer Betonleitplanke. Durch den Unfall entzündete sich die Ladung, mehrere tausend Liter Treibstoff gingen in Flammen auf. Sie beschädigten nicht nur den Fahrbahnbelag, sondern vor allem massiv auch mehrere über der Autobahn verlaufende Brücken der Deutschen Bahn. Eine riesige Rauchwolke zog über Mülheim.

Ein Jahr lang dauerte die Behebung der Schäden. Immer wieder mussten für die Bauarbeiten auch die Autobahn gesperrt und der Zugverkehr ausgesetzt werden. Die Deutsche Bahn baute mehrere Behelfsbrücken für die bei dem Brand zerstörten bestehenden Bauwerke. Beschäftigen werden die Unfallfolgen das Unternehmen und auch die Pendler im Ruhrgebiet noch in vielen Jahren. Perspektivisch müssen die Behelfsbrücken durch komplette Neubauten ersetzt werden. Einen Zeitplan dafür gibt es noch nicht.

Lkw-Fahrer war ein Jahr lang für die Ermittlungsbehörden nicht greifbar

Als Unfallursache für den Fahrfehler, der die verhängnisvolle Kollision auslöste, gilt die erhebliche Alkoholisierung des Lkw-Fahrers zum Zeitpunkt des Crashs. Die sogenannte Blutalkoholkonzentration ergab einen Wert von 1,77 Promille. Der Lkw-Fahrer war wie auch der Fahrer des anderen Fahrzeugs selbst bei dem Unfall schwer verletzt worden. Nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war, war er für die Ermittlungsbehörden lange Zeit nicht greifbar. Schließlich wurde er auch per Haftbefehl gesucht. Ein Jahr nach dem Unfall wurde der Mann am Düsseldorfer Flughafen an der Ausweiskontrolle erwischt. Er hatte mit seiner Lebensgefährtin für eine Woche in den Türkei-Urlaub fliegen wollen.

Nach der vorläufigen Festnahme am Flughafen saß der Mann einige Tage wegen des Haftbefehls in Untersuchungshaft. Bei einem Haftprüfungstermin wurde er dann gegen Auflagen wieder auf freien Fuß entlassen. Dreimal pro Woche musste sich der Mann bei der Polizei melden. Vorwürfen, er sei nach der Entlassung abgetaucht, trat sein Anwalt vor zwei Monaten vehement entgegen. Sein Mandant sei zwar wegen einer Entziehungskur über einen längeren Zeitraum stationär in einer Klinik behandelt worden und deshalb nicht erreichbar gewesen. Davor und danach sei er aber „unter seiner Meldeadresse aufhältig“ gewesen.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass durch den Unfall ein Schaden von „mindestens zehn Millionen Euro“ entstanden sei. Sie räumt aber auch ein, dass dieser „noch nicht abschließend zu beziffern“ sei. Die Deutsche Bahn hatte bislang eine Summe im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich genannt. Unabhängig von den strafrechtlichen Folgen könnten auf den Fahrer im Anschluss auch zivilrechtliche Forderungen nach Schadensersatz zukommen. Nach seiner vorläufigen Festnahme hatte der Essener, der wegen kleinerer Delikte bereits polizeibekannt ist, auf Anraten seines Anwalts geschwiegen. Wann es zu einem Prozess gegen ihn kommen könnte, ist noch nicht abzusehen.