Mülheim. Premiere im Mülheimer Ringlokschuppen: Company zeigt mit „Standard“ eine Choreografie, die vom Gesellschaftstanz inspiriert wurde, aber mehr ist.
Die Company Cocoon Dance hat sich seit 2016 einen exzellenten Ruf in der internationalen Tanzszene erarbeitet, sie ist weltweit unterwegs. Den Ringlokschuppen hat sie für ihre nächste Premiere ausgewählt. Am Samstag, 30. Oktober, um 15 Uhr ist dort „Standard“ zu sehen – eine Choreographie, die vom Bewegungsvokabular des konventionellen Gesellschaftstanzes inspiriert wurde, aber viel mehr ist.
„Gesellschaftstanz hatte manchmal auch etwas Subversives“
„Wir haben uns mit der Geschichte des Gesellschaftstanzes beschäftigt. Der Standardtanz steht Etikette für eine geordnete und normative Gesellschaft, er war aber auch immer ein Frei- und Experimentierraum, hatte manchmal sogar etwas Subversives. Die Menschen tanzten, um beispielsweise im Rausch der Geschwindigkeit die Kontrolle zu verlieren. Der Walzer war deshalb sogar mal verboten“, erklärt Dramaturg Rainald Endraß.
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In Workshops mit Weltmeistern des Standardtanzes und anderen Experten machten sich die sechs Tänzerinnen und Tänzer mit dem betreffenden Bewegungsrepertoire vertraut. Die normierten Körperbilder des Standardtanzes haben sie in der Choreographie von Rafaele Giovanola dann aber aufgelöst und neu gedacht. „Sie haben sie analysiert, auseinandergenommen und wieder neu zusammengesetzt. So sind neue tanzende Körper mit neuen Bewegungskonzepten entstanden – und letztlich sozusagen ein Vorschlag für ein ganz neues Geschöpf“, berichtet Rainald Endraß.
Die Tänzer bewegen sich auf einem spiegelnden Teppich
Die Company
Cocoon Dance wurde 2000 von der Choreografin Rafaële Giovanola und dem Dramaturgen Rainald Endraß anlässlich einer Einladung zum Festival OFF Avignon gegründet.Seither sind über 40 abendfüllende Produktionen entstanden. Die Company hat auch mehrere Preise erhalten.
Die Tänzer bewegen sich auf einem spiegelnden Teppich, die ganze Zeit hindurch in gebückter Haltung. Der Boden ist ihr Lebensmedium. Rücken und Po sind ihre wichtigsten Ausdrucksmittel, ihre Gesichter sind kaum zu sehen. „Die Geschöpfe bewegen sich leicht und elegant – wie auf einem anderen Planeten, sie haben eine besondere Aufmerksamkeit füreinander, nehmen sich anders wahr, kommunizieren anders als etwa aufrecht gehende Körper“, sagt Choreographin Rafaele Giovanola. „Der Mensch muss nicht auf zwei Beinen laufen und den Kopf oben haben“- diese Metapher stehe auch dafür, dass die Welt sich gerade rasant verändere und der Mensch sich neu definieren müsse, so Endraß.
Die Musik zu „Standard“ haben die beiden Komponisten Franco Mento und Jörg Ritzenhoff entwickelt. Letzterer hat den Kanon der Standardtanzmusik studiert und Material daraus ausgewählt. Franco Mento hat die Tanzproben begleitet und unter Einbeziehung dieses Materials live vor Ort ausprobiert, welche musikalischen Motive zu den Bewegungen der Tänzer passen könnten. Entstanden ist eine ganz besondere Komposition.
„Standard“ ist auch am 31. Oktober um 18 Uhr im Ringlokschuppen zu sehen. Karten gibt es über die Homepage ringlokschuppen.ruhr. Es gilt die 3G-Regelung.