Mülheim. Eine Uraufführung steht im Theater an der Ruhr in Mülheim an. „Nathan Death“ wirft viele Fragen zu den großen monotheistischen Religionen auf.

Der Glaube war und ist mit Ausschließlichkeit und mit Machtansprüchen eng verknüpft – vor allem auch bei den monotheistischen Religionen. „Der Glaube an einen einzigen Gott führt dazu, andere Religionen zu negieren“, sagt Philipp Preuss, Mitglied der künstlerischen Leitung des Theaters an der Ruhr. In seiner Inszenierung von „Nathan Death“ hinterfragt er die Rolle der Religionen als Ideologien. Das Stück – eine Koproduktion im Rahmen der Theaterallianz vier.ruhr – wird am Freitag am Raffelberg uraufgeführt.

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Autoren-Duo schreibt neue Version von Lessings Drama

„Nathan Death“ ist eine Auftragsarbeit. Das Theater an der Ruhr bat die Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel vor geraumer Zeit, sich mit dem Stoff von Lessings „Nathan der Weise“ auseinanderzusetzen und eine eigene aktuelle Version des Dramas zu schreiben. „Der Konflikt zwischen den Religionen besteht auch heute. Das allein ist Grund genug, sich mit dem Thema zu beschäftigen“, sagt Helmut Schäfer, Mitbegründer des Mülheimer Theaters. In Lessings Werk geht es um die drei monotheistischen Religionen und die Begriffe Humanismus und Toleranz, die in der Aufklärung eine große Rolle spielen.

Zaimoglu und Senkel haben eine Story entwickelt, die drei ganz unterschiedliche Menschen in den Fokus nimmt: einen orthodoxen Christen, einen orthodoxen Juden und einen muslimischen Fundamentalisten. „Von der sehr narrativen Geschichte haben wir uns bei der Erarbeitung der Produktion ein wenig entfernt“, so Philipp Preuss. Die wichtigsten Motive aus dem Text finden sich in der Inszenierung aber wieder.

„Warum beanspruchen monotheistischen Religionen die Wahrheit für sich?“ ist dabei eine von vielen Fragen. „Der Wahrheitsbegriff kommt nicht aus der Philosophie, sondern aus den Religionen. Er ist Ausgangspunkt für Missionierung und Gewalt“, erklärt Helmut Schäfer. Denn: Verkoppelt mit dem Wahrheitsanspruch seien immer auch Ansprüche – vor allem auf Macht.

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„Erfindung des Monotheismus ist Beginn des Patriarchats“

Eine These des Stückes lautet zudem, dass die Erfindung des Monotheismus – in der Geschichte der Menschheit noch gar nicht so alt – der Beginn des Patriarchats ist. Die drei Rollen im Stück – Vertreter der drei Religionen – werden aus diesem Grund auch von drei Frauen gespielt: von Gabriella Weber, die schon lange zum Ensemble des TaR gehört, und von den zwei Neuzugängen Sarah Hoelscher und Berit Vander. Sie verwandeln sich in Männer.

Großen Anteil an der Inszenierung hat auch der israelische Choreograph Nir de Volff. Er hat mit den Darstellerinnen viel Körperarbeit gemacht, vor allem nach dem Atmen geschaut. „Welche Energie aktiviert der Text in ihrem Körper? Welche Erfahrungen mit spirituellen Ideen stecken – vielleicht auch unbeachtet – im Körper der Darstellerinnen? Welche Emotionen finden durch Atmung den Weg nach draußen? „Auch die Verwandlung von Frau zu Mann fand ich spannend. Wir haben uns mir der Gender-Thematik beschäftigt“, sagt de Volff.

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Musik aus Horrorfilmen unterstreicht das Bühnengeschehen

Die Bühne ist eine Art schlichter Galerieraum – dieser verändert sich durch verschiedene Lichtspiele aber immer wieder. Musik aus Horrorfilmen unterstreicht das Spiel. „Religion hat auch immer mit Angst zu tun“, sagt Philipp Preuss. Weil sie Grauen verbrieten kann. Aber auch, weil sie die Frage nach dem Leben nach dem Tod beantwortet. Das Versprechen auf ein besseres Jenseits halte die Menschen davon ab, zu revoltieren.

Termine & Regeln

Die Premiere am Freitag, 24. September, ist ausverkauft.Das Stück wird in den nächsten zweieinhalb Wochen acht Mal in Folge gezeigt. Letzter Termin ist der 10. Oktober. Info: theater-an-der-ruhr.de.Es gilt die 3G-Regelung, am Eingang wird kontrolliert. Im Theatersaal kann man die Maske absetzen. Die Zuschauer sitzen im Schachbrettmuster. Es gibt eine Frischluftlüftung.

Nicht zuletzt stellt „Nathan Death“ die Frage nach Toleranz und kritisiert die Intoleranz des Fundamentalismus. Toleranz könne aber auch zur Ideologie und sogar repressiv verordnet werden. Das Autoren-Duo Zaimoglu/Senkel äußert folgenden Zweifel: „Ist Toleranz in unserer Welt überhaupt erlebbar?“