Mülheim. Der Bahnhof in Mülheim-Styrum wurde kürzlich von Graffitikünstlern gestaltet. Unbekannte haben jetzt das Werk in der Unterführung beschmiert.

In der Sprayerszene gibt es einen Ehrenkodex: Graffitikunstwerke anderer Künstler zu verunstalten ist eigentlich tabu. Dennoch hat es gerade mal zwei Monate gedauert, bis die frisch gestalteten Wände der Unterführung am Styrumer Bahnhof erneut Ziel von Schmierereien geworden sind. In großen schwarzen Lettern hat ein Unbekannter mit „Oberhausen Hurensöhne“ und „RWE“ (was vermutlich für den Fußball-Regionalligist Rot-Weiss Essen stehen soll) eine deutliche, wenn auch wenig kreative Botschaft hinterlassen.

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Ärgerlich und nicht schön anzusehen, für Graffiti-Künstler Marten Dalimot, der die dunkle Unterführung im Dezember gemeinsam mit Fabian Eidt im Auftrag der Deutschen Bahn mit lokalen Motiven und freundlichen Farben verschönert hat, jedoch keine große Überraschung. „So ein Bahnhofsdurchgang ist immer ein Sonderfall“, erklärt der erfahrene Sprayer, der seine Kreativität auch schon am Mülheimer Hauptbahnhof unter Beweis gestellt hat und Inhaber der Mindstates Kreativagentur ist. „Dort gibt es keine große soziale Kontrolle, und solch ein Schriftzug ist schnell gemacht.“

Die Schmierereien lassen auf eine Fehde zwischen Fußballfans schließen

Auch über den Inhalt der Nachricht wundert sich Dalimot nicht. Schon vor der Verschönerungsaktion ließen die Graffiti auf einen kleinen Privat-Krieg unter Fußballfans schließen, der im Tunnel ausgetragen worden sei. Dass die Schmierereien jedoch „nur“ die grafischen Elemente und nicht die künstlerisch wertvollen Graffiti, wie das Mülheimer Wappen oder den Turm des Schloss Styrum, getroffen hätten, zeuge davon, dass es wahrscheinlich doch noch eine gewisse Hemmschwelle gebe.

BDas Kunstwerk von Marten Dalimot und Fabian Eidt im Durchgang am Bahnhof Mülheim-Styrum wurde beschmiert. Die Täter sprühten die Farbe auf grafische Elemente.
BDas Kunstwerk von Marten Dalimot und Fabian Eidt im Durchgang am Bahnhof Mülheim-Styrum wurde beschmiert. Die Täter sprühten die Farbe auf grafische Elemente. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Da immer damit zu rechnen sei, dass insbesondere Menschen, die eigentlich nichts mit der Sprayerszene zu tun hätten, den Ehrenkodex missachten würden, versieht der Graffiti-Artist und Airbrush-Künstler seine Auftragsarbeiten immer mit einem speziellen Graffitischutz. „Dadurch ist so ein Schriftzug eigentlich ganz gut zu entfernen“, sagt Dalimot. „Man sollte nur nicht zu lange warten.“

Kein Zusammenhang mit den Schalke-Schmierereien am Ruhrufer

Dass solche Sachbeschädigungen schnell entfernt werden sollten, darauf verweist auch Polizeisprecher Peter Elke. „Wehret den Anfängen, denn wenn so eine Sauerei dort länger verweilt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich andere dazu gesellen“, sagt Elke und spielt damit auf die so genannte „Broken-Windows-Theorie“ an. Diese besagt, dass eine mit Graffiti beschmierte Hauswand, Müll auf der Straße, ein eingeschlagenes Fenster erste Anzeichen des Verfalls eines Stadtviertels sein können und eine Abwärtsspirale in Gang setzen.

Legale Flächen für Graffiti

Um illegalen Sprayern die Motivation zu nehmen, bieten Kommunen, das Land und auch die Deutsche Bahn häufig legale Flächen für Graffiti an.

In Mülheim finden sich solche legalen Auftragsarbeiten unter anderem am Hauptbahnhof und am ehemaligen Frauengefängnis.

Einen Zusammenhang mit den Schalke-Schmierereien, die in letzter Zeit unter anderem an die Natursteinwand am Leinpfad gesprüht wurden, sieht Elke jedoch nicht. Diese seien ganz klar den „Ultras Gelsenkirchen“ zuzuordnen. Und auch er vermutet den oder die Verursacher nicht in der Sprayerszene. „Es gibt leider jede Menge solcher Schmierfinken, die mit Graffitikunst nichts am Hut haben.“ Da ginge es tatsächlich nur darum, etwas zu zerstören oder andere zu beschimpfen.

Die Verursacher haben einen Schaden von rund 1000 Euro angerichtet

Die Schmierereien, so ein Bahnsprecher, würden noch am Dienstag entfernt. Der entstandene Schaden liege bei etwa 1000 Euro. Auch wenn es natürlich sehr ärgerlich sei, wisse man noch nicht, ob man Anzeige gegen Unbekannt erstatten werde, aber es sei davon auszugehen. Insgesamt hätte der Vandalismus in Zeiten von Corona aber abgenommen, heißt es seitens der Deutschen Bahn. Denn Zerstörungen würden vermehrt vor und nach Großveranstaltungen auftreten, die ja momentan pandemiebedingt ausfielen.