Seit November sind Mülheims Tanzflächen geschlossen. Betreiber hoffen, bald wieder unterrichten zu dürfen – und setzen derweil auf Online-Kurse.

Mülheim. Die Tanzsäle sind verwaist, das Parkett sammelt Staub. Seit Anfang November hat es sich in Mülheims Tanzschulen ausgetanzt. Wieder einmal. Denn schon beim letzten Lockdown im Frühjahr des vergangenen Jahres waren Tanzschulen mit die Ersten, die zumachen mussten. Und werden auch diesmal wohl unter den Letzten sein, die wieder öffnen dürfen.

Franz Jansen, Tanzlehrer und Inhaber der Mülheimer Altstadt Tanzschule befürchtet, dass dies bis Ostern so bleiben wird. Normalerweise habe man in der Winterzeit und Anfang des Jahres den meisten Zulauf an Tanzneulingen. „Die Schüler, die normalerweise von Januar bis April anfangen und dann in Aufbaukursen weitermachen, die fehlen uns jetzt natürlich“, zeigt sich Jansen im Hinblick auf die Zukunft besorgt.

Viele Mitglieder sind sehr kulant und zahlen ihre Beiträge weiter

Hohe Summen investiert

Der Allgemeine Deutsche Tanzlehrerverband (ADTV) kritisierte bereits Anfang November, dass trotz streng entwickelter Hygiene- und Lüftungskonzepten die Tanzschulen schließen mussten. Viele Tanzschulen hätten hohe Summen in diese Maßnahmen investiert und ständen nun teils vor existenziellen Schwierigkeiten.

Außerdem könnten Teilnehmer von Kursen genau nachverfolgt werden, im Gegensatz zu Kunden im Supermarkt.

„Es wird Jahre dauern, bis wir bei der Stammkundschaft wieder das Vorkrisenniveau erreichen.“ Auch wenn viele Mitglieder sehr kulant seien und weiter ihre Mitgliedsbeiträge zahlen, seien natürlich auch einige Kündigungen eingegangen. Vor allem ältere Mitglieder der Tanzschule hätten aus Angst vor Ansteckung nach dem ersten Lockdown gekündigt. Man habe gut gewirtschaftet und dank der zahlenden Mitglieder ist Jansen im Hinblick auf dieses Jahr noch optimistisch.

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Das aktuelle Problem in der Branche ist eines, das sie mit vielen anderen Unternehmen teilt: Aus den November- und Dezemberhilfen sollten die Unternehmen unterstütz werden, aber bisher seien nur Abschläge gezahlt worden. Ein Punkt, den auch Thorsten Ritter kritisiert. „Für das Berufsverbot und den Eingriff in unsere Eigentumsrechte würden uns eigentlich finanzielle Entschädigungen zustehen und keine Billigkeitsleistungen, deren Regeln, Voraussetzungen, Höhe der Summen nachträglich immer wieder geändert werden können“, sagt Ritter, der seine gleichnamige Tanzschule in der Innenstadt betreibt.

Es bliebt abzuwarten, was am Ende vom Staat gezahlt wird

„Eilanträge von Kollegen, um Schließungen zu verhindern, hat unter anderem das Oberverwaltungsgericht Münster abgelehnt, eben mit der Begründung, dass die Betriebe ja entschädigt würden.“ Entschädigung und Billigkeitsleistungen, das sei ein großer Unterschied, so Ritter, und es bleibe abzuwarten, was letztlich gezahlt wird.

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Zu sehr auf staatliche Hilfe setzt Ritter sowieso nicht. Schon ganz am Anfang der Pandemie haben Ritter und seine Mitarbeiter sehr schnell ein digitales Angebot auf die Beine gestellt, das gut angenommen wird. „Viele Gäste sind uns treu geblieben und auch neue Tanzbegeisterte sind jederzeit eingeladen in unser digitales Programm zu schnuppern.“

Der Vorteil des digitalen Programms läge auch darin, dass die Gäste viel Neues und Exotisches ausprobieren könnten, was sie im Normalbetrieb wahrscheinlich nicht gemacht hätten.“ Daher ist sich Tanzlehrer Ritter sicher, dass auch nach Corona das digitale Angebot weiterhin eine Rolle spielen wird. Und er bleibt optimistisch: „Wir haben momentan eine enorme Durststrecke, es ist nicht einfach, aber wir werden durchhalten.“

Bälle und Wettkämpfe fallen für die Tänzer aus

Doch nicht nur das Finanzielle trifft die Tanzschulen hart. Durch Corona fallen Bälle und Wettkämpfe aus. Turniertänzer können nicht trainieren, da auch sie die Räumlichkeiten der Tanzschulen nicht nutzen dürfen, auch nicht nur zu zweit, weiß Peter Schemkes zu berichten. „Das trifft die Turniertänzer hart, denn wer schonmal Tanzmeisterschaften gesehen hat, weiß, dass die Tänzer viel Platz benötigen, den sie zuhause natürlich nicht haben“, sagt der 1. Vorsitzende und Tanzlehrer des Tanz Turnier Clubs (TTC) Mülheim.

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Da es sich bei TTC um einen eingetragenen Verein und nicht um eine Tanzschule handelt, habe man keinen Anspruch auf die Überbrückungshilfen, könne höchstens aus dem Topf für Sportvereine Unterstützung erfahren. Noch sei das aber nicht nötig. „Spare in der Zeit, so hast Du in der Not“, so der Volksmund, das habe sich bewährt.

Tanzlehrerin: Die Krise hat uns alle zusammengeschweißt

Absolut optimistisch und zuversichtlich zeigt sich Mara Essers. Die 27-jährige Inhaberin der Tanzschule „dance it“ ist unheimlich stolz auf ihr Team und auch auf ihre tanzenden Mitglieder. Die Krise habe alle zusammengeschweißt, die „dance it“-Familie halte fest zusammen. „Wir haben sehr schnell reagiert und die Kurse digital angeboten und Übungsvideos verschickt“, erinnert sich Essers an den ersten Lockdown. „Und wir haben das Glück, dass uns unsere Mitglieder wirklich ganz doll unterstützen und wir enorm viel, positiven Zuspruch bekommen.“

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Mittlerweile bietet die Tanzschule mit „All you can dance“ eine Tanz-Flatrate an, die von den Tanzschülern auch rege genutzt wird. „Manche sind fünf bis sechs Mal die Woche dabei, probieren etwas aus, was sie sonst eventuell nicht gemacht hätten.“ So gäbe es doch auch ganz viel Positives, was man aus der Krise mitnehmen könne.