Mülheim. . Für eine denkmalgeschützte Mülheimer Villa läuft ein Zwangsversteigerungsverfahren. Offiziell auf dem Markt war sie für fast drei Millionen Euro.

Eins der eigentlich herrschaftlichsten und prominentesten Anwesen in Mülheim könnte bald unter den Hammer kommen. Der Villa Magis in Menden droht die Zwangsversteigerung. "Bei uns ist ein Verfahren anhängig", bestätigt Susanne Galonska-Bracun, Direktorin des Mülheimer Amtsgerichts, auf Anfrage. Derzeit werde der Verkehrswert der Immobilie begutachtet, was sich noch einige Wochen hinziehen könnte. Einen Termin für eine öffentliche Zwangsversteigerung gibt es daher bislang nicht.

Bis vor einiger Zeit hatte ein Makler aus Dortmund das Anwesen noch in seinem Portfolio. 2,88 Millionen Euro wurden als Kaufpreis aufgerufen. Es soll zwar Interessenten und etliche Besichtigungen gegeben haben, zu einem Abschluss kamen die Verhandlungen aber nicht.

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Die Zwangsversteigerung dürfte nicht nur wegen des zu erwartenden Preises und der städtebaulichen Bedeutung der Immobilie, sondern auch wegen der Verfahrensbeteiligten über Mülheims Stadtgrenzen hinaus für öffentliches Interesse sorgen: Die Villa Magis befindet sich im Besitz von Günther Dahms, einst Chef der ehemaligen Modekette "Coast", frenetischer Radsportfan und Betreiber des früheren gleichnamigen Teams, das bei großen Rundfahrten an den Start gegangen war. Dahms soll derzeit versuchen, die noch bewohnte Villa unabhängig vom laufenden Zwangsversteigerungsverfahren auf eigene Faust auf dem freien Markt zu verkaufen, was auch zulässig wäre.

Ex-Radsport-Star Jan Ullrich ist einer der Gläubiger

Neben mehreren Banken ist einer der Gläubiger der auf der Villa Magis lastenden Schulden der Ex-Radsport-Star und frühere "Coast"-Profi Jan Ullrich, der sich mit Dahms jahrelange Auseinandersetzungen vor diversen Gerichten geliefert hatte. Die endeten damit, dass dem Radfahrer in mehreren Instanzen die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 340.000 Euro plus Zinsen wegen nicht gezahlter Gehälter zugesprochen wurde. Dahms hatte sich mit seinem Radteam offenbar übernommen. Nach einer Sperre durch den Weltverband schlitterte die Betreibergesellschaft in die Pleite. Das Team wurde aufgelöst.

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"Villa mit Parkgrundstück in Alleinlage über der Ruhr!" - so war die Anzeige des Maklers in einem Immobilienportal überschrieben. An der Mendener Höhe, einer Sackgasse inmitten von Feldern und Wald, schweift der Blick tatsächlich weit über den Fluss. Die wenigen weiteren Anwesen auf diesem Hügel stehen in größerem Abstand. Nicht weit ist es zur Entspannung im Grünen im nahen Witthausbusch. Einzig der Lärm der Ruhrtalbrücke in der Ferne kann je nach Windrichtung ein wenig das Idyll stören.

620 Quadratmeter Wohnfläche, mehr als 20.000 Quadratmeter Grundstück

620 Quadratmeter beträgt die Wohnfläche in der in einem Bogen gebauten freistehenden Villa Magis, deren Grundriss selbst auf Bildern von Google Earth gut zu erkennen ist. Das Grundstück umfasst laut der Anzeige mehr als 20.000 Quadratmeter mit dichtem Baumbestand. Im Untergeschoss befinden sich ein Schwimmbad und ein Weinkeller.

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Bis 1957 ließ sich der Oberhausener Modeunternehmer Hans Magis, Besitzer der gleichnamigen früheren Modekette, das feudale Anwesen bauen, in dem es fein säuberlich getrennte Bereiche für Hausherr, Hausdame, Kinder und Personal gab. Dahms übernahm die Villa Magis nach dem Tod des früheren Besitzers 1990.

"Die denkbaren Nutzungsmöglichkeiten der Villa liegen neben der klassischen Eigennutzung zu Wohnzwecken, bei einer Nutzung als Boarding House, als Seminarhaus für Führungskräfte oder auch als exklusive Hotelanlage", so hatte es der Makler in seiner Anzeige als Kaufanreiz für Interessenten formuliert. Allerdings gibt es seit Oktober des vergangenen Jahres einen großen Haken, den es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Inserats noch nicht gab.

Seit Ende Oktober steht die Villa Magis unter Denkmalschutz

"Die Villa wurde am 28.10.2020 gem. § 3 Denkmalschutzgesetz in die Denkmalliste eingetragen", teilt die Stadt Mülheim mit. Ihr Erhalt sei wegen ihrer Bedeutung für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen von öffentlichem Interesse: "Anhand des Landhauses Magis, seiner eher konservativen architektonischen Gestaltung im Stilideal des ,englischen Landhauses' äußert sich das kontinuierlich fortbestehende Wohnideal des wohlhabenden, eher konservativen Wirtschaftsbürgertums, das an die stilistischen Traditionen des konservativ ausgerichteten Wohnhausbaus der Vorkriegs- und Zwischenkriegszeit anknüpfte", heißt es in einem dafür angefertigten Gutachten, "zugleich befand sich das Wohnhaus hinsichtlich der Haustechnik (Schwimmbad, elektrisches Benachrichtigungssystem, Kühlraum, Aquarium, Speiseaufzug, Wandbrunnen, Wandheizungsspiralen, versenkbare Fenster im Wohnzimmer, in den Fußboden versenkte Heizkörper) auf dem Höchststand der Technik."

Fraglich ist beim Blick auf das Anwesen allein von außen, ob das nach all den Jahren noch immer so ist. Ein neuer Besitzer dürfte außer dem Kaufpreis wohl noch zusätzliches Geld investieren müssen. Wegen des Denkmalschutzes müsste er sich dazu eng mit den Behörden abstimmen, denn der ist laut dem Gutachten weitreichend und nicht auf die Fassade beschränkt: "Im Schutzumfang enthalten sind das Äußere und das Innere des Landhauses Magis in bauzeitlicher Substanz, Konstruktion und Erscheinungsbild."