Mülheim. Rund 1750 Impfdosen wurden bisher in Mülheimer Senioreneinrichtungen verabreicht. Warum genesene Covid 19-Erkrankte erst später geimpft werden.
Die Stadt Mülheim will bis Ende des Monats in allen Seniorenheimen in der Stadt die Bewohner und Pflegekräfte mit der ersten der beiden nötigen Corona-Schutzimpfungen versorgt haben. Bis einschließlich Mittwoch wurden rund 1750 Menschen geimpft, das ist etwa die Hälfte. Auch in Mülheim folgt man der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts (RKI), dass Personen mit einer nachgewiesen durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion zunächst nicht geimpft werden sollen. Auch im Evangelischen Krankenhaus Mülheim (EKM) wird so verfahren.
Wer einen Corona-Infekt hinter sich hat, verfügt schon über einen Immunschutz
"Im ersten Zug werden von Covid 19 Genesene nicht geimpft", bestätigt Dr. Stephan von Lackum, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Mülheim, und gleichzeitig einer der drei leitenden Impfärzte im Impfzentrum. Denn man gehe davon aus, dass die Betroffenen mit dem Infekt schon zumindest vorübergehend einen Immunschutz aufgebaut haben. Ungeimpfte hätten gar keinen Schutz vor einer Ansteckung. Und der Impfstoff ist bekanntlich noch rar. Wer Covid 19 überstanden habe, werde selbstverständlich auch geimpft, aber eben erst zu einem späteren Zeitpunkt. Möglicherweise sei die Impfung dann, wenn genug Impfstoff zur Verfügung steht, schon in den Hausarztpraxen möglich.
Im EKM bereitet man sich gerade auf die Impfung der Mitarbeitenden vor. "Wer bereits eine Covid 19-Infektion hatte, wird erst einmal zurückgestellt", bestätigt auch dort eine Sprecherin. Wie viele Dosen genau benötigt werden, stehe noch nicht fest. "Wir haben eine Impfbereitschaft von 60 bis 70 Prozent bei den Mitarbeitern." Die Impfung ist ja freiwillig, und mit Informationsangeboten werde aktuell im Haus daran gearbeitet, diese Zahl noch zu erhöhen: So werden eine Vortragsreihe und ärztliche Sprechstunden für die Mitarbeitenden angeboten. "Man kann sich für eine Impfung auch noch nachmelden", so die Sprecherin.
In zwölf vollstationären Mülheimer Pflegeeinrichtungen wurde bisher geimpft
Bisher wurden in zwölf vollstationären Mülheimer Pflegeeinrichtungen, in einer Demenz-WG, in zwei Intensivpflege-Wohngemeinschaften und in zwei Einrichtungen der Eingliederungshilfe rund 1750 Menschen geimpft: darunter Bewohner, Beschäftigte und berechtigte Personen der städtischen Ersatz-Liste, sofern noch Impfdosen übrig waren.
Wenn in einem Seniorenheim aktuell eine Quarantäne vorliegt, so wird mit der Impfung noch gewartet, bis das Ausbruchsgeschehen unter Kontrolle ist. "Das dient auch dem Eigenschutz des Impfteams", so Thomas Franke, ebenfalls leitender Impfarzt im Mülheimer Impfzentrum. Sieben vollstationäre Pflegeeinrichtungen, sieben Einrichtungen der Eingliederungshilfe, zehn Tagespflegeeinrichtungen sowie 18 Wohngemeinschaften stehen bei der Stadt aktuell noch auf dem Impfplan. "Regulierend ist dabei die vorhandene Impfstoffmenge", so Franke. "Wir hoffen, dass es klappt."
Bis Ende des Monats will man in den Senioreneinrichtungen fertig sein
Bis Ende Januar will man mit den Senioreneinrichtungen durch sein, denn ab Februar sollen schon weitere Mülheimer Senioren über 80 Jahre im Impfzentrum ihre ersten Termine bekommen. Bis Ende Januar sollen rund 3500 Menschen insgesamt erstmals geimpft sein, sagte die Stadt auf Anfrage. Die Zahl der Gäste und Beschäftigten in der Tagespflege sei derzeit noch nicht bekannt und müsse dazuaddiert werden.
Wie viele Menschen aus dieser ersten Gruppe von Covid 19 genesen sind und aus diesem Grund jetzt noch nicht geimpft wurden, hat die Stadt nicht extra ermittelt. Wie lange die Immunisierung der Genesenen anhält, sei noch nicht abschließend zu beantworten, so von Lackum. Wenn neue Daten vorliegen, werde die Ständige Impfkommission (STIKO) vom RKI dazu Empfehlungen aussprechen. "Wir wissen ja auch noch nicht, wie lange der Impfschutz anhält", sagt Dr. von Lackum.
Immunschutz von über 50 Prozent schon nach der ersten Impfung
Beim derzeit verimpften Vakzin erreiche man nach der ersten Impfung mindestens 50 Prozent Immunschutz, nach der zweiten mindestens 90 Prozent, das hätten Studien ergeben. Zum Vergleich: "Bei der Grippeschutzimpfung sind wir froh, wenn wir rund 70 Prozent Impfschutz erreichen", so von Lackum.
Eine symptomlos überstandene Corona-Infektion sei nach bisherigen Erkenntnissen für eine Impfung unproblematisch, so von Lackum: "Nach den bisher vorliegenden Daten gibt es keine Hinweise darauf, dass eine Covid-19-Impfung nach durchgemachter Corona-Infektion gefährlich ist."
NOCH VIELE FRAGEN OFFEN
Der Notarzt Thomas Franke, der auch im Mülheimer Krisenstab sitzt, geht davon aus, dass bei der Vergabe der Termine für die über 80-Jährigen ab 25. Januar neben vielen anderen Informationen im Fragebogen auch nachgefragt wird, ob bereits eine Covid-19-Erkrankung ausgestanden wurde.
Er bittet um Geduld: "Es sind noch viele Fragen offen. Wir machen das ja alle zum ersten Mal." Man stelle sich jeden Tag erneut die Frage, wie man alle so schnell wie möglich mitnehmen könne. "Die Stadt Mülheim hält sich an die Vorgaben von RKI, Land und Bund - und wir sind damit bisher gut gefahren."