Mülheim. Keine Theatervorstellungen, keine Konzerte, keine Schulprojekte - im Theater- und Konzertbüro ist dennoch viel zu tun. Ständig wird neu geplant.
Es war ein schweres Jahr für die Kultur, zehn Monate lang haben immer wieder neue Auflagen einen Theater- und Konzertbetrieb fast unmöglich gemacht. "Ein besonders schmerzlicher Einschnitt für uns war die Absage der ,Stücke 2020'", sagt Stephanie Steinberg, Leiterin des Mülheimer Theater- und Konzertbüros.
Umplanung hält Mitarbeiter auf Trab
Die Arbeit ist für sie und ihre Mitarbeiter trotz allem nicht weniger geworden. Immer wieder musste neu geplant und organisiert werden, wurden zudem auch alternative Angebote entwickelt. "Manches von dem aus der Not entstandenen Alternativprogramm hat sich bewährt, etwa die Filmportraits über die für die Stücke nominierten Autorinnen und Autoren. Sie sind auf enormen Anklang gestoßen. Deshalb bereiten wir für nächstes Jahr gerade eine Ausweitung dieses Angebotes vor", berichtet Stephanie Steinberg.
Dramaturgin Philine Kleeberg erinnert sich an die Zeit nach der Absage der "Stücke": "Wir haben alle Hoffnung auf eine Nachholvariante der Kinderstücke im November gesetzt. Ein zweites Mal wurde der Spielplan gestaltet und mit den gastierenden Ensembles geplant, wurden Absprachen mit den Tandems der neuen Autorenwerkstatt und mit weiteren Fachgruppen getroffen. Es mussten Räume gesucht werden und vieles mehr." Dann kam der zweite Lockdown. "Wieder mussten wir alles stornieren!"
Neues Online-Archiv zu den Theatertagen
Doch schnell wurde weitergeplant - die 46. Theatertage im Mai 2021 gilt es vorzubereiten. "Wir hoffen, dass wir dann wieder Inszenierungen herausragender Theaterstücke zeigen können." Die Stücke-Homepage wurde in Kooperation mit einer Marketingagentur und Programmierern bereits angepasst an das neue Layout für 2021, neue Funktionen wurden eingebaut - etwa ein übersichtliches Online-Archiv zum Festivalgeschehen der letzten Jahre. "Dafür wälzen wir alte Programmhefte, sortieren Bildmaterial, gehen fehlenden Daten auf die Spur." Zeit dafür bleibt, denn auch die "Zwischenstücke" können diesmal nicht stattfinden.
"Wir hoffen, dass im Mai Vorstellungen unter ähnlichen Bedingungen wie im vergangenen Oktober möglich sind", sagt auch Stephanie Steinberg. Die Auswahl der Stücke für 2021 laufe. "Zwar gab es weniger Uraufführungen als in anderen Jahren, aber zum Glück im September und Oktober eine hohe Premierendichte." Die Treffen der Auswahlgremien finden in Videokonferenzen statt. Am 5. Februar sollen die ausgewählten Stücke und Kinderstücke öffentlich genannt werden. "Danach machen wir das, was wir in den letzten Wochen und Monaten trainiert haben. Von Woche zu Woche sehen, was möglich ist", so Steinberg.
Auswahlgremium tagt in Videokonferenzen
Auch die Theaterpädagogik hat oft umdisponieren müssen. Die Märchen für Erstklässler konnten nicht gezeigt werden. "Dafür haben die Schulen die Möglichkeit genutzt, unsere interaktive Lesung ,Viele Grüße, deine Giraffe' ins Klassenzimmer zu holen", berichtet Sarah Kranenpoot. Die Schauspielerin Maria Neumann von Theater an der Ruhr habe dafür einen Kinderroman als Audiodatei eingesprochen. "Eine Theaterpädagogin kommt in die Klasse und erarbeitet die Geschichte spielerisch mit den Schülern." Auch eine digitale Phantasiereise mit den Kinderbuchautor Philipp Löhle hat man produziert und im digitalen Kalender KulTÜRchen auf der städtischen Homepage veröffentlicht.
"Viele Formate und die Kommunikation haben sich in den letzten Monaten in den digitalen Raum verlagert. Die Vernetzung schlägt immer neue Wege ein und die Schwerpunkte müssen manchmal einfach neu gesetzt und gedacht werden", berichtet auch Katharina Krüger, für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Für Konzertbesucher und Klassik-Fans hat das Theater- und Konzertbüro beispielsweise den Facebook-Account "Sinfoniekonzerte Mülheim" eingerichtet, über den alle Neuigkeiten rund um die Sinfoniekonzerte vermittelt werden. "Die veränderte Situation ist eine Herausforderung. Aber die Suche nach neuen Wegen macht Spaß und die Rückmeldungen unseres Publikums stimmen mich positiv", so Krüger.
"Viele Menschen vermissen die Musik"
Über viel Lob und Aufmunterung seitens der Abonnenten der Sinfoniekonzerte kann sich auch Claudia Link vom Besuchsservice freuen. "Die Menschen vermissen die Musik, die Konzerte und die zwischenmenschlichen Beziehungen", hat sie festgestellt. Viele Konzertbesucher hätten angerufen, um sicher zu gehen, dass ihr neues oder langjähriges Abonnement auch in der nächsten Saison reaktiviert wird. Viele wollen auch wissen, wann und unter welchen Bedingungen der Konzertbetrieb wieder aufgenommen wird. "Sie hatten Freude am Oktober-Konzert und sind jetzt dankbar dafür, dass wir wenigstens für eine telefonische Auskunft immer erreichbar sind."
Neben dem Rückabwickeln der Konzerte steht für Konzertdramaturgin Eva-Susanne Rohlfing die Vorbereitung der nächsten Konzerte an. "Wir wollen dazu beitragen, die Begeisterung für Konzerte und klassische Musik aufrechtzuerhalten", sagt sie. Man feiere ab Oktober 2021 die 65. Spielzeit der Sinfoniekonzerte und wolle dem Publikum ein hochkarätiges Programm mit internationalen Gästen bieten. "Die Terminplanungen sind allerdings sehr erschwert, da sich durch die verschobenen Konzerte aus 2020 viele Koordinationsprobleme ergeben", so Rohlfing. Trotz aller Probleme durch die Pandemie sieht sie auch Chancen: "Es ist nun möglich, jedes Detail zu hinterfragen, bewusst zu gestalten und neue Impulse zu setzen."
Mit Kunst die Menschen erfreuen
Stephanie Steinberg, Leiterin des Theater- und Konzertbüros, fasst abschließend zusammen: "Wir wünschen uns, bald wieder Konzerte und Theatervorstellungen anbieten zu können. Das Leben in der Bude fehlt uns. Was wir tun, ist eben dafür gedacht, in der Öffentlichkeit stattzufinden, Begegnungen zu stiften und Menschen mit Kunst zu erfreuen."