Mülheim. Als die Mülheimer Tanzflure schließen mussten, war Event-Manager Dennis Weiler am Start. Seine virtuellen Haus-Partys halfen gegen den Blues.
Als die Mülheimer Tanzflure schließen mussten, waren sie zur Stelle: Event-Mann Dennis Weiler und Radiomoderator Stefan Falkenberg schoben die Beats im Livestream auf das heimische Parkett. 7000 Menschen klinkten sich im Lockdown-März übers Internet in den aufwendigen Musik- und Lichterstrom aus Franky's Güterbahnhof ein. Warum Weiler nicht nur die Party-People am Herzen liegen.
Discjockey, Event-Manager, sogar Karnevalsprinz – damit dürfte schon einmal geklärt sein: Weiler liebt und lebt Partys, und mancher würde ihn im positiven Sinne eine „Rampensau“ nennen. Angefangen hat das aber im Spielekeller der Gesamtschule Saarn. „Da gab es eine Musikanlage und einen kleinen Disco-Bereich“, denkt Weiler zurück, „in der Mittagspause hatten wir die Möglichkeit erst zu essen und dann 20 Minuten Party zu machen“. Dennis war dafür zuständig, die Musikanlage zu bedienen.
Existenzielle Frage: DJ oder Event-Manager?
Und nicht nur da, später auch zu den Theater- und Musicalaufführungen in der Aula und im Foyer. „Das hat verdammt viel Spaß gemacht und mich auch geprägt. Ich habe den Glauben nie daran verloren, irgendwann auch auf großen Bühnen stehen zu dürfen als Discjockey.“
Und so kam es auch. Dennis Weiler tourte in den 2000er Jahren als DJ C-Deluxe durch NRW und Norddeutschland, bespielte große Discotheken. „Ich habe viel mitgenommen, mit dem ich später meinen Beruf gestalten konnte.“ Das Disco-Sterben ab 2009 setzte dem allerdings Grenzen. „Ich musste mich entscheiden: Was mache ich, bin ich der Event-DJ oder -Manager?“
Vom Feuerwerk zur Firmenparty
Und auch das spielte bei der Berufsentscheidung eine Rolle: Weilers Vater war bei der Polizei beschäftigt, arbeitete aber nebenbei erst als Sicherheitsmann im Eventbereich, dann als Feuerwerker. Das weitete sich aus: Drachenboot-Rennen, Extraschicht, Saarner Kirmes stammten aus dem Hause „Weiler“. Und Dennis mischte mit.
2016 entwickelte der heute 34-Jährige mit seinem langjährigen Freund Sascha Wilms die Mülheimer Agentur „Eventall“, deren Geschäftsführer er bis heute ist. Die Agentur organisiert Veranstaltungen, hat einen Mitarbeiterstab und damit auch einige Personalverantwortung für den Partymacher.
Das fing selbstredend langsam an, Weiler startete als „Einzelkämpfer“, dann mit 450-Euro-Kräften und Azubis. Und heute steht an der Timmerhellstraße 27 eine 15-Mann-starke Truppe bereit, um Hochzeiten, Feiern und Firmenveranstaltungen von Eon bis McDonald's und Aldi auf die Beine zu stellen. Der DJ, der früher am Plattenteller den Dancefloor regierte, hat dabei festgestellt: „Das macht mir verdammt viel Spaß, da sehe ich mich.“
Weiler: "Das soziale Miteinander ist wichtiger als Geld"
„Ich bin ein Mölmscher Jung“, meint Weiler mit hörbarem Enthusiasmus, „zur Welt gekommen in Broich, den Lebensmittelpunkt habe ich jetzt in Speldorf.“ Dort hat er seine Frau kennen gelernt – mit elf Jahren. Mit ihr hat er eine Familie und zwei Kinder. Kling ganz schön bodenständig für einen Party-Menschen – „ja, wir sind 17 Jahre zusammen. Daran sieht man, wie ich gestrickt bin: Für mich ist das soziale Miteinander unheimlich wichtig. Ich möchte mit allen Menschen gut auskommen, allen etwas Gutes tun.“
Dabei hatte ihm eine Gesamtschullehrerin mal auf dem Zeugnis bescheinigt: Dennis' Sozialkontakte lassen sehr zu wünschen übrig. Weiler lacht heute darüber, „ich konnte es damals einfach nicht nachvollziehen, weil ich immer schon sozial engagiert war, im Schulsanitätsdienst, mit der Musikanlage“.
Also ist auch sein Einsatz als virtueller „Hausparty-Macher“ in der ersten Phase der Corona-Krise als soziales Engagement zu verstehen? „Ja. Es dreht sich für mich nicht darum, Partys zu machen. Mein größter Lohn ist es, wenn andere Spaß haben. Geld ist nichts wert im Vergleich zu dem unbezahlbaren Lachen auf den Lippen von Menschen.“
7000 Haushalte im Stream: "Wir haben uns kaum getraut, den Stecker zu ziehen"
Wie es dann zur virtuellen Hausparty mit tausenden Zuhörern und Usern kam, hat damit zu tun – und natürlich mit Corona. Weiler war damals als Karnevalsprinz unterwegs: „Wir haben am Ende der Karnevalsession gemerkt, wie aggressiv das Virus ist.“ Im Franky's am Güterbahnhof sprang ein Veranstalter ab, „sie sind dann auf uns zugekommen und wir haben uns gefragt: Was können wir den Leuten in dieser Lage bieten?“, war Weiler von einer Livestream -Party direkt begeistert – und auch Radiomoderator Stefan Falkenberg.
Weiler und Falkenberg trafen mit tanzbaren Schätzchen aus den 90- und 2000ern und einer ausgeklügelten Video-Inszenierung den Nerv: „Wir haben damit ,mal eben' 7000 Haushalte erreicht mit mindestens doppelt so vielen Menschen. Das war ein gigantischer Moment für uns. Wir haben uns um vier Uhr kaum getraut, den Stecker zu ziehen.“ Und auch Franky’s-Chef Richard Reichenbach schwärmte damals: „Es sind Leute aus allen Generationen zugeschaltet."
Corona hat die Kulturszene verändert: Weniger Wettbewerbskampf
Das Event hatte noch einige erfolgreiche Fortsetzungen – auch mit Spenden, die zu einem Drittel zur Unterstützung der Freilichtbühne dienten. „Für uns war es überwältigend, dass es so eine Wertschätzung gab. Es war damit mehr als nur ein Party-Format, denn wir haben diese Wertschätzung an andere weitergegeben.“ Sogar einen Gottesdienst hat Weiler gestreamt: „Das war ein besonderer Punkt für mich, der älteren Generation etwas zu geben, was ihr wichtig ist.“
So lange übrigens, bis wieder die Sonne rauskam. Am Flughafen ließen Weiler und Co dann die Abschiedsfeier steigen. Hat Corona neben viel Einschränkungen auch etwas Gutes gehabt? „Absolut. Den Wettbewerbskampf hat es unter Kulturschaffenden nicht mehr gegeben, weil jeder wusste, dass er das gleiche Leid zu tragen hat. Jeder hat gegeben, wo er konnte. Diese Solidarität wird lange anhalten“, ist sich Weiler sicher. „Viel länger als wir über Corona sprechen werden.“