Mülheim. Der Kinderschutzbund hatte seine Beratungsstelle in Mülheim vor einem halben Jahr geschlossen. Nun ist klar: Eine Wiedereröffnung klappt nicht.

Es war eine Nachricht, die für viel Aufruhr gesorgt hat: Der Kinderschutzbund kündigte Mitte Juni vergangenen Jahres an, seine Beratungsstelle auf der Mülheimer Schloßstraße zum Ende des selben Monats zu schließen. Wegen chronischer Unterfinanzierung sei das Angebot nicht mehr tragbar. Nun ist klar: Die zwischenzeitlich in Aussicht gestellte Wiedereröffnung zum 1. Januar ist nicht möglich.

Ein Blick zurück: Der Kinderschutzbund hatte zusammen mit dem Paritätischen, dem Träger, deutliche Worte als Begründung für die Schließung der Beratungsstelle gefunden: „Wir haben bereits vor einem Jahr auf die Unterfinanzierung hingewiesen, aber weder durch das Land noch durch die Kommune effektive Unterstützung bekommen“, sagte damals Melanie Oechler, Vorsitzende des Mülheimer Kinderschutzbundes.

Mülheimer Kinderschutzbund sollte neues Finanzierungskonzept vorlegen

Marc Buchholz, damals Sozialdezernent, heute Oberbürgermeister, sprach von einem „Skandal“, dass der Kinderschutzbund mit der Bekanntgabe, schließen zu müssen, Fakten geschaffen hatte. Man versuchte sich anschließend zu einigen, Gespräche sollten eine Perspektive aufzeigen; der Kinderschutzbund solle, so Buchholz, im Juni dem Jugendhilfeausschuss ein Konzept vorlegen, wie eine Wiedereröffnung möglich wäre.

Etwas verwundert sei sie damals gewesen, sagt Melanie Oechler heute, „hatten wir doch schon in alle Richtungen geprüft, ob es Lösungsmöglichkeiten gibt“. So begab sich der Kinderschutzbund aber erneut in den Findungsprozess, prüfte beispielsweise die Möglichkeit einer Verbundberatungsstelle, um Synergieeffekte zu schaffen, was aber aus „organisatorischen und rechtlichen Gründen“ nicht klappen könne. „Der Prüfungsprozess ist so gelaufen, dass wir feststellen mussten: Es funktioniert nicht.“

Kinderschutzbund müsste mehr als 50 Prozent Eigenmittel einbringen

Denn es bleibt das alte Problem: Der Kinderschutzbund müsste weiterhin mehr als 50 Prozent Eigenmittel einbringen. Dass das überhaupt noch funktioniert hat im vergangenen Jahr, habe an dem Vermögen gelegen, das der Kinderschutzbund durch eine Erbschaft erhalten hatte. 21.000 Euro trägt die Kommune zum Kinderschutzbund bei, 18.000 Euro das Land, dem gegenüber stehen 85.000 Euro jährliche Kosten.

Der Kinderschutzbund muss also sein Angebot merklich reduzieren. Im Februar hatte sich der Mülheimer Ortsverband noch mit einer neuen Ausrichtung präsentiert: Die Beratungsstelle sollte ab sofort als Fachberatung mit dem Arbeitsschwerpunkt gegen Misshandlung, Vernachlässigung sowie sexualisierte Gewalt gegen Kinder arbeiten. Für dieses Projekt hatte der Verein 167.000 Euro Zuschuss vom Land bekommen. Eine hohe Summe – doch weil sie projektgebunden eingesetzt werden musste, konnte sie nicht zum Erhalt der Beratungsstelle beitragen. Mit der dauerhaften Schließung ist auch das Projekt vom Tisch.

Mülheimer Jugendamtsleiterin: „Wir laufen nicht Gefahr, dass das Kindeswohl gefährdet ist“

Wie die Lücke geschlossen werden soll, die durch den Wegfall der Beratungsstelle entstanden ist, wie groß sie überhaupt ist, wird das Jugendamt in den kommenden Wochen und Monaten mit den freien Trägern in der Stadt klären. „Das ist ein laufender Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist“, sagt die stellvertretende Jugendamtsleiterin Lydia Schallwig. Klar sei auf jeden Fall: „Es gibt keine akute Situation, wir laufen nicht Gefahr, dass das Kindeswohl gefährdet ist.“