Mülheim. Seit Sonntagabend ist Franky’s im Mülheimer Wasserbahnhof Geschichte. Für das Team geht es nach dem bewegenden Abschied aber weiter.

  • In Mülheim hat das Franky´s im Wasserbahnhof am Sonntagabend zum letzten Mal geöffnet.
  • Der Pachtvertrag war ausgelaufen und das Gebäude wird saniert.
  • Das Team feierte Abschied von seinen Stammgästen und macht an anderen Standorten weiter.

Ein paar Tränen können Gäste und Personal des Wasserbahnhofs in Mülheim am Sonntagabend – dem letzten Betriebstag auf der Schleuseninsel – nicht unterdrücken. „Es ist wirklich sehr schade, dass hier eine liebgewonnene Tradition zu Ende geht“, spricht eine Frau aus, was alle mitfühlen. Als Richard Reichenbach am späten Abend im halbrunden Saal „My Way“ von Frankyboy Sinatra intoniert, erleben sie ein passendes Finale, verbunden mit der Hoffnung: „Eine Gastronomie muss nach der Renovierung im Wasserbahnhof bleiben. Am besten wieder Franky’s. Sonst hat Mülheim keinen Wasserbahnhof mehr.“ Mit dem Auslaufen des Pachtvertrags hat das Team von Franky’s jetzt jedoch die Schotten dichtgemacht.

Wer die Frauen und Männer in der Küche, am Tresen und auf den Gängen dazwischen mit Gläsern und Tellern hantieren sieht, erlebt ein aufmerksames, eingespieltes, freundliches und umsichtiges Team. Mittendrin sind Tobias Volkmann und Richard Reichenbach, die Geschäftsführer, die auch einige Teller zu Tisch 57 tragen, „damit alle ihr Essen gleichzeitig bekommen“.

Köchin Sabrina bereitet die Speisen am letzten Abend zu wie in den Jahren zuvor. Aber Wehmut ist dabei.
Köchin Sabrina bereitet die Speisen am letzten Abend zu wie in den Jahren zuvor. Aber Wehmut ist dabei. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Ein normaler und doch besonderer Arbeitstag

„Es ist ein ganz normaler Arbeitstag – und doch ein besonderer“, sagt Doreen. Sie hat bei Franky’s gelernt. Sie kennt jeden Winkel des Wasserbahnhofs, erzählt sie, und bestellt bei Marc hinter der Bar vier Pils. In den Kassencomputer tippt sie die Getränke auf die 63. Marc muss noch mal runter in den Keller Nachschub holen. „Der Rotwein in der bauchigen Flasche geht wohl heute komplett raus.“

Burger, Currywurst, Pommes, aber auch Salate und Mehrgangmenüs verlassen die Herdplatte, Pfannen und Fritteusen der rund 30 Quadratmeter großen Küche in der ersten Etage. Mit der Dämmerung schließt draußen auf der Rückseite des Hauses die Gartenbar. Eine Dame fragt nach der Toilette. „Kein Stammgast“, wissen die Kellnerinnen.

„Wir hatten im Wasserbahnhof wirklich eine tolle Zeit“

Beliebter Familientreffpunkt

Der Wasserbahnhof war von Beginn an ein beliebter Treffpunkt der Mülheimerinnen und Mülheimer. Viele haben dort Familienfeste gefeiert. Andere haben im halbrunden Gebäude an Seminaren teilgenommen oder Konzerte besucht. Das Haus bietet Räume für zahlreiche Veranstaltungen.

Am Sonntag kam auch die örtliche Politikprominenz auf die Schleuseninsel. Christian Mangen hat dort den ersten und letzten Tag mit Franky’s erlebt. Henner Tilgner feierte dort Hochzeit mit seiner Gattin und war ebenfalls beim Abschied dabei. Helge Schneider drehte dort einst Filmszenen.

Sandra und Tobias Volkmann sowie Richard Reichenbach kennen die meisten Besucher persönlich. „Da sind im Lauf der 21 Jahre viele gute Kontakte gewachsen, auch einige Freundschaften“, blicken die drei auf eine wirklich tolle Zeit hier im Wasserbahnhof“ zurück. „Egal wer hier später wieder reinkommt, das wird nichts, wenn es nicht Franky’s übernimmt“, betont Claudia Keller.

Sie kommt seit 16 Jahren in den Wasserbahnhof und feiert mit Freundinnen und Freunden „in diesem tollen Laden leider Abschied“. „Wo eine Tür zugeht, geht auch eine neue auf“, sagt Sabrina und ist schon wieder weg durch die Schwingtür mit einem Tablett voller Weingläser. „Ich bin bald an der Promenade und mache dort weiter“, sagt sie, als sie zurückkommt und die Tür zum Gastraum hinter ihr schließt.

Das Mitarbeiterteam von Franky’s wird komplett übernommen

„Es ist schon ein bisschen traurig heute. Aber ich werde hoffentlich viele bekannte Gäste auf der Promenade wiedersehen“, sagt Tatjana. Sie gehört seit vier Jahren zum Team und freut sich mit allen ihren Kollegen über ihre Chefs: „Wir dürfen alle unsere Arbeit behalten, an der Promenade und in Mintard. Das ist die beste Ansage heute Abend. Das ist in der Gastronomie gerade jetzt nicht selbstverständlich.“ Keine wichtige Nachricht aus Mülheim verpassen: Melden Sie sich zum kostenfreien Newsletter an.

Leon begleitet neue Gäste an ihren Tisch und bringt die Getränkeorder mit. Doreen und Sabrina sind mit vollen Tellern auf der Treppe zur Lounge unterwegs. Der Koch stammt aus der Ukraine. Er schwingt seit 20 Jahren im Wasserbahnhof Löffel, Messer und Pfannen. „Es ist eine gemütliche Küche hier. Aber zu eng war es nie. Aber die Stadt muss ihre Freizeitanlagen besser pflegen. Warum übernimmt die Gemeinde nicht den Wasserbahnhof anstatt ihn Spekulanten zu überlassen?“ fragt er.

Drei Franky’s-Standorte bleiben in der Stadt

Frische Luft strömt von den Balkonen in den Saal, wenn die Raucher zu ihren Tischen zurückkehren. „Lasst uns die letzten Stunden hier genießen“, mischen sich Reichenbach und Volkmann immer wieder unter ihre Gäste oder kümmern sich, fragen, ob alles in Ordnung ist. Bald werden sie mit ihrem Büro umziehen und den Wasserbahnhof ganz räumen.

Ein letzter Toast auf den Wasserbahnhof: (v.r.) Richard Reichenbach, Sandra und Tobias Volkmann sowie ihr Team verabschieden sich von der Schleuseninsel – nur vorübergehend?
Ein letzter Toast auf den Wasserbahnhof: (v.r.) Richard Reichenbach, Sandra und Tobias Volkmann sowie ihr Team verabschieden sich von der Schleuseninsel – nur vorübergehend? © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Wir sind nicht aus der Welt und bleiben in der Stadt“, sagen die Chefs von Franky’s „In Mintard haben wir trotz Corona im Sommer großes Glück gehabt und einen prima Platz gefunden. Zur Promenade werden uns sicher viele Gäste folgen“, stimmen sie ihre Stammgäste ein. „Du wirst uns nicht los, so lange unsere Weg nach Hause nicht zu lang wird“, sagt ein Freundeskreis vom Broicher Ruhrufer.

Viele Mülheimer werden das Haus vermissen

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Langsam wird es ruhiger, die Gäste verabschieden sich. Leon kommt heute nicht auf seine 25 Kilometer, die er an Tagen mit vielen Gäste laufend im Wasserbahnhof zurückgelegt hat. Auch an die 500 Liter Fassbier, die beim Fußballspiel-Rudelgucken durch die Zapfhähne strömten, kommen die sich fleißig zuprostenden Gäste an diesem Abend nicht heran. „Heute läuft mehr Ruhrpottschorle“, weiß Marcel. Es ist eine Getränke-Kreation des Hauses.

Am Ende des langen Abschiedssonntags ist der halbrunde Saal in rotes Scheinwerferlicht getaucht. „In unserem Mietvertrag steht: Wir dürfen hier alles machen – außer Sachen aus dem Rotlichtmilieu“, verrät Tobias Volkmann. Nun stehen die Geschäftspartner im Wasserbahnhof zum letzten Mal im Rampenlicht. Rot bedeutet in diesem Fall: Betriebsstopp. Mehr Nachrichten aus Mülheim