Mülheim. Neue Bäume auf Mülheimer Straßen zu pflanzen birgt häufig zahlreiche Hindernisse. Aber für ein gutes Stadtklima werden sie immer wichtiger.
„Bäume verbessern das Stadtklima. Die Laubkronen sorgen im Sommer für weniger Aufheizung der Oberfläche. Darum pflanzen wir überall dort Bäume, wo es möglich ist“, sagt Sylvia Waage. Dabei handeln die Leiterin des Grünflächenamtes, ihre Kollegen sowie Mitarbeiter weiterer beteiligter Ämter in keinen Fall willkürlich oder bevorzugen Bürger, wie einige Anwohner der Jägerhofstraße ihnen bescheinigen wollen. „Wir arbeiten nach gesetzlichen Vorgaben. Jeder Baum wird erst nach einem dazu gehörenden Beschluss der zuständigen Bezirksvertretung gepflanzt“, erklärt Waage. „Wir dürfen nicht an einer beliebigen Stelle einen Baum pflanzen“, fügt Peter Schumacher aus dem Grünflächenamt hinzu.
Anlieger der Jägerhofstraße hatten sich darüber beschwert, dass fünf neue Bäume auf drei Grüninseln auf die beschauliche Wohnstraße gepflanzt werden. So lautet der Beschluss der Bezirksvertretung 3 (linke Ruhrseite). „Hier ist es schon genug Grün. In allen Gärten der Umgebung stehen reichlich Bäume. Andere Stadtteile haben Bäume viel nötiger“, argumentiert Reiner Lenz nach einem Bericht in dieser Zeitung.
Das Land hat einheitliche Baumregeln erlassen
Die vom Ortsparlament beschlossene Baumpflanzaktion in Speldorf sei daher völlig überflüssig. Die klamme Stadt werfe an falscher Stelle Geld (30.000 Euro) auf die Straße. Sie solle damit besser ihren Haushalt sanieren. Andere Anwohner der Jägerhofstraße wünschen sich dagegen Bäume vor ihren Haustüren.
Nachfragen der Redaktion im Rathaus ergaben: Weil es in der Vergangenheit in Mülheim sowie in anderen Gemeinden kontroverse Debatten über Bäume gab, hat das Land inzwischen eine „einheitliche Vorgabe erlassen“. Das Straßen- und Wegegesetz sagt, dass Anlieger öffentlicher Straßen „weiterhin die Einwirkungen von Pflanzungen im Bereich des Straßenkörpers zu dulden“ haben.
Hoher Prüfaufwand vor dem Pflanzen
Bäume sind an Bezirk gebunden
Auf der Oberheidstraße wurden nach der Sanierung von Gehwegen und Fahrspuren neue Bäume gesetzt und im Altbestand die Lücken wieder geschlossen. „Es wäre toll, wenn noch mehr Anlieger die jungen Stämme im Sommer wässern würden, damit diese eine Überlebenschance haben“, bittet die Grünflächenamtsleiterin.
Für Mülheim gilt: Wo Bäume fallen müssen, sollen sie wieder ersetzt werden. Aus dem Stadtbezirk 1 beispielsweise dürfen keine Stämme in einen anderen Bezirk abgezogen werden – und umgekehrt. Die Bäume an der Jägerhofstraße sind Ersatzpflanzungen für nun fehlende Bäume an anderen Wegen im Bezirk 3.
Bäume hätten darüber hinaus eine „Wohlfahrtswirkung“, die im öffentlichen Interessen liege. „Außerdem müssen wir vor einer Pflanzung klären, was dort im Boden liegt“, sagt Sylvia Waage. „Oft dürfen wir dort, wo kranke Bäume fallen mussten, keine neuen mehr setzen, weil sie Trinkwasser- oder Kanalrohre mit ihren Wurzeln beschädigen können.“
Hinzu kämen Strom und Telefonkabel. „Weil die Stadt kein Leitungskataster für Straßen hat – dazu fehlt das Geld – müssen wir inzwischen 30 Firmen fragen, ob sie dort, wo wir einen Baum setzen möchten, eine Leitung vergraben haben“, beschreibt die Grünflächenamtsleiterin den Aufwand.
Mehr Geld für Bäume als freie Plätze
„Bäume gewinnen im Klimawandel immer größere Bedeutung. In verlängerten Hitzeperioden brauchen wir mehr Schattenspender“, erläutert Peter Schumacher. Es gebe zahlreiche Mülheimer, die auf ihren Grundstücken nicht genug Platz für Bäume hätten. Deshalb spendeten sie für junge Stämme. „Wir haben mehr Geld für Bäume als freie Plätze im Stadtgebiet“, weiß Peter Schumacher.
Grünpfleger und Umweltamt entwickeln längst Strategien, um auf den Klimawandel zu reagieren und viel Sauerstoff in der Stadt zu halten. Dazu gehören der Austausch mit anderen Städten über neue Baumarten, die im Straßenraum Kohlendioxid in Sauerstoff umwandeln.
Lücken im Altbestand geschlossen
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„Daher zählt jeder Straßenbaum“, betont Silvia Waage. Unabhängig von der Umgebung müsse jeder Baumstandort genutzt werden. „Bäume entfalten sich besser, wenn in der Umgebung bereits gesunde Kronen stehen.“
Anlieger sollten froh über jeden Straßenbaum sein, weil an vielen Stellen das Nachpflanzen nicht mehr möglich sei, argumentieren die Grünpfleger. Die Straßburger Allee beispielsweise hat den Namen „Allee“ nicht mehr verdient. Von den einst zahlreichen Platanen stehen heute nur noch einige wenige Exemplare.