Mülheim. Knapp zwei Wochen lag mitten in der City ein Müllberg auf der Schloßstraße. Anlieger sagen, die Stadt handelt zu langsam. MEG habe kaum Personal.
Über wilde Müllkippen regen sich zahlreiche Bürger immer wieder auf. „Wir möchten nicht in einer verschandelten Stadt wohnen.“ „Mülheim ist wirklich heruntergekommen.“ „Warum unternehmen Stadt und Polizei nichts dagegen? Warum dauert das Wegräumen so lange?“ Das sind nur vier Stimmen, die in den vergangenen Tagen auf der Schloßstraße zu hören waren. Dort hatte sich über einen Zeitraum von knapp zwei Wochen Sperr- und Restmüll neben dem Raschebrunnen angesammelt. Kaum hatte die MEG ihn abgeholt, lag wieder ein altes Sofa auf dem Pflaster. Die Rechnung geht an die Stadt, die die Kosten mit Steuereinnahmen trägt.
„Wir machen an der Schloßstraße ein Geschäft auf, um unsere Stadt attraktiver zu machen. Andere kippen uns ihren Dreck vor die Schaufenster. Das ist doch nicht normal.“ Daniel Philipps betreibt in der Fußgängerzone ein Immobilienbüro und weiß, was es für die Vermarktung von Ladenflächen oder Wohnungen bedeutet, wenn das Umfeld nicht sauber ist: Verluste.
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Die MEG handelt erst, wenn sie einen Abfuhrauftrag erhält
„Es dauert einfach zu lange, bis sich in dieser Stadt etwas bewegt. Ich habe mehrmals im Bürgerbüro und beim Ordnungsamt angerufen. Die MEG kommt erst, wenn sie einen Auftrag von der Stadt bekommen hat. Das Rathaus liegt direkt um die Ecke. Wollen die Mitarbeiter dort nicht sehen, wie die Innenstadt den Bach runtergeht?“, ist Philipps mehr als verärgert.
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Die MEG (Mülheimer Entsorgungsgesellschaft) bestätigt das. „Wir brauchen einen Auftrag der Stadt. Dann räumen wir innerhalb von 24 bis 48 Stunden die Fläche“, heißt es aus der Zentrale an der Pilgerstraße. Die Rechnung dafür schickt die halbstädtische Gesellschaft an den Kämmerer.
Müll zieht Ungeziefer an und muss daher schnell weg
Derweil wuchs die wilde Müllkippe mitten in der Fußgängerzone weiter. Dort lagen Haus- und Sondermüll, Technikschrott, rostiger und scharfkantiger Metallschrott, kaputte Sitzmöbel, Schrankbretter. „Da dieser Müll Ungeziefer anzieht und eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit der Menschen darstellt, darf das Zeug doch nicht dort liegenbleiben“, beton Philipps. „Vor allem für Kinder, die unbeaufsichtigt in der Stadt spielen, ist es erforderlich, dass sich dieser Müll schnell fachgerecht beseitigt wird.“
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Weil jedoch eine Woche lang auf der Schloßstraße nichts passierte, packten Daniel Philipps und sein Nachbar in ihrer Verzweiflung selbst an. „Wir haben auf unsere eigenen Kosten mit einigen Helfern das Zeug korrekt entsorgt, aber nicht alles geschafft. Andere Bürger schauten dabei zu, lachten und sagten noch: Fotografieren Sie mal ein paar Ratten. Wir haben schon genug Tauben hier.“
Müll wurde mehrfach abgeholt
„Das Amt für Umweltschutz hat folgende Bürgermeldungen zur wilden Müllkippe an der Schloßstraße 31 erhalten und auch unmittelbar Aufträge an die MEG gegeben“, antwortet Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage dieser Zeitung.
„Gemeldet wurde am Montag 5.10. (Abholung durch die MEG am 6.10.), am Mittwoch, 7.10. (Abholung MEG am 8.10.), am Donnerstag, 8.10. (Abholung MEG am 9.10.), am Freitag, 9.10. (Meldung über die Bürgeragentur wurde als Doppelmeldung erkannt, der Auftrag an die MEG wurde storniert, weil der Müll bereits von der MEG entsorgt worden war). Der Bürger, der die wilde Müllkippe gemeldet hat, wurde auch telefonisch über die Entsorgung informiert“, lautet das Protokoll aus dem Rathaus.
„Stadt ignoriert die weitere Verwahrlosung“
Daniel Phipps sieht das anders: „Nach mehrmaliger Ansprache bei der Stadt, der Polizei, dem Ordnungsamt, der MEG hat sich nichts geändert. Es kam einfach immer wieder weiterer Müll hinzu und jeder hat die Zuständigkeit von sich gewiesen. Für uns Bürger sind diese langen Dienstwege nicht nachvollziehbar. Die Leute von der MEG haben uns gesagt, sie würden spontan helfen. Sie dürften es aber nicht und bekämen Ärger mit dem Chef. Bürgerfreundlich geht anders.“
Im Lauf der letzten Jahre sei ihm, Ladenbesitzer in der Mülheimer Innenstadt, aufgefallen, dass „viele Menschen die Innenstadt meiden, wenn dies möglich ist. Obwohl es der Innenstadt nicht gut geht, wird die weitere Verwahrlosung ignoriert oder geduldet“. Dies ist kein Zustand für die Menschen, denen etwas an Mülheim und der Innenstadt liegt“, sagt Daniel Philipps.
Täter nutzen fehlende Kontrollen dreist aus
Der Oberbürgermeister Marc Buchholz hat das Thema Sauberkeit in der Stadt inzwischen zur Chefsache erklärt. Für mehr Kontrollen „fehlt der Verwaltung das Personal. Das nutzten die Täter im vorliegenden Fall besonders dreist aus“, sagt Stadtsprecher Wiebels. „Die fahren doch täglich mit ihren Autos hier durch und sehen das“, kontert Daniel Philipps.
Der Stadt fehlt Personal
Das Amt für Umweltschutz nimmt die Meldungen von allen städtischen Stellen (4550, Bürgeragentur, Ordnungsamt und Polizei) zu Wilden Müllkippen digital auf, prüft unmittelbar (Örtlichkeit, Gefahrenprüfung beispielsweise bei gefährlichem Abfall) und beauftragt die MEG zur schnellst möglichen Entsorgung, sagt die Stadt.
Eine solche Abfuhrbeauftragung ist in jedem Einzelfall erforderlich, denn die Kosten dafür zahlt jeder Mülheimer über die Abfallgebühren. Eine Ermittlung der Müllsünder (beispielsweise durch Mülldetektive) kann nur im Flagranti-Fall zur erfolgreichen Ahndung führen. Hierzu fehlt der Verwaltung das Personal.
Doris Stahn hat dieser Zeitung ebenfalls ein Bild von der vermüllten Schloßstraße geschickt. „Jede Menge Müll verschandelt seit Tagen unsere, beste Einkaufsmeile im unteren Bereich. Als Mülheimerin bin ich enttäuscht darüber. Für alle Kunden und Geschäftsleute ein unzumutbarer Zustand. Es ist unfassbar, dass die Stadt nicht unverzüglich einschreitet.“
In Innenhöfen landen Müllsäcke aus oberen Etagen
In manchen Innenhöfen der Häuser in der Fußgängerzone sieht es nicht besser aus. Dort fliegen Müllsäcke aus den oberen Etagen nach untern. „Hier leben inzwischen leider auch Menschen ohne Kultur und Umgangsformen“, sagt ein Eigentümer. Viele Menschen „sind zu gleichgültig und nehmen das lieber hin, weil sie keinen Ärger wollen“, sagt Daniel Philipps.