Mülheim. In einigen Wochen soll die Sanierung des einstigen Woolworth-Hauses in Mülheim abgeschlossen sein. Für einen Mieter könnte das zu spät sein.

Noch sprechen die Mülheimer vom ehemaligen Woolworth-Haus, wenn’s um die runderneuerte Immobilie an der Schloßstraße geht. Der neue Name „The O.“ kommt schwer über die Lippen. Das könnte sich bald ändern, denn ans Kaufhaus erinnert nichts mehr. Zwei Arztpraxen haben ihren Betrieb aufgenommen und laut Architekt Ralph Linge-Boom zieht „bis November“ im Untergeschoss eine „Easy“-Apotheke ein. Ein Physiotherapeut, der auf 350 Quadratmetern den Traum von der Selbstständigkeit verwirklichen will, ist unterdessen noch „unglücklich“. Die Baustelle vor der Tür durchkreuzt seine Pläne.

Um rund ein Jahr hat sich die Fertigstellung des Vorzeigeobjekts verzögert. Der Denkmalschutz drosselte den Fortgang der Arbeiten mehrfach. „Bei solchen Immobilien gibt es immer mal wieder Probleme, man stößt auf Neues, auf Unvorhergesehenes.“ Linge-Boom spricht aus Erfahrung, er hat „schon alte Schlösser saniert, Sachen aus dem 16. Jahrhundert“.

Es braucht schon einen langen Atem, räumt der Architekt ein

Seit dreieinhalb Jahre ist er mit dem Gebäude an der Schloßstraße beschäftigt, „und es braucht schon einen langen Atem“, räumt der Architekt ein. Zumal sich gerade erst wieder eine neue, ungeahnte Schwierigkeit ergeben hat. Noch laufen Gehweg-Arbeiten, und die Stadt hat jüngst die Zuwegung zum Haupteingang kritisiert. Die war eigentlich schon fast fertig, erzählt Linge-Boom, über eine kleine Treppe sollte man ins Haus gehen. Dann aber habe die Stadt mitgeteilt, die Stufen seien „gefährlich, man könne hinfallen“. Eine neue Planung musste her. „Vielleicht gibt es nun ein Geländer, vielleicht kommt ein Blumenkasten dahin“; der Architekt wartet auf die Entscheidung der Verwaltung.

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Wenn auch diese Hürde genommen ist, sei er froh, sagt Linge-Boom. „Denn entscheidend ist, dass die Mieter glücklich sind. Und das ist hier der Fall.“ Der Architekt schaut nach vorn und ist sicher, dass „The O.“ sein unmittelbares Umfeld positiv beeinflussen wird. Die Voraussetzungen, dass wieder mehr Leben in diesen Teil der Schloßstraße einziehe, seien gut.

Aus Denkmalschutzgründen dürfen keine Hinweistafeln angebracht werden

Nicht ganz so zufrieden, wie Linge-Boom das beschreibt, ist indes Kai-Frederic Rüth. Der Physiotherapeut, der seine Praxis Mitte September eröffnet hat, vermisst Kundschaft. „Viele Leute glauben, dass hier immer noch gebaut wird und dass das Haus nach wie vor nicht zugänglich ist.“ Wegen der Bauarbeiten gingen sie einfach vorbei. Und Hinweistafeln dürften aus Denkmalschutzgründen nicht angebracht werden. Die Arztpraxen hätten weniger Probleme, sie hätten ihre Patienten einfach mitgebracht. Ihm aber werde der Start durch die Verzögerung stark erschwert. „Es ist sehr schwer, sich so am Markt zu etablieren.“

Corona-Regeln können in der Praxis leicht eingehalten werden

„Corona ist kein Problem für uns“, sagt Physiotherapeut Kai-Frederic Rüth. Es herrsche natürlich Maskenpflicht in seiner Praxis. „Zudem sind die Räume so groß, dass der Abstand locker eingehalten werden kann.“

Der 42-jährige hatte früher nebenher „eine kleine Privatpraxis“ auf der Kolumbusstraße, war eigentlich Berufssoldat. Bei der Bundeswehr hat er auch seine Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht.

Für seine neue Praxis, die auf Trainingstherapie spezialisiert ist und sich unter anderem an Patienten mit Krebs, Parkinson oder typisch geriatrischen Problemen wendet, hat Rüth allein Trainingsgerät im Wert „von über 250.000 Euro“ angeschafft. Auch seine sechs Angestellten setzen darauf, dass die Sache nun endlich ins Rollen kommt. „Leider weiß bis jetzt kaum einer, dass wir überhaupt da sind.“ Dass für Anfang 2021 „ein großes Opening“, eine Einweihungsfeier, geplant sei, tröste nicht. „Das ist für mich zu spät.“