Mülheim. Kein Kleingeld zur Hand? Keine Karte dabei? Kein Problem: In Mülheim kann man Parkgebühren ab sofort per Handy-App zahlen. So funktioniert es.

Es hat eine Weile gedauert. Die Stadt war nicht sicher, wie sie es anstellen sollte. Jetzt ist ein Partner gefunden, seit dieser Woche können die Mülheimer ihre Parkgebühren per Handy bezahlen.

Auf 15 kostenpflichtigen Parkplätzen ist dies möglich, insgesamt wurden etwa 70 Parkscheinautomaten mit farbigen Aufklebern versehen, die anzeigen, wie es funktioniert: Autofahrer haben die Wahl zwischen acht verschiedenen Handy-Apps, die man allesamt gratis herunterladen kann. Sie müssen sich nicht für einen konkreten Anbieter entscheiden. Abgerechnet wird, je nach App, über Kreditkarte, Paypal oder Prepaidkarte.

Politik drängt in Mülheim schon lange auf digitale Parktickets

Kooperationspartner der Stadt Mülheim ist Smartparking, eine Gesellschaft mit Sitz in Hamburg, die als „Initiative für digitale Parkraumbewirtschaftung“ firmiert und mit verschiedenen App-Anbietern abrechnungstechnisch zusammenarbeitet. Nach eigenen Angaben ist Smartparking schon in 160 Städten aktiv, darunter auch Duisburg. Bis zu diesem Modell für Mülheim war es ein längerer Weg. Von Seiten der Politik wird seit geraumer Zeit darauf gedrängt, endlich digitale Parkraumbewirtschaftung einzuführen - in anderen Kommunen ist das längst Alltag.

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Von Andrea Rupprath und Frank-Rainer Hesselmann

Die Wahl der Stadtverwaltung fiel zunächst auf die Firma Parkster, mit der vor rund einem Jahr bereits konkrete Gespräche geführt wurden. Der Anbieter warb mit einer Nutzungsquote von 20 bis 25 Prozent, war im Ruhrgebiet aber noch nicht vertreten. Das Ordnungsamt wollte noch abklären, wie die App mit den eingegebenen Daten umgeht. Letztlich hat sich die Verwaltung aber für einen anderen Weg entschieden.

Mit Smartparking ist es jetzt eine Plattform geworden, „jemand, der alle verfügbaren Apps bündelt“, erläutert Planungsdezernent Peter Vermeulen. „Für uns ist das hochinteressant, weil wir den Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbietern nicht stören.“ Damit soll Autofahrern, die in mehreren Städten unterwegs und vielleicht schon mit einer App ausgestattet sind, die Handhabung erleichtert werden. „Wenn wir der Politik gefolgt wären und als Erste eine App eingeführt hätten, gäbe es jetzt ein kostenpflichtiges System“, rechtfertigt Vermeulen das zögerliche Vorgehen. Nun sollen der Stadt keine zusätzlichen Kosten entstehen. Auch die Parkgebühren werden nicht erhöht, und weiterhin kann man auch auf klassischem Wege Parkscheine ziehen.

Nutzung der Apps kostet Geld - Anbieter erheben Zuschläge

Geldwäsche entfällt

Langfristig spare die Stadt auch Betriebskosten für Parkscheinautomaten, argumentiert der Firmenvertreter von Smartparking. Wenn die Kunden bargeldlos zahlen, müssen die Automaten nicht mehr gewartet und geleert, die Münzen nicht mehr gereinigt und zur Bank gebracht werden.

„Wir machen die Geldwäscher arbeitslos“, so Planungsdezernent Peter Vermeulen.

Die Kosten für diesen Service, den in der Regel Fremdfirmen leisten, liegen allerdings nur im einstelligen Prozentbereich.

Wer sich für das digitale Ticket entscheidet, muss allerdings wissen, dass die App-Anbieter Zuschläge erheben - in unterschiedlicher Höhe. Dafür hat man einige Vorteile: Die Parkzeit kann nach Bedarf gestoppt oder verlängert werden, ohne dass man nachzahlen muss oder ein Knöllchen kassiert. Aber auch die Kontrolleure des Ordnungsamtes gehen mit der Zeit, verwenden eine Handy-App: Dort geben sie künftig das Auto-Kennzeichen ein und sehen sofort, ob und bis wann der digitale Parkschein bezahlt ist.

Fraglich ist, wie viele Mülheimer diese Möglichkeit nutzen werden. Joachim Wahle, zuständiger Mitarbeiter von Smartparking, rechnet realistischerweise mit vier bis fünf Prozent. Da ist noch jede Menge Luft nach oben, wenn man etwa auf Metropolen blickt: „In Berlin“, so Wahle, „macht das Handyparken schon 30 Prozent aus.“

Stadt rechnet bei Parkgebühren mit einem Minus von 300.000 Euro - wegen Corona

Die Stadt Mülheim nimmt durch Parkgebühren insgesamt rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr ein - „zu normalen Zeiten“, wie Planungsdezernent Peter Vermeulen einschränkt. „Bedingt durch Corona wird es in diesem Jahr deutlich weniger sein.“ Man rechne mit einem Minus von rund 300.000 Euro.

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