Mülheim. Ein 82-jähriger Mülheimer wohnt im Hochhaus und litt eine Woche darunter, dass der Lift streikte. „Wir sitzen hier oben und kommen nicht runter.“
Eigentlich gefällt dem 82-jährigen Mülheimer, der vor einigen Monaten vom Uhlenhorst Richtung Innenstadt gezogen ist, sein neues Zuhause gut. In einer großzügigen Mietwohnung in einem der oberen Geschosse des Hauses Kaiserstraße 85 leben seine Frau und er nun, und der „Blick über Mülheim ist wirklich schön“. Das Glück über den Umzug aber war nun getrübt: Seit einer Woche war der Aufzug defekt. „Wir sitzen hier oben und kommen nicht runter“, klagte der Bewohner am Mittwochmorgen im Telefonat mit dieser Zeitung.
Er fühle sich regelrecht „eingesperrt“, und damit habe Corona zur Abwechslung einmal nichts zu tun. Immerhin komme die Tochter jeden dritten Tag vorbei; sie versorgt das Paar mit Lebensmitteln. Ansonsten aber sah es schlecht aus mit Bewegungsfreiheit. „Am Dienstag habe ich mich einmal runter zum Postkasten getraut“, etliche Etagen hinunter und wieder etliche hinauf. 25 Minuten Treppensteigen bei großer Hitze – kein Vergnügen mit Arthrose im Knie und „in meinem Alter ist das mit der Luft auch nicht mehr so gut“. An jenem Tag besonders ärgerlich: Die Zeitung, die der 82-Jährige aus dem Briefkasten fischen wollte, fehlte.
Aufgebrachter Mieter will pro Tag 50 Euro weniger zahlen
Immobilienverwaltung kann Bewohnern in Misere nicht helfen
Die Projecta GmbH Immobilienverwaltung hat ihren Sitz in St. Augustin. Sie verwaltet an der Kaiserstraße 83-87 das Gemeinschaftseigentum der Eigentümergemeinschaft und ist unter anderem für die Aufzugsanlage verantwortlich.
Auf die Frage, ob die Projecta den Bewohnern im Notfall zum Beispiel durch Einkaufsdienste oder ähnliches helfen könnte, hieß es: „Nein, wir dürfen innerhalb der Wohnungen nicht tätig werden.“ Das sei gegebenenfalls Sache des Eigentümers.
„Wir ärgern uns schwarz über den defekten Aufzug, das ist eine Zumutung“, so der aufgebrachte Mieter am Mittwochmorgen. Ähnlich beschwert seien auch andere, zum Teil sogar behinderte Bewohner des Mehrfamilienhauses. Und der Hausmeister habe zu all dem nur gesagt: „Ja, da kann man erst mal nichts machen.“ Er habe daher darüber nachgedacht, für jeden einzelnen Tag, an dem der Lift weiterhin kaputt ist, Kosten einzubehalten, die er und seine Frau – neben der Miete – für Aufzug, Gartenpflege, Treppenreinigung und anderes zu zahlen haben.
Besagter Hausmeister mochte am Mittwochmittag nichts zu dem Vorgang sagen und verwies an die Hausverwaltung. Anders als vom Mieter zunächst angenommen, ist für Probleme wie dieses nicht die Triacon GmbH in Pulheim Ansprechpartner, sondern die Projecta GmbH Immobilienverwaltung.
Im Lift stecken gebliebene Personen wurden befreit
Manfred Kasten arbeitet dort als Fachverwalter Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Er äußerte Verständnis für den Ärger – „natürlich ist das schlimm“ – aber man habe alles getan, was man konnte: „Wir haben unmittelbar reagiert, nachdem wir am 6. August von dem defekten Aufzug gehört haben.“ Zunächst seien die Personen, die in dem Lift stecken geblieben waren, befreit worden.
Dann habe man sich auf die Suche nach der Ursache des Defekts gemacht. Bald stand fest, dass unter anderem ein Magnet an einer Riegelkurve ersetzt werden muss. Am 11. August sei ein Auftrag zur Reparatur erteilt worden und nun warte man täglich auf Vollzug. Es dauere einige Tage, um die Ersatzteile zu beschaffen. „Wir gehen davon aus, dass bis Freitag alles erledigt ist – zumindest, wenn nichts mehr dazwischenkommt“, so Kasten am Mittag. Man werde die Arbeiten im Blick behalten, versprach der Experte.
Am Abend dann die ersehnte Wende
Am frühen Mittwochabend dann kam die ersehnte Wende: Der 82-Jährige rief ein zweites Mal in der Redaktion an. Beglückt berichtete er von seiner ersten Aufzugfahrt seit Tagen. Es sei erstaunlich, was es manchmal ausmache, wenn sich die Zeitung einschaltet, so der ältere Herr.