Mülheim. In barrierefreien SWB-Wohnungen am Bottenbruch in Mülheim leben vor allem ältere Menschen. Seit der nahe Bolzplatz saniert wurde, schwelt Ärger.

„Toktoktoktotktoktoktok!“ ist das Geräusch, das Ilona Wagner hört. Fast den ganzen Tag lang. Sieben Tage die Woche. „Toktoktoktoktok“ macht ein Basketball, wenn er beim Dribbeln auf Betonboden knallt. Seit der Bolzplatz am Dümptener Bottenbruch 2012 saniert wurde, schallt es die Häuser hoch. Und seitdem haben Anwohner das Gefühl, bei Verwaltung und Politik auf taube Ohren zu stoßen.

„Wir haben wohl keine Rechte“, klagen gut 17 Bottenbrucher, die sich am Donnerstagabend auf dem Platz versammeln, über ein Problem, das hausgemacht ist. Lauschig liegt der Bolzplatz zwischen Jugendzentrum Nord und dem Häuserring verschiedener Wohnungsbaugesellschaften: Verwachsene Hecken, hohe Bäume und Gitterzäune umgeben das großzügige Spielareal. Ein ideales verschwiegenes Plätzchen, auf dem Jugendliche sich den Blicken der Erwachsenen entziehen können, zusammen rauchen, trinken, spielen.

Seit der Sanierung 2012 bestehen Tore und Basketballkörbe komplett aus Metall

Den Platz gibt’s schon seit etwa 1968. Im Jahr 2012 aber hat man die Anlage kräftig saniert. Über den dicken Metalltoren brachte man zusätzlich Basketballkörbe an. Und weil man angesichts knapper Kassen wohl gleich an die Ewigkeit gedacht hat, sind nicht nur Brett und Ring der Körbe aus Metall sondern sogar das Korbnetz besteht aus Metallringen. Damit man es nicht zerschneiden kann. Jeder Korbwurf allerdings scheppert und klingelt in den Ohren.

Auch die Ballfanggitter seitlich sind derart lose montiert, dass es jedes Mal rattert, wenn der Ball gegen sie fliegt. Gespielt wird hier „fast den ganzen Tag, manchmal von acht Uhr an bis 22 Uhr und länger“, schildert ein Anwohner. Drei bis vier Gruppen geben sich die Bälle in die Hand. Es werde Musik gehört, getrunken, laut geredet. Die Wohn- und Schlafzimmer sind in der Regel hinten raus, also da, wo der Platz auch liegt. „Wenn Sie morgens um 4.30 Uhr raus müssen, hoffen Sie, dass Sie irgendwann Schlaf finden“, meint ein LKW-Fahrer.

„Oma, geh nach Hause und halt die Klappe“

„Viele sind vor ein paar Jahren hier eingezogen, weil der SWB barrierefreie Wohnungen gerade für ältere Menschen geschaffen hat“, erzählt Ilona Wagner. Beim Einzug habe man von dem Bolzplatz zunächst kaum etwas mitbekommen. Die Gesprächsversuche mit den oft älteren Jugendlichen und teils Erwachsenen fruchten nicht. „Oma, geh nach Hause und halt die Klappe. Wir wissen wo du wohnst, Nazi-Bitch“, zitiert Ilona Wagner eine Antwort.

Zeichnet sich eine Lösung ab?

Wahlkampfzeiten sind immer auch intensive Kümmerzeiten für die Politik. SPD-Kandidat Filip Fischer hat sich am Donnerstagabend mit Anwohnern am Bottenbruch getroffen.

Lösungsvorschlag des Jungpolitikers: Die Basketballkörbe könnten zur Gesamtschule verlegt werden, wo Anwohner nicht gestört würden. „Das wäre vermutlich die kostengünstigste Lösung – wenn die Schule damit einverstanden wäre.“

Fischer will das Thema in der Bezirksvertretung einbringen. „Die Interessen der Anwohner sind berechtigt, gleichzeitig müssen Jugendliche ihre Freiräume behalten. Es muss einen Ausgleich der Interessen geben.“

Der SPD-Mann will auch mit dem Jugendzentrum als Vermittler sprechen.

Auch andere versuchten ihr „Glück“ ergebnislos. Nur bei Regen ist Ruhe – „aber den kann man sich ja nicht jeden Tag wünschen“, meint ein Anwohner sarkastisch. 27 Bewohner haben einen Brief unterschrieben, in dem Politik und Verwaltung um Hilfe gebeten wurden, den ständigen Lärm zu mindern. Ihre Vorschläge: ein weicherer Belag, Einschränkung der Spielzeit auf 20 Uhr, mehr Kontrollen durch das Ordnungsamt. Das ist fünf Jahre her. Getan hat sich nichts, das Ordnungsamt haben sie schon lange nicht mehr hier gesehen, die Polizei wirke bei Anrufen genervt.

Ergebnisloser Briefverkehr zwischen Bewohnern, Verwaltung und Politik

Damit müssten sie halt leben, hätten der Bezirksbürgermeister und andere Politiker ihnen gesagt, berichtet Anwohner Dieter Potyka und zeigt end- wie ergebnislosen Briefverkehr zwischen Bewohnern, Verwaltung und Politik: „Es gibt immer eine Ausrede, warum man nichts tut“, kommentiert er.

Doch so einfach sei die Sache nicht, verweist Potyka auf ein hausgemachtes Problem: Denn im weiten Umfeld seien auf verschiedenen Plätzen die Körbe entfernt worden. Es sei deshalb kein Wunder, dass sich hier alles konzentriere. „Wir haben nichts gegen Jugendliche, sie müssen auch spielen und sich austoben können. Aber warum kann man keine Möglichkeiten etwa an der Gesamtschule einrichten? Dort würden sie keinen stören“, hofft Potyka, dass am Bottenbruch doch noch mehr Ruhe einkehrt.