Mülheim. . Gefühlt nehmen die Beschwerden über Kinderlärm und Jugendliche in Mülheim zu. Wo dürfen sie eigentlich noch laut sein? Ein Masterplan soll dafür nun Orte im Stadtraum finden. Jugendliche erzählen, wo sie ihre Freizeit verbringen.

Am Bottenbruch, der Schloßstraße oder Auf dem Bruch – an all diesen Orten beschwerten sich jüngst Anwohner über Lärmbelästigung durch spielende Kinder. Auch der neue Sportplatz in Heißen entsteht nun in einem Industriegebiet, weil es am vorigen Standort im Wohnviertel massive Anwohnerproteste gegen einen Fußballverein gegeben hatte. Zumindest gefühlt nehmen die Beschwerden über „laute“ Kinder und Jugendliche zu. Wo ist das „Draußen-Spielen“, „Abhängen“ oder „Bolzen“ noch möglich?

„Vor 30 Jahren spielten die Kinder noch mehr auf der Straße“, erinnert sich Lydia Schallwig vom Amt für Kinder, Jugend und Schule. „Heute ist das aufgrund des Verkehrs kaum noch möglich, der städtische Raum verdichtet sich immer mehr.“ Und so müssen sich Kinder und Jugendliche ihre Freiräume suchen. Häufiger komme es vor, dass Gespräche geführt werden. Mit Anwohnern, die sich gestört fühlen und Jugendlichen oder Eltern, deren Kinder Freiraum zum Spielen brauchen.

Es treffen Grundbedürfnisse aufeinander: Die einen haben ein Recht auf Ruhe, die anderen ein Recht auf Entfaltung, erklärt Schallwig. Oft helfe es, wenn beide Seiten miteinander redeten. „Der Dialog ist wichtig – und das Werben um Verständnis.“ Nutzen Jugendliche abends einen Spielplatz zum „Abhängen“, sollen sie dies tun, jedoch ihre Getränkeflaschen im Mülleimer entsorgen. Umgekehrt wirbt man ebenso um Umsicht bei Anwohnern. Wenn bestimmte Sportstätten wie Fußballplätze aus Wohngebieten heraus in Gewerbegebiete gebaut werden, „ist das zumutbar, weil es nur bestimmte Zielgruppen anspricht“. Spielplätze, die von kleineren Kindern genutzt werden, müssen aber wohnortnah erreichbar sein.

"Masterplan Spielen und Bewegen" seit 2012 in der Mache

Mit über 100 Spiel- und 19 städtischen Bolzplätzen gebe es jedoch ausreichend Möglichkeiten, sich auszutoben, findet die Amtsleiterin. Auch die Schulhöfe stehen zum Ballspielen zur Verfügung. Der Lärmschutz werde mittlerweile als Standard in alle Planungen einbezogen, sagt Jochen Schwatlo vom Amt für Grünflächenmanagement. Puffer an Torwänden gehören dazu oder weiche Bodenbeläge, um Ballgeräusche zu mindern. Gibt es dennoch Beschwerden – wie jetzt am Bottenbruch – gehe die Stadt auf beide Seiten zu. „Auch die Spielplatzpaten vermitteln regelmäßig“, so Schallwig.

Um zu erfassen, wie und wo neue Freizeitflächen für Kinder und Jugendliche geschaffen werden können, feilen Fachleute aus allen Gremien seit 2012 am „Masterplan Spielen und Bewegen“. Dieser soll Orte aufzeigen, an denen freie Flächen nicht bebaut, sondern für Kinder und Jugendliche bereit gestellt werden. Im Sommer 2015 soll er verabschiedet werden – und den Jüngsten eine Orientierung bieten.

SWB setzt auf Gespräche: Seit Mieterfest versteht man sich 

Auch bei der Service-Wohnungsvermietungs- und -baugesellschaft (SWB) setzt man auf klärende Gespräche zwischen Bewohnern und Eltern oder mit Jugendlichen selbst. Immerhin unterhält die SWB 115 eigene Spielplätze in ihren rund 1000 Häusern, zudem eigene Kitas. „Wir unterscheiden z.B. zwischen Ballspielen und Bolzen“, erklärt SWB-Sprecherin Christina Heine. „Bolzen ist laut und beinhaltet etwa das Schießen gegen Hauswände, ansonsten ist das Ballspielen auf unseren Grünflächen erlaubt.“

In der Straße Auf dem Bruch in Dümpten hatte es in einer SWB-Siedlung Probleme mit Anwohnern gegeben, die sich vom Lärm der Kinder gestört fühlten (wir berichteten). „Dann haben wir alle bei einem Mieterfest an einen Tisch gebracht – seitdem gibt es keine Probleme mehr.“

Bei der Stadt ist Elfriede Majer Ansprechpartnerin für Kinder: Tel. 455 4534. Sie hat eine Übersicht der Jugendzentren, Spielplätze und auch den Stadtplan für Kinder.

Umfrage unter Kindern und Jugendlichen: Wo tobt Ihr Euch draußen aus?


„Wir gehen zum Spielen meist auf den Kleeberg in Dümpten. Dort können wir laut sein. Allerdings würde ich mir zum Ballspielen einen Bolzplatz in der Nähe wünschen. Wenn wir Ball in unserer Straße spielen, fühlen sich manche Nachbarn nämlich von uns gestört.“ Felicia Nordmann, 11 Jahre

„In 100 Meter Entfernung von meinem Zuhause gibt es einen Schulhof, auf dem wir Fußball spielen. Dieser ist auch Treffpunkt für meine Freunde und mich. Manchmal beschweren sich dort Anwohner, aber da haben wir Verständnis für und bemühen uns leiser zu sein.“ Robin Andreas Blömer, 18 Jahre

„Ich treffe mich mit meinen Freunden meistens in der Innenstadt oder im Forum. Manche Schulkollegen treffen sich aber auch auf Spielplätzen, Schulhöfen oder in Jugendzentren – zum Kickern oder Billardspielen. Freizeit-Angebote gibt es in Mülheim genug.“ Colin Sroka, 16 Jahre