Mülheim. Mohammad Nasim aus Bangladesch ist gut in Mülheim integriert. Doch Duldung und Arbeitserlaubnis laufen aus. Die Unterstützer fordern mehr Zeit.

Die Integrationsleistung von Mohammad Nasim aus Bangladesch dürfte als gutes Beispiel dienen: Der 33-Jährige floh vor über fünf Jahren nach Deutschland, kam nach Mülheim. Hier lernte er Deutsch, holte seinen Hauptschulabschluss nach, machte eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer. Er verdient seinen Lebensunterhalt in einem „systemrelevanten“ Beruf, hat einen unbefristeten Job, eine kleine Wohnung. Was er immer noch nicht hat: einen legalen Aufenthaltsstatus. Eine Frist der Stadt von nur zwei Wochen sorgt nun für Aufregung bei Nasim und seinen Unterstützern. Nasims Duldung und seine Arbeitserlaubnis laufen beide am 16. Juli aus.

Die Angst, die Panik vor der Zukunft begleiten Mohammad Nasim seit langem. Seine drohende Abschiebung im vergangenen Jahr, nach der Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), konnte – nach Anrufung der Härtefallkommission – abgewendet werden. Die Mülheimer Ausländerbehörde erlaubte zunächst den Aufenthalt bis zum Ende seiner dreijährigen Ausbildung zum Altenpfleger. Aber er hätte sich in dieser Zeit einen Pass besorgen müssen, erinnert die Stadt an die gestellte Bedingung.

Diese Ausbildung zum Altenpfleger hatte Nasim im Herbst begonnen, aber inzwischen abgebrochen. Die sprachlichen Anforderungen, die medizinische Fachsprache, waren für ihn zum jetzigen Zeitpunkt noch zu schwierig, wie er berichtet. Den Kopf hat er wohl auch nicht frei für eine zweite Ausbildung. Aktuell arbeitet Nasim wieder als Altenpflegehelfer 25 Stunden in der Woche in einer Mülheimer Senioreneinrichtung. Sein unbefristeter Vertrag soll zum 1. Oktober in eine Vollzeitstelle umgewandelt werden.

Nasim hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag in einer Senioreneinrichtung

Die Stadt Mülheim weiß das und sieht auch die Integrationsbemühungen, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. Man habe seinerzeit mit Nasims Rechtsanwalt besprochen, was man tun könne, damit er legal in Deutschland ist. „Wir müssen uns als Stadt“, betont Wiebels, „an Recht und Gesetz halten.“ Und darauf bestehen, dass Nasim nach Bangladesch aus- und legal wieder einreist.

In Kurzform: Mohammad Nasim besorgt sich in seiner Berliner Botschaft gültige Ausweispapiere, reist nach Bangladesch, lässt sich dort bei der Deutschen Botschaft ein Arbeitsvisum in den Pass stempeln und reist legal wieder nach Deutschland ein. Er hat eine Bescheinigung der Stadt Mülheim, dass er das Arbeits- und Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommt, wenn er das Visum aus Bangladesch mitbringt, so Wiebels.

Stadtsprecher weist Aussagen eines Fernsehbeitrags zurück

Da sich bisher nichts getan habe, so Wiebels, sei nun vor zehn Tagen die 14-tägige Frist gesetzt worden. Nasim sollte sich in dieser Zeit bei der Botschaft in Berlin Papiere zur Ausreise besorgen. Die Stadt habe nicht verlangt, wie es fälschlicherweise in einem Fernsehbeitrag berichtet worden sei, dass Nasim alles Geforderte innerhalb von 14 Tagen erledigen müsse, betont Volker Wiebels.

Mohammad Nasim sagt, dass er seinen Pass doch schon im vergangenen Jahr bei der Bangladeschischen Botschaft in Berlin beantragt habe. Schon damals habe man ihm gesagt, das werde länger dauern. Der Pass sei, das bestätigen auch die Nachforschungen von Nasims Anwalt Axel Nagler, in Bangladesch in Bearbeitung. Darauf müsse Nasim warten. „Notreisepässe stellt die Bangladeschische Botschaft nicht aus“, hat sich der Essener Anwalt in Berlin erkundigt. Wie sollte Nasim also eher an Reisepapiere kommen?

Der Pass ist längst beantragt, aber in Bangladesch mahlen die Mühlen langsam


Nasim selbst habe immer wieder in der Botschaft angerufen, Mails geschickt, um nachzufragen. „Wenn der Pass endlich fertig ist, wird er von Bangladesch nach Berlin geschickt“, so Nasim. „Ich habe doch alles gemacht, was die Behörde gesagt hat.“

Dieses Bemühen wurde der Mülheimer Ausländerbehörde mitgeteilt, bestätigt Michaela Vogelsang, die Mohammad Nasim ehrenamtlich betreut, und ihn zu Amtsgängen begleitet. „Es läuft ja alles, aber die Papiere sind eben noch nicht fertig“, sagt sie. Nasim brauche noch Zeit. Auch dann, wenn der Pass möglicherweise bald kommen sollte. Gerade jetzt, in den Coronazeiten. „Es gibt doch kaum Flüge nach Bangladesch“, sagt Michaela Vogelsang. „Und wenn, sind die sehr, sehr teuer.“ Mindestens 2500 Euro. Geld, das Nasim erst mal verdienen müsse.

Nasims Unterstützer fordern mehr Geduld von der Ausländerbehörde

Die Ausländerbehörde, so Vogelsang, müsse mehr Geduld haben und auch ein größeres Zeitfenster als nur zwei Wochen geben. „So eine Reise braucht Vorlauf“, sagt Rechtsanwalt Nagler, „gerade in Coronazeiten.“ Zudem die deutsche Botschaft in Bangladesch derzeit geschlossen sei. Die Reise müsse zeitlich ganz genau geplant werden, damit nicht im schlimmsten Fall auch noch der teure Rückflug verfalle.

Ein Zeitfenster, eine Duldung bis Ende September, hatte der Anwalt für seinen Mandanten beantragt. Der muss aber nächste Woche erst mal wieder zur Ausländerbehörde, was jedes Mal mit großer Angst verbunden sei, so Nagler.

Stadtsprecher Volker Wiebels räumte am Freitagnachmittag ein: „Wir sehen die aktiven Bemühungen, einen Pass zu bekommen. Es gibt keine unmittelbare Gefahr für Nasim, abgeschoben zu werden.“ Und stellt in Aussicht, dass die Duldung verlängert werden könnte, wenn es zeitlich zu eng wird.