Mülheim/Duisburg. Weil er die Hündin von der Brücke ins eisige Wasser geworfen hat, muss ein 59-Jähriger hinter Gitter. Er hatte Berufung eingelegt, hoch gepokert.

Zwei Passanten trauten ihren Augen kaum, als sie am Abend des 29. Dezember 2018 einen Mann auf der Schlossbrücke in der Mülheimer Innenstadt beobachteten: Er entfernte einem kleinen Vierbeiner das Halsband, nahm den Hund auf den Arm und warf ihn über das Geländer in das eiskalte Wasser der Ruhr. Das Tier starb, weil es sich beim Aufprall auf das Wasser schwere innere Verletzungen zuzog. Der Täter, ein 59-jähriger Mülheimer, muss nun sechs Monate hinter Gitter.

Die Berufungskammer des Landgerichts Duisburg bestätigte damit ein Urteil, das schon das Amtsgericht Mülheim für die Tötung eines Wirbeltieres ohne vernünftigen Grund, so heißt das im Juristendeutsch, ausgesprochen hatte. Allerdings hatte der Angeklagte auch nicht allzu viel vorzutragen, was für ihn gesprochen hätte.

Am Tattag hatte er offenbar Streit mit seinem Freund

59-Jähriger darf keine Tiere mehr halten oder betreuen

Unabhängig von dem Strafverfahren hat die Stadt Mülheim ein generelles Tierhaltungs- und Betreuungsverbot gegen den Mann erlassen.

Das ist schon lange bestandskräftig. Der 59-Jährige hatte darauf verzichtet, dagegen vorzugehen.

Nach dem Vorfall hatte es in den Sozialen Medien teils übelste Beleidigungen gegen ihn gegeben. Die Polizei kündigte damals an, dagegen vorgehen zu wollen. Weitere Verfahren haben sich nach Angaben einer Sprecherin aus den Ermittlungen jedoch nicht ergeben.

Der Mann, der zeitweise auf der Straße lebte, dann zu seinem Lebensgefährten nach Mülheim zurück gekehrt war, berichtete von seinem problematischen Verhältnis zu dessen Mischlingshündin „Sandy“. „Der Hund war schwer krank und er fraß alles, was auf der Straße lag. Zuletzt hat er sich die Haare mit den Zähnen ausgebissen“, gab der Angeklagte an. Am Tattag habe er deshalb Streit mit seinem Freund gehabt und er habe bereits ab Mittag dem Alkohol zugesprochen, erzählte der 59-Jährige.

Szene aus dem erstinstanzlichen Verfahren: Bei der Verhandlung vor dem Mülheimer Amtsgericht war der Angeklagte von Anwalt Ludger Aretz verteidigt worden. Im Hintergrund Richter Mark Schneider.
Szene aus dem erstinstanzlichen Verfahren: Bei der Verhandlung vor dem Mülheimer Amtsgericht war der Angeklagte von Anwalt Ludger Aretz verteidigt worden. Im Hintergrund Richter Mark Schneider. © Mara Tröger

Ausnahmsweise habe er den Hund an diesem Abend ausgeführt. Sein Weg führte zur Schlossbrücke. An seiner Seite der Hund, den er nach eigener Angabe nie leiden konnte. Da sei ihm die ganze Situation plötzlich zu viel geworden. „Da habe ich den Hund ins Wasser geworfen. Das war wie ein Reflex.“

Die Augenzeugen will er nicht bemerkt haben

Ganz so spontan war die Tat aber doch wieder nicht: Das Halsband habe er entfernt, damit die Hundemarke nicht sofort auf den Besitzer verweise, gab der Angeklagte zu. „Ich konnte ja nicht wissen, dass der Hund einen elektronischen Erkennungschip unter der Haut trug.“ Die Augenzeugen habe er nicht bemerkt. „Dabei habe ich mich extra vorher noch umgesehen.“

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Eine positive Sozialprognose konnte die Berufungskammer dem Mann nicht ausstellen. Der Angeklagte lebt von Hartz-IV und hat schon vier Mal erfolglos eine Langzeittherapie absolviert, mit der er vom Alkohol loskommen wollte. Das Vorstrafenregister des 59-Jährigen weist eine ganze Reihe von Verurteilungen auf, meist wegen kleinerer Betrügereien. Zur Tatzeit hatte er bereits unter Bewährung gestanden. Positive Ansätze, die eine erneute Bewährungschance gerechtfertigt hätten, vermochte das Gericht daher nicht zu erkennen.