Mülheim. Mülheimer Verbraucherschützer haben im letzten Jahr rund 2400 Beratungen geleistet. Auch eine Partnervermittlung wurde in die Schranken gewiesen.

In der strengen Lockdown-Phase der Coronakrise hatte die Mülheimer Verbraucherberatung reichlich zu tun: Vor allem in Fragen der Stornierung geplanter Reisen und Veranstaltungen suchten die Mülheimer Rat. Das ging, aufgrund des Kontaktverbots, wochenlang nur telefonisch und per E-Mail. Inzwischen ist wieder eine persönliche Beratung nach Terminvergabe möglich, und „die Ratsuchenden kommen auch wieder mit den klassischen Beratungsthemen“, sagt Christiane Lersch. Die Leiterin der Beratungsstelle hat zusammen mit ihren Kolleginnen im vergangenen Jahr rund 2400 Rechtsberatungen und Rechtsvertretungen geleistet.

Klassiker der Beratung ist und bleibt die Telekommunikation

Ein Schwerpunkt der Beratung war auch im vergangenen Jahr die Telekommunikation. „Vor allem beim Vertragsabschluss in Telefon-Shops gab es viele Klagen“, berichtet Christiane Lersch. Die Verträge seien oft so unübersichtlich, „dass die Leute gar nicht wissen, welche Kosten sie haben, und ob sie mehr als einen Vertrag unterschrieben haben.“ Unterschriften müssten meist auf einem Tablet geleistet werden, „da sieht man dann nur das Unterschriftenfeld und nicht, was man unterschreibt.“

Besser wäre es, wenn man den Vertrag ausgedruckt vor sich liegen hätte. Die Kunden würden oft erst dann merken, dass sie Leistungen unterschrieben haben, die sie nicht wollen, wenn die erste Rechnung käme. Bei einer landesweiten Stichprobe hatte die Verbraucherzentrale NRW festgestellt, dass neun von zehn Shops ihren gesetzlichen Informationspflichten vor Abschluss eines Handyvertrages nicht nachgekommen waren.

Partnervermittlung stellte Mülheimer Witwe eine hohe Rechnung

Die Verbraucherzentrale muss auch bei Angelegenheiten helfen, die man vielleicht nicht so gern an die große Glocke hängt. So verlangte eine Partnervermittlerin von einer Mülheimer Witwe (81), die auf einen neuen Lebensgefährten hoffte, 7500 Euro. Doch außer einer Beschreibung ihrer Person und der Option auf Kontakte war laut Christiane Lersch nichts geleistet worden. Die Frau hatte zudem sofort gekündigt. „Die Partnervermittlung wollte das komplette Geld für eine geringe Leistung haben“, so Lersch. „Die Beratungsstelle wies die Forderung erfolgreich zurück.“

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Derzeit, so die Verbraucherberaterin, gibt es auch wieder etliche Opfer von Sex-Hotlines, wie in jedem Jahr. Die Masche dieser Firmen, die laut Lersch in Tschechien sitzen: Durch Inserate auch im Videotext würden „neugierige Verbraucher“ dazu verleitet, eine Rufnummer mit deutscher Vorwahl anzurufen. Man höre ein Tonband, dann werde aufgelegt. „Wenn man keine Rufnummernunterdrückung eingestellt hat, wird man zurückgerufen.“ Unter einem Vorwand, etwa, man habe ein Paket erhalten, wird die Anschrift entlockt. „Diese Firmen benötigen eine Postadresse, um eine Rechnung stellen zu können.“

Sex-Hotlines finden auch in Mülheim immer wieder arglose Opfer

Und die kommt dann auch: „Satte 90 Euro für 38 Sekunden Bandansage“, so Christiane Lersch. Diese Firmen setzten die „Kunden“, zumeist ältere Herren, immens unter Druck, postalisch und per Telefon. Auch Inkassofirmen würden eingesetzt. „Da wird dann gerne mal gezahlt“, weiß Lersch. Das müsse man aber nicht. Denn an der Rufnummer sei ja nicht zu erkennen gewesen, dass sie kostenpflichtig ist.

Christiane Lersch rät: „Wer sich nicht rührt, wird irgendwann in Ruhe gelassen. Aber das kann Monate dauern.“ Die Nerven muss man auch erst mal haben. Vor allem, weil die Ehefrau nichts von der Sex-Hotline merken soll.

Immer mehr Fälle von Datenklau

Der Datenklau nimmt auch in Mülheim zu, warnt die Verbraucherberatung: Täter suchen sich Namen aus dem Telefonbuch aus, die nach einem älteren Jahrgang klingen, und stellen damit E-Mail-Adressen her, mit denen sie im Internet einkaufen.

Betroffene merken das erst, wenn die Mahnungen kommen. Denn die Rechnung geht ja an die E-Mail-Adresse. 15 bis 20 Fälle, so Christiane Lersch, habe es im vergangenen Jahr gegeben. Sie empfiehlt Senioren, ihren Eintrag im Telefonbuch vorsorglich löschen zu lassen, oder zumindest den Vornamen abzukürzen.

Abgezockt kann man auch durch unseriöse Schädlingsbekämpfer werden, erinnert sich Christiane Lersch an einen Mülheimer Fall aus dem letzen Jahr. Da werde von auswärtigen Firmen für schlampige Arbeit schon mal viel Geld verlangt. „Das ist ähnlich wie bei unseriösen Schlüsseldiensten“, sagt Lersch, die Verbrauchern zu verlässlichen Dienstleistern vor Ort rät.

Inkassobüros dürfen nicht zu hohe Gebühren nehmen

Wer rechtmäßig wegen einer Zahlung angemahnt wird, sollte darauf achten, das dann ein Inkassobüro nicht zu viele Gebühren verlangt. Die Mülheimer Verbraucherberatung stellt immer wieder fest, dass Inkassobüros für einfache Mahntätigkeiten zu hohe Gebühren verlangen, weil sie nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abrechnen. Das sei für einen Musterbrief nicht gerechtfertigt, betont Christiane Lersch.