Mülheim. Ob die Mülheimer Kultureinrichtungen die Pandemie mit blauem Auge überstehen, hängt davon ab, ob bald wieder mehr Veranstaltungen möglich sind.
Die Mülheimer Kultureinrichtungen könnten die Pandemie mit einem blauen Auge überstehen. Die Einnahmeeinbußen lassen sich wohl verkraften, wenn nun immer mehr Veranstaltungen möglich werden. Viele Einrichtungen haben die Corona-Krise zudem als Chance genutzt, um Neues auszuprobieren, zum Beispiel digitale Projekte. Das wurde am Montag im Kulturausschuss deutlich.
Theater an der Ruhr könnte Ertragsverlust verschmerzen
Kein Spielbetrieb, kaum Probenbetrieb auf der Bühne, zeitversetztes Arbeiten im Büro und seit 1. April auch Kurzarbeit - so umreißt Sven Schlötcke, Geschäftsführer am Theater an der Ruhr die Einschränkungen in den letzten Wochen. Aber auch das Entwickeln von digitalen Projekten, die in einen digitalen Spielplan mündeten, gehört dazu - sowie das Planen für die Zeit nach der Sommerpause. "Wir müssen dabei drei Szenarien planen, denn keiner weiß, was im September sein wird", so Schlötcke.
Ertragsverluste werde es durch Corona geben. Man gehe derzeit von 180.000 bis 250.000 Euro aus, dieser Betrag werde sich durch Kurzarbeit und andere Einsparungen wohl noch reduzieren. "Voraussetzung ist aber, dass zugesagte Fördermittel von 1,2 Millionen auch fließen und wir im Herbst wieder spielen können," sagt Schlötcke. Sein Fazit: "Zusammen mit unseren Rücklagen kommen wir dann ganz gut durch diese Krise durch."
Finanzielles Minus im Ringlokschuppen noch unklar
Auch im Ringlokschuppen ist das Kernteam in Kurzarbeit, wurden bisher 31 Veranstaltungen abgesagt und die Probenprozesse gestoppt. "Da wird im Herbst ein Proben-Stau entstehen", so Matthias Frense, Leiter des Zentrums. Man probiere im Netz viel aus, habe einige Online-Formate entwickelt. Wie hoch das Minus am Jahresende sein könnte, könne man nur schätzen. Man rechne mit 50.000 Euro. "Aber nur, wenn im zweiten Halbjahr ein Großteil unserer Veranstaltungen auch stattfinden kann", so Frense. Man habe zudem einen Förderantrag für das Programm "Neustart" eingereicht, wolle damit bauliche und technische Dinge angehen.
Auch das Theater- und Konzertbüro, beziehungsweise das "Stücke"-Team ist im Netz aktiv, zeigt gerade eine Serie von Filmportraits - über die Autoren, die bei den Theatertagen 2020 dabei gewesen wären. Eine gute Nachricht: Die Kinderstücke werden wohl in Kooperation mit dem Ringlokschuppen im Herbst nachgeholt. Auch erfreulich: Der Verkauf der Abos und Karten für die Sinfoniekonzerte läuft rege. Schon 300 Personen haben ihr Abo verlängert.
Musikschule kehrt auch zu Gruppenunterricht zurück
"Wir haben in unseren Einrichtungen digitale Angebote entwickelt und Dinge erledigt, für die sonst keine Zeit war", resümiert Frank Baudy vom Kulturbetrieb. Viele Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Vom Ruhrsommer bis zum Kreativmarkt. Zugesagte Förderungen haben laut Michael Bohnes (Kulturbüro) Bestand. Zudem habe man digitale Projekte gefördert - etwa die digitale Mittwochsreihe der Regler. Im Moment gehe man davon aus, so Baudy, dass am Ende des Jahres ein Minus von 130.000 Euro steht. Aber die Zahl könne sich jederzeit noch ändern. "Der größte Posten ist die Erstattung von Unterrichtsentgelten der Musikschule."
Die städtische Musikschule ist nach Online-Projekten zum Einzelunterricht vor Ort zurückgekehrt, jetzt soll auch der Partner- oder Kleingruppenunterricht beginnen. Man arbeitet auch an einem Veranstaltungskalender für die Herbst, hofft, dass dann wieder Konzerte im Vortragssaal möglich sind. Den möchte auch das Stadtarchiv möglichst schnell wieder nutzen. Der Lesesaal ist wieder geöffnet - allerdings für sechs statt für 18 Nutzer. Er wird laut Archivleiter Stefan Pätzold auch zu 100 Prozent genutzt.
Aufenthalt in Stadtbibliothek noch nicht möglich
Für digitale Projekte, aber auch fürs Aufräumen, Reinigen, Reparieren hat das Bücherei-Team die Schließungszeit genutzt. Ebenso für das Aufstocken der Onleihe. "Im März sind die Ausleihzahlen schon gestiegen, im April haben wir sogar eine Verdoppelung", sagt Büchereileiterin Claudia vom Felde. Nun darf auch wieder vor Ort ausgeliehen werden, 40 Nutzer sind in der Zentrale, zehn in den Stadtteilbüchereien erlaubt. Immerhin erreiche man derzeit 35 bis 40 Prozent der üblichen Benutzerzahlen. "Es ist momentan ja auch kein Aufenthalt im Haus möglich", bedauert vom Felde. Auch Veranstaltungen finden (noch) nicht statt. Ohnehin wären maximal 32 Personen zugelassen.
Info: Museum Temporär
Im Museum Temporär ist gerade eine neue Ausstellung gestartet, 14 Personen dürfen zeitgleich hinein, im Museumsshop gilt die Besucherzahl zwei. Führungen und Kurse sind noch ausgesetzt, es gibt aber einige Tutorials im Netz.
"Wir sind dabei, unser Sammlungs-Inventar in eine digitale Datenbank zu überführen, bearbeiten das Bildarchiv und bereiten ein Marketing-Projekt für die Wiedereröffnung der Alten Post vor", berichtet Dr. Beate Reese. Im Museum Temporär halte sich der Schaden durch Corona in Grenzen.