Mülheim. Die Abiturprüfungen laufen. Aber was wird aus der Zeugnisausgabe und den Abi-Bällen? Sie zählen laut Corona-Regeln zu den Großveranstaltungen.
Die Abitur-Prüfungen laufen, eine Klausur folgt auf die nächste. Doch wird das viele Lernen auch belohnt durch feierliche Zeugnisverleihungen und rauschende Abi-Bälle? Die Abiturienten hoffen noch, aber mehrere hundert Personen in der Aula oder einem Veranstaltungssaal? Die Chancen stehen schlecht. Zumindest für eine zeitnahe Realisierung der Feierlichkeiten. Laut Corona-Schutzverordnung wären sie Großveranstaltungen. Und die sind bis 31. August untersagt.
Kommt das Abi-Zeugnis in Mülheim per Post?
Kommt das Abitur-Zeugnis schnöde per Post? Die Schulleitungen wissen es noch nicht. In den Wirren der Wiedereröffnungswochen, in denen es viel zu organisieren galt, stand diese Frage noch hinten an, aber natürlich spukt sie den Schulleitern schon irgendwie im Kopf herum.
"Es wäre sehr schade, wenn das Abi 2020 ganz ohne Feiern enden würde. Wir müssen aber abwarten, wie viele Personen Ende Juni zusammenkommen dürfen. Eventuell ist eine Veranstaltung draußen auf dem Schulhof denkbar", erklärt Angela Huestegge, Leiterin des Broicher Gymnasiums. Den diesjährigen Abiturienten sei schon viel genommen worden: zum Beispiel die Motto-Woche, auf die sich alle immer riesig freuen. Sogar das übliche Foto von allen Abiturienten auf einem Bild werde es diesmal wohl nicht geben können.
Ähnlich sehen es auch andere Schulleitungen. "Wir haben Überlegungen angestellt, aber wir müssen weitere Anweisungen des Landes abwarten", erklärt auch Heike Quednau, Direktorin der Luisenschule. Sie hofft, dass man "in einem angemessenen Rahmen" die Zeugnisse ausgeben kann. "Es täte mir unheimlich leid für die Schüler, wenn auch das nicht möglich wäre."
Wie groß dürfen Gruppen Ende Juni sein?
"Denkbar ist, die Abiturienten in Gruppen aufzuteilen und zeitversetzt kommen zu lassen. Alles hängt eben von der erlaubten Teilnehmerzahl ab", sagt Ulrich Bender, stellvertretender Leiter des Otto-Pankok-Gymnasiums. "Es war traurig für die Abiturienten, dass der letzte Schultag im März so sang- und klanglos verlief. Nun geht womöglich auch der Höhepunkt verloren", sagt er. Auch an der Willy-Brandt-Gesamtschule wartet man mit konkreten Planungen noch. Hier sind es ja nicht nur die Abiturienten, sondern auch auch die Zehner, die eigentlich feierlich verabschiedet werden sollten.
Und die Abi-Bälle? Sie werden von den Schülern selbst organisiert, die jetzt um ihr großes Tanzvergnügen bangen. Die Räumlichkeiten dafür sind seit Monaten gebucht - in der Stadthalle, in Eventhallen, sogar Fußballstadien. Und natürlich haben sich die jungen Leute auch schon Ballkleider und Anzüge für den großen Tag angeschafft. Zwischen 500 und fast 1000 Leute sind jeweils für die Bälle angemeldet. Es handelt sich also ebenfalls um Großveranstaltungen.
Viel Arbeit in die Planung der Abi-Bälle gesteckt
"Alles, was wir in anderthalb Jahren geplant haben, ist verloren, wir haben da so viel Arbeit reingesteckt", berichtet Klara aus der Fünten von der Gustav-Heinemann-Gesamtschule. Mit vielen kleinen Aktionen habe man Geld gesammelt für den Ball, er sollte am 26. Juni mit 530 Personen in der Stadthalle steigen. Das geht nun nicht.
"Man hat uns angeboten, den Termin zu verschieben - zum Beispiel in den Herbst. Da können aber viele vermutlich nicht mehr kommen, weil sie zum Beispiel woanders studieren", so die Abiturientin. Eine eventuell mögliche Alternative: Nur bis zu 100 Personen sind beim Ball dabei. Das sind genau die Abiturienten selber, die dann aber auf Corona-Abstand bleiben müssten. Beim Tanzen?
Werden Stornogebühren fällig?
Das Abi-Ball-Komitee der Luisenschule fragt bei Schülern und Eltern gerade ab, ob der Ball abgesagt oder verschoben werden soll - auf September. Nicht alle könnten dann dabei sein. Nicht wenige Schüler wollen im Spätsommer schon ihren Auslandsaufenthalt oder eine Reise angetreten haben (Ob das dann schon geht, ist allerdings auch noch offen). Sage man die Veranstaltung ab, werde der Betreiber der Eventhalle vermutlich eine nicht unerhebliche Stornogebühr fordern. Wie das rechtlich zu bewerten ist, müsse dann geprüft werden. Einen Fall wie die Corona-Krise gab es zuvor ja nicht.
Die Broicher Abiturienten, die in der Stadthalle feiern wollten, haben ebenfalls eine Umfrage gestartet. "Wir denken noch positiv", sagt Xenia Schetter. Vielleicht könne der Ball im September stattfinden, das wäre dann "noch einmal ein gemeinsamer Abschied von der Schule". Vieles sei aber unklar. "Es ist ja noch nicht mal definiert, was eine Großveranstaltung ist." Das Stadthallen-Team sei kooperativ, ob bei Stornierung eine Gebühr fällig werde? "Wenn wegen Corona abgesagt wird, dann vermutlich nicht", hofft Xenia.
Stadthallen-Team hofft auf weitere Verfügungen
Das Stadthallen-Team selbst steht ebenfalls vor mehr Fragen als Antworten. Etwa zehn Abi-Bälle sollten dort in diesem Jahr steigen. "Mit den derzeitigen Corona-Regelungen ist das nicht möglich", erklärt Inge Kammerichs, Geschäftsführerin der MST. Eine Aussage treffen für Ende Juni könne man momentan nicht. "Vielleicht hilft uns die nächste Verfügung vom Land weiter, es ändert sich ja täglich etwas."
Noch keine Entscheidung gebe es auch dazu, ob bei Stornierung Gebühren fällig werden. Zum Beispiel dann, wenn schon Kosten bei der Vorbereitung des Events entstanden sind. "Das ist juristisch alles ungeklärt", so Kammerichs. Die Stadthalle habe im Moment zwar gar keine Einnahmen, "ich wüsste andererseits aber auch nicht, warum die Abiturienten die Leidtragenden sein sollten".
INFO: Was die Verbraucherzentrale sagt
Die Verbraucherzentrale geht derzeit davon aus, dass der Abiball-Fall in den rechtsformalen Bereich "Unmöglichkeit" fällt. Denn Großveranstaltungen sind bis 31. August untersagt. Der Anbieter könne zum vereinbarten Termin "nicht liefern", eine Verschiebung müsse der Kunde nicht akzeptieren. Eine Stornogebühr würde nicht fällig.
Sehr ratsam sei es, sofort eine "Unsicherheitseinrede" zu stellen. Sie besagt, dass man höchstwahrscheinlich aus Gründen der Unmöglichkeit vom Vertrag zurücktreten wird und die Dienstleister aus ihren Diensten entlässt. Weitere Infos bei der Verbraucherzentrale: Tel. 696053-01. Viele Bestimmungen, so die Verbraucherschützer, "ändern sich momentan täglich".