Mülheim. Die Mülheimerinnen Emma und Antonia Kocks wollen sich bestmöglich aufs Abi vorbereiten. Sie haben aber auch Angst vor Ansteckung in der Schule.

Zur Schule gehen und riskieren, sich mit dem Coronavirus zu infizieren? Oder doch lieber zu Hause für das Abitur lernen? Vor dieser Entscheidung stehen die Zwillingsschwestern Emma und Antonia Kocks, die in diesem Jahr ihr Abitur an der Willy-Brandt-Gesamtschule machen. So wie die beiden Mülheimerinnen sind viele Abiturienten in diesen Tagen sehr verunsichert und besorgt.

Ab Donnerstag, 23. April, dürften die 18-Jährigen freiwillig zur Schule gehen, um sich auf ihre bevorstehenden Abitur-Prüfungen am 12. Mai vorzubereiten. Doch, ob sie wirklich in der Schule lernen sollen? Da sind sich die Zwillinge uneins: "Ich möchte auf jeden Fall in die Schule, um die Möglichkeit zu nutzen, in der Gruppe zu lernen und den Lehrern Fragen zu stellen", sagt Emma. "Das gibt mir mehr Sicherheit." Genau wie ihre Schwester hat sie Deutsch und Erdkunde als Leistungsfächer sowie Englisch als drittes Fach. Nur das vierte, mündliche Fach haben die beiden unterschiedlich gewählt: "Ich habe Biologie, Antonia Mathe."

Abstand zu den Freunden einhalten

"Ich bin hin- und hergerissen", sagt Antonia. "Gerade in Mathe fällt es mir schwer, alleine nur mit Büchern zu lernen." Gerne würde sie die Hilfe ihres Mathelehrers in Anspruch nehmen - und zwar persönlich. "Das ist immer etwas anderes als über den Chat oder per Videokonferenz." Auch wenn die meisten Lehrer sehr hilfsbereit seien und schnell auf Fragen antworten. "Im persönlichen Kontakt kann man immer besser lernen und mehr Rückfragen stellen", findet Antonia. Andererseits habe sie große Sorgen, sich selbst und darüber hinaus ihre Eltern, Oma oder Opa, mit dem Coronavirus anzustecken. "Diese Entscheidung überfordert mich gerade total."

Ziemlich unfair finden sie die unterschiedlichen Vorbereitungsbedingungen. "Wir sind in der glücklichen Lage, uns in unsere Zimmer zurückziehen zu können mit Computern und funktionierendem W-Lan. Einige unserer Freunde haben das nicht", wissen sie. "Manche müssen sich mit drei Geschwistern ein Zimmer teilen und können nicht in Ruhe lernen - trotzdem müssen alle das gleiche Abi machen." Dennoch seien sie froh, die Prüfungen jetzt schreiben zu können und nicht erst nach den Sommerferien. "Sonst zieht es sich nur weiter in die Länge."

Den Freunden nur auf Distanz begegnen

Falls Emma und Antonia beide ab Donnerstag in die Schule gehen, wollen sie dort nur mit Mundschutz lernen, die Toiletten meiden und ihre Freunde möglichst aus sicherem Abstand begrüßen. "Auch wenn uns das sehr schwer fallen wird, immerhin haben wir uns alle vier Wochen nicht gesehen und würden uns am liebsten in die Arme fallen." Könnten wir uns gegenseitig anstecken? Haben wir uns zuhause gut genug vorbereitet? Ab wann greift die Regelung mit dem Durchschnittsabitur? Viele Fragen geistern ihnen und ihren Freunden durch den Kopf. "Wir sind sehr nervös, weil vieles so ungewiss ist."

"Das ist so traurig", sagen die Schwestern. "Wir haben uns die gesamte Schulzeit über auf das Ende gefreut." Motto-Woche, feierliche Zeugnisübergabe und vor allem: der Abi-Ball - alles droht auszufallen. "Der Horror." Dabei hatten Emma, Antonia und viele ihrer Freundinnen schon Kleider für das Abschiedsfest gekauft, auch den Saal für 500 Personen in der Stadthalle bereits angemietet. Sollte der Ball ausfallen, hoffen die beiden, dass der Ball dann nachgeholt werden kann.

Die Schwestern blicken aber auch zuversichtlich in die Zukunft: "Wir sind ja nicht alleine in dieser Situation." Der Zusammenhalt unter den Schulfreunden dürfte in dieser besonderen Zeit noch enger geworden sein. Und gemeinsam werden sie nicht nur die Corona-Krise, sondern auch die Abi-Prüfungen meistern.

INFO:

- Von Montag, 20. April, bis Mittwoch, 22. April, öffnen die Schulen zunächst für Lehrer und anderes Personal, um den Start vorzubereiten. Ab Donnerstag, 23. April, können Schüler der 10., 12. und 13. Klassen für die Prüfungsvorbereitung wieder zur Schule gehen, dürfen aber auch zu Hause bleiben. Die Abitur-Prüfungen beginnen am 12. Mai.

- Ab dem 4. Mai sollen die Grundschulen geöffnet werden, zunächst aber nur für die Viertklässler. Dann öffnen auch weiterführende Schulen für Schüler, die im nächsten Jahr vor Prüfungen stehen. Erst danach werden die Schulen nach und nach auch für andere Jahrgänge geöffnet.