Mülheim. Fastenbrechen mal ganz anders: Über Kulturgrenzen und Kontaktverbote hinweg haben sich Mülheimer am Samstagabend zum Austausch online getroffen.
Familien, Ehepaare und Kinder verschiedenster Kulturen sind gekommen. Es wird geredet, gelacht, Menschen winken einander zu und begrüßen sich – man könnte meinen, alles sei wie immer. Doch zwischen dem freudigen Trubel fallen wiederholt Sätze wie „Könnt ihr mich hören?“ oder „Ich bin ja gar nicht zu sehen“. Gemeint ist das interkulturelle Fastenbrechen vom Jugendzentrum Stadtmitte, das dieses Jahr, statt am gemeinsamen Esstisch, in digitaler Form über eine Streaming-Plattform stattgefunden hat.
Organisiert wurde das Projekt des Jugendzentrums gemeinsam mit Awo, Caritas, Komm-An NRW und der Mülheimer SPD. Bei dem Treffen während des Ramadans sollen interkulturelle Begegnungen und ein tolerantes Miteinander entstehen – über Religionsgrenzen und Kontaktverbote hinweg.
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Corona-Ramadan: Das Zusammenkommen mit Freunden fehlt
„Außergewöhnliche Zeiten benötigen außergewöhnliche Maßnahmen“, begrüßt Elke Domann-Jurkiewicz, Vorsitzende der Awo Mülheim, am Samstagabend die 26 online teilnehmenden Familien. Was dieses Jahr beim Ramadan fehle, sei das Zusammenkommen mit Freunden und Familie, um nach Sonnenuntergang gemeinsam essen zu können. „Wir sind froh, uns zu diesen Zeiten wenigstens online sehen zu können“, so Sayed Siam von der islamischen Gemeinde Mülheim.
Die Atmosphäre des Treffens bestätigt dies: Alle wirken erfreut über das virtuelle Wiedersehen. Ursprünglich war das Projekt ganz anders geplant. Erstmals wurde über ein Interkulturelles Fastenbrechen in viel größerem Umfang als gewohnt nachgedacht. Gemeinsam mit weiteren Partnern sollte ein Fest am Rathausmarkt oder einer angemieteten Halle stattfinden. „Diese Ideen werden jetzt auf das nächste Jahr verschoben“, berichtet Vahide Tig vom Jugendzentrum Stadtmitte.
Einen Teil des dafür bereits erworbenen Budgets hat das Jugendzentrum Stadtmitte für das Projekt „Miteinander Füreinander“ verwendet. Über 250 bedruckte Taschen wurden mit Süßigkeiten und Lebensmitteln gefüllt und an Familien, aber auch an Obdachlose verteilt. Denn auch darum gehe es beim Ramadan: füreinander da zu sein und „etwas Gutes für unsere Mitmenschen und unseren Körper zu tun“, so Siam.
Das Fasten fällt leichter, wenn man ausschlafen kann
Die Teilnehmer des interkulturellen Fastenbrechens tauschen sich untereinander über Gefühle und Gedanken zu dem, dieses Jahr etwas anderen, Ramadan aus. Mütter und Kinder erzählen, wenigstens einen Vorteil habe das Corona-bedingte Zuhause-Bleiben: „Das Fasten fällt leichter, wenn man lange ausschlafen kann.“
Um 21.19 Uhr ist es so weit: Nach dem Ezan, dem Aufruf zum Gebet, darf mit dem Essen begonnen werden. Man sieht gefüllte Tische und einen Grill vor den Kameras. Und auch im Awo-Gebäude wurde ein Tisch gedeckt, dekoriert mit Namensschildern der Teilnehmer. „Wir tun einfach so, als würden wir alle uns hier an diesem Tisch treffen“, erklärt Tig.