Mülheim. Die letzte Warnung ist bei den Mülheimern offenbar angekommen. Am Samstag gingen Bürger zwar an die frische Luft, aber an die Spielregeln.
Ein bisschen frisch, aber strahlender Sonnenschein. Solch ein Wetter an einem Samstag im März lockt die Mülheimer normalerweise scharenweise nach draußen. Offenbar nicht so an diesem Samstag, der zeigen sollte, ob sich die Menschen nun an die Spielregeln halten können und eine Ausgangssperre vorläufig noch mal abgewendet werden kann.
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Ein Kanufahrer paddelt einsam auf der Ruhr, Paare und kleine Familien spazieren vereinzelt den Leinpfad am Ruhrufer entlang. Immer auf genug Abstand bedacht, kommt man sich entgegen oder möchte überholen, wird das im großen Bogen gemacht.
„Es sind alle sehr diszipliniert, niemand kommt einem zu nahe“
Auch die Freundinnen Dagmar und Ulrike genießen die Sonne bei einem Spaziergang am Fluss und können nur Positives berichten. „Es sind alle sehr diszipliniert, niemand kommt einem zu nahe und wir haben auch keine größeren Gruppen gesehen“, sind sich die beiden Frauen einig, die an diesem Tag auch schon durch das Saarner Dorf spaziert sind. „Wir wollten einfach noch mal Vitamin D tanken, wer weiß, wie lange das noch möglich ist.“
Auch auf der Terrasse der Gaststätte Tomate am Leinpfad haben es sich zwei Paare gemütlich gemacht. Auch hier wird ein großer Abstand voneinander gehalten. „Wenn jetzt viele Leute hier gesessen hätten, dann hätten wir uns auch nicht auf die Terrasse gesetzt“, erklärt eine junge Duisburgerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie kommt bei schönem Wetter gerne mit ihrem Mann nach Mülheim, beide genießen die Atmosphäre an der Ruhr und trinken ein Bier in der Sonne. Wenn es zu voll gewesen wäre, wäre man aber auch direkt wieder nach Hause gefahren.
„Drei Mal haben sie uns jetzt schon das Toilettenpapier vom Klo geklaut“
Markus Joppich ist froh, dass die Gaststätten in Mülheim wenigstens noch bis 15 Uhr geöffnet haben können. „So können wir hier wenigstens noch ein bisschen Umsatz machen im Gegensatz zu Kneipen oder Bars mit Abendgeschäft, die nun ganz geschlossen sind“, sagt der Mitarbeiter der Tomate an der Dohne. Darauf, dass die Gäste den vorgeschriebenen Abstand wahren, wird streng geachtet.
Alle halbe Stunde wird alles desinfiziert. Außerdem führt das Lokal eine Gästeliste mit Kontaktdaten, damit genau nachvollziehbar ist, wer wann in der Tomate zu Gast war. „Nur so kann im Ernstfall die Infektionskette lückenlos verfolgt werden.“ Die Besucher haben volles Verständnis und halten sich an die von der Stadt bestimmten Vorgaben. Nur dass auch hier des Deutschen momentan höchstes Gut nicht sicher ist, ärgert Joppich ein bisschen. „Drei Mal haben sie uns jetzt schon das Toilettenpapier vom Klo geklaut.“
Die Müga ist am Samstag fast menschenleer
Die Befürchtung, dass sich beliebte Hotspots wieder als Anziehungspunkte für größere Gruppen erweisen könnten, zeigt sich zumindest an der Promenade und auch in der Müga am Samstag als unbegründet. Auf den Treppenstufen der Promenade sitzen vereinzelt Menschen, in der Müga herrscht fast gähnende Leere. Keine spielenden Kinder auf dem Spielplatz, kein Fußball, der auf der großen Wiese am Ringlokschuppen hin und her geschossen wird, keine Spur von Menschen, die in größeren Gruppen zusammensitzen. Stille.
Genau die genießt Doris Weil, die mit ihrem Mann auf einer Bank in der Sonne sitzt. „Diese Ruhe ist doch herrlich“, sagt die 81-jährige Heißenerin, die mit ihrem Mann jeden Tag an die frische Luft geht, egal ob im Winter oder im Sommer. Und auch zu Zeiten von Corona versucht das Ehepaar, das seit 56 Jahren verheiratet ist, jeden Tag den heimischen vier Wänden wenigstens ein bisschen zu entfliehen.
„Ein bisschen frische Luft und Sonne ist einfach wichtig für die Seele“
„Natürlich mit viel Abstand zu anderen Menschen und stark eingeschränkt“, betont Doris Weil. Denn normalerweise ist das Ehepaar viel mit dem Zug unterwegs. „Aber “ Mit einer Ausgangssperre hätten die Senioren aus Heißen dennoch keine Probleme. „Wir sind Kriegskinder und haben da noch ganz anderes erlebt.“
Schöner wäre es allerdings, meint Weil, wenn sich jetzt alle weiter an die Spielregeln halten würden, damit das bisschen Freiheit und die kleinen, wohltuenden Momente an der frischen Luft nicht auch noch eingebüßt werden müssen.